Erstellt am: 17. 3. 2013 - 16:13 Uhr
Durchwachsene Städte
Da hat es wohl ein besonders großes Marketing-Budget im Vorfeld gegeben und einen entsprechenden Coolheits-Bonus wollte sich der zuständige Spielevertrieb EA neben klassischer Werbung auch aufbauen. Ob Kool Savas das neue "SimCity" selbst je gespielt hat? Die Stimmung in den Spieler/innengemeinschaften der kürzlich erschienenen Neuauflage des legendären Städtebauspiels ist jedenfalls trotz groß angelegter Kampagne nicht die beste.
Sie hab'n a Haus baut
Es ist ja heutzutage ziemlich alltäglich, am Computer Aufbauspiele zu spielen. Man kann sich den perfekten Garten, den größten Flughafen überhaupt, eine eigene Fantasy-Welt oder eben die Stadt der Träume bauen. Mittlerweile passiert das meist im Browser bzw. auf Facebook und meistens muss man dafür auch gar nichts mehr zahlen - zumindest nicht gleich zu Beginn. Jetzt ist aber der Urahn aller Aufbauspiele und gleichzeitig eine wichtige Marke wieder aufgetaucht: "SimCity", das erstmals im Jahr 1989 von den Computerspielschirmen gestrahlt hat.
Maxis, Infogrames
Online-Zwang
Es war ein ziemlicher Shitstorm, der sich vor gut einer Woche, kurz nach Veröffentlichung von "SimCity" über Hersteller EA gelegt hat. Die Server waren überfüllt, man konnte nicht ins Spiel, es wurden immer wieder download-hungrige Updates nachgereicht - kurzum: es war mühsam. Aber Moment mal: Warum genügt es nicht, eine Lizenz des Spiels zu kaufen, zu installieren, meinetwegen das Game online zu registrieren und dann offline zu spielen? Geht nicht. "SimCity" unterliegt einem Immer-Online-Zwang - auch, wenn man gar nicht mit anderen Menschen übers Netz spielen möchte. Das ist übrigens leider nicht bloß ein nerviges Feature von EA und des firmeneigenen Online-Dienstes Origin, sondern ärgerliche Konvention in der gegenwärtigen Computer- und Videospielelandschaft. Online-Zwänge gibt es auch beim großen Games-Marktplatz und Branchenprimus Steam, bei Ubisoft (Uplay) und Blizzard (Battle.net) - um nur die Wichtigsten zu nennen. Werden mal die Server gestürmt, gehackt, gepatcht oder zur Wartung offline genommen - Pech gehabt.
Doch zurück zu "SimCity" und EA. Mittlerweile, nach über einer Woche, sind die anfänglichen Probleme dort weitgehend gelöst und wir können ohne große Umstände das erste Land beanspruchen, die ersten Straßen bauen, die Flächen entsprechend widmen und auf Zuzug hoffen. Und der kommt auch umgehend: Unsere Sims reisen an und bauen von selbst drauflos.
Maxis, EA
Wie unsere Stadt sich jetzt weiterentwickelt hängt von uns ab, wobei: es gibt einige grundsätzliche Dinge, die unverzichtbar sind, also Wasser- und Stromversorgung, Polizei, Feuerwehr, Krankenhaus und so weiter. Weil wir ja sowieso schon online sind, können wir uns manche Dinge mit benachbarten Städtebauerinnen und Städtebauern teilen: man kann sich gegenseitig Energie verkaufen, dort mehr Industrie bauen, dafür in der anderen Stadt mehr Erholungsgebiete, usw.
Build it up, tear it down
"SimCity" bietet einen sehr niederschwelligen Zugang. Das Bauen geht leicht von der Hand und die diversen Menüs, wo Finanzen, Begehrlichkeiten und Probleme aufgelistet sind, lassen sich einfach bedienen. Die simple Benutzerführung hat aber auch ihren Preis. So sind etwa die verfügbaren Bauflächen eher klein, man kann nur ein bestimmtes Set an Gebäuden bauen und allgemein ist man beim Modifizieren der wachsenden Stadt ab einem gewissen Zeitpunkt ziemlich unflexibel. Viel ärgerlicher als das ist aber der Umstand, dass die eigene Stadt auch dann und wann in der Cloud verschwinden kann. Manuelle Spielstände lassen sich hingegen nicht anlegen.
Weiterlesen:
Die PC-Gaming-Site "Rock, Paper, Shotgun" analysiert technische Probleme und Online-Zwang von "SimCity", Eurogamer.net bringt eine kritische, detaillierte Review.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Das aktuelle "SimCity" ist eh okay (auch, wenn hunderte User-Reaktionen bei Online-Händlern das in der ersten Aufregung anders sehen) und wird sich vermutlich auch noch etwas verbessern. Aber um einen Preis von mehr als 50 Euro mit zusätzlichen Erweiterungspaketen um je circa 10 Euro, mit denen wir bloß ein paar legendäre Gebäude in unsere Stadt pflanzen können - Eiffelturm, Brandenburger Tor, usw. - bietet das Game zum jetzigen Zeitpunkt einfach zu wenig Freude und zu viel Ärger. Wer mal wieder virtuelle Städte bauen möchte, kann auch gebraucht um circa 5 Euro das empfehlenswerte Vorgängerspiel "Sim City 4" kaufen oder für lau ein aktuelles Konkurrenzprodukt probieren, etwa "Rising Cities" von Big Point.