Erstellt am: 19. 3. 2013 - 17:47 Uhr
Kennt ihr den schon? "Die Einlagen sind sicher!"
Neben Irland ist vor allem Zypern (also der zur EU gehörige Teil der Insel) ein Paradebeispiel für eine Volkswirtschaft, die ihren Erfolg in einem obszön aufgeblähten Bankensektor suchte.
Auch Wörter wie „Steuerparadies“ fallen nun, wo diese Blähung danach trachtet, in sich zusammenzusacken. Jetzt ist gerade Österreich kein Land, dem überdimensionierte Auslands-Engagements heimischer Banken fremd sind – in Zypern war dies allerdings fast schon ein Geschäftsmodell ohne jegliche Ausweichmöglichkeit.
Mit Steuerdumping, das sich etwa in der bis dato aberwitzig niedrigen Körperschaftssteuer von 10% manifestiert (die nun auf 12,5 % erhöht werden soll), gelangten über die Jahre Milliarden britisches und vor allem russisches Geld ins kleine Land. Die Ratingagentur Moodys spricht davon, dass bis Ende 2012 knapp 20 Milliarden Euro von russischen Privaten in Zypern geparkt waren, das Kreditvolumen russischer Banken in Zypern schätzt man auf an die 40 Milliarden.
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Aber auch für österreichische Anleger und Steuerkreative spielte Zypern mitunter eine Rolle, so dürfte die Anzahl heimischer Briefkastenfirmen auf Zypern auch die Zahl 1000 übersteigen.
Diese Sonderposition Zyperns machte – zumindest sieht das wohl die EU so – nun eben eine Beteiligung der Gläubiger (also der Bankkunden) an der Rettung der in Schieflage geratenen Banken unumgänglich. Denn auch ohne diesen „zweifelhaften Ruf Zyperns“ tun sich die Regierungen Europas immer schwerer, ihren Bürgern die behauptete „Alternativlosigkeit“ der Rettungsmaßnahmen mit Steuergeld an den Wähler zu bringen.
Das Misstrauen steigt, schon berichten etwa in Deutschland öffentlich-rechtliche Sender zur Primetime über das „Staatsgeheimnis Bankenrettung“ . Denn der Einwand ist schwer zu widerlegen: Gerettet wurden und werden etwa in Spanien vor allem die Investoren, Gläubiger aber auch Eigentümer der großen iberischen Institute, keinesfalls die Spanier selbst. Und wenn man hier das Risiko gänzlich auf den Steuerzahler überwälzt, sprich die Renditen/Zinsen als Risikoprämie kassiert, dann aber im Schadensfall eben keinen Schaden tragen muss – wird das Prinzip der Marktwirtschaft zur Farce. Von einem Bankeninsolvenzrecht das den Namen auch verdient ist übrigens noch immer nichts zu sehen.
Doch zurück nach Zypern, wo nun also ein Staat mit weniger Einwohnern als Wien zur angeblich „systemrelevanten“ Rettungsaufgabe für die EU wird – und das übliche Bailout mit Steuergeldern nicht durchsetzbar ist.
Da eine Abwicklung einer solchen Bank (oder eines ganzen Ministaates) aus den genannten, vorgebrachten Gründen wie „Ansteckung“ und dergleichen (deren Letztbeweis natürlich ausbleibt) für die Entscheidungsträger offenbar kein Thema ist, sollen nun also die Bankkunden an der Rettung beteiligt werden.
Zuerst muss man auf diesem Wege 5,8 Milliarden Euro (diese Summer scheint ziemlich in Stein gemeißelt zu sein) einsammeln, erst dann fließen von EU und IWF Hilfspakete in der Gesamthöhe von weiteren 10 Milliarden.
Das größte Hindernis und der vordringlichste Empörungsfaktor dabei ist allerdings die auch in Zypern geltende Einlagensicherung. Was heißt das?
Nun, da das Banken- und damit auch unser Geldsystem wesentlich vom Vertrauen der Menschen abhängen, will der Gesetzgeber mit eine Garantie auf alle Spareinlagen bis 100.000€ aufkommende Unsicherheit bereits im Keim ersticken, einen sogenannten Bankrun vermeiden.
(Anmerkung: Ein Bankrun entsteht, wenn genau dieses Vertrauen schwindet und immer mehr Menschen ihre Konten räumen wollen, schon ein paar Prozent reichen hier, um auch eine große Bank gewaltig ins Trudeln zu bringen. Der Grund liegt im sogenannten Fractional Reserve Banking.
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Wenn man sich nun vorstellt, am Freitag 20.000 Euro auf einer zypriotischen Bank zu haben (weil man etwa auf ein Auto spart, oder Geld fürs Studium der Kinder zur Seite legt) – und dann, wenn die Bank ein paar Tage später wieder aufmacht, plötzlich ein-zweitausend Euro verloren zu haben, scheint die Beruhigung durch diese Einlagensicherung aber wohl enden wollend. Die große Angst ist, dass nun mit dieser „Solidarabgabe“, die böse Zungen auch Enteignung nennen, das Vertrauen in diese staatliche Garantie so zerstört wird, dass auch die Menschen in anderen Krisenländern – wie Italien – beginnen, ihre Konten zu räumen. Was dann tatsächlich im großen Kollaps enden könnte.
Die Entscheidung zu dieser Bankkunden-Abgabe dürfte, nach allem was man hört, auch von der zypriotischen Regierung selbst forciert werden, von Anfang an wollten etwa Kommission aber auch EZB einen Freibetrag für kleine Kontostände, was von Seiten Zyperns aber abgelehnt wurde.
Die zypriotische Regierung fürchtet nichts mehr als die Kapitalflucht der reichen Investoren (die sich freilich ohnehin bereits abzeichnet) und wollte diese Abgabe demnach so breit streuen, dass alle einen Beitrag leisten müssen: Der russische Oligarch mit 9,9 % (ab 100.000€) genauso wie die Mindestrentnerin mit 6,75% ihrer Kontosumme – die wenn die Banken wieder öffnen einfach abgebucht sein wird.
Offenbar haben die europäischen Verhandlungspartner Zypern aber erfolgreich unter Druck gesetzt, mit der Drohung die Gespräche platzen zu lassen und damit den Bankrott Zyperns zu unterschreiben, konnte man Zypern nun doch noch von einem Freibetrag bis 20.000 Euro überzeugen – will heißen: Wer weniger als 20.000 am Konto hat, dem wird nichts abgebucht.
Noch ist das zypriotische Bankensystem dicht und runtergefahren – und noch wird im Parlament diskutiert und verhandelt, aktuell dreht sich ein Zustandekommen (dessen Alternative noch immer nur die Staatspleite ist) vor allem um Details. Der Freibetrag und die Gesamtsumme dürften aber so gut wie feststehen.
Was bleibt ist etliches an Empörung
Denn auch wenn es natürlich lachhaft ist wenn gerade Putin nun reiche, russische Steuerflüchtlinge in Schutz nimmt, und auch wenn sich das Mitleid mit einer Minivolkswirtschaft, die mit um ein Vielfaches höheren Sparzinsen ja auch durchaus vom Boom profitierte, in Grenzen hält: Man wird wohl erst abwarten müssen, wie der Rest der Eurostaaten mit einem maroden Bankensystem auf diesen – man muss es tatsächlich so nennen – vor 5 Jahren noch für unmöglich gehaltenen Tabubruch reagiert.
Und man muss wohl auch jenen markt-orientierten Kritikern zustimmen, die mit dieser Rettung eines Schwarzgeldparadieses die Frage verknüpfen, warum im Bereich der Banken noch immer keine Marktregeln Einzug halten. Oder wie Josef Urschitz das heute in der Presse formuliert:
„Eine entsprechende (den Regeln der Marktwirtschaft folgende) Rettungsaktion hätte also so aussehen müssen: Zuerst bluten die Aktionäre der betroffenen Banken. Sie haben schließlich bewusst das Unternehmerrisiko übernommen, und sie sind es auch, die in guten Zeiten die Gewinne abschöpfen. Sollte das nicht reichen, werden die Zeichner der Bankenanleihen, die den Instituten direkt Geld geborgt haben, herangezogen. Und zu allerletzt wird auch auf große Einlagen zurückgegriffen. Die auch in Zypern garantierten 100.000 Euro sind aber tabu. (...) Eine marktferne Bankenrettung à la Eurozone also. Eine, wie sie in der Eurozone die Regel ist. Dafür sorgen schon die diversen Bankenlobbys, die die Finanzministerien offenbar gezielt unterwandert haben.“
Spannend wird es spätestens am Donnerstag, oder wann auch immer die zypriotischen Banken endlich wieder den Betrieb aufnehmen.