Erstellt am: 9. 3. 2013 - 18:17 Uhr
Im Electropop-Himmel mit Tegan & Sara
Tegan und Sara, die eineiigen Zwillinge aus der kanadischen Olympiastadt Calgary. Feist nannte Calgary einmal just another rodeo town, und auch die Quin-Schwestern fühlten sich etwas deplatziert dort, als sie Teenager waren. Insgesamt, und dass sie bemerkten, gleichgeschlechtlich orientiert zu sein, half auch nicht gerade, sich in dieser Umgebung wohl zu fühlen. Ihre Eltern trennten sich, als Tegan und Sara fünf Jahre alt waren. Sie waren untere Mittelschicht, sagte Tegan Quin später einmal in einem Interview, und da war auch etwa finanziell vieles schwierig. Die beiden hatten zuallererst also sich selbst. Von co-dependancy sprechen die inzwischen therapiegestählten Zwillinge, die zusammen Musik machen, seit sie 15 Jahre alt waren. Inzwischen sind Sara und Tegan Quin Anfang Dreißig und scheinen, wie man so schön sagt, angekommen zu sein.

Warner

Tegan&Sara
Electropop Heaven
Das neue Album, "Heartthrob", hat immer noch eine gewisse Tegan & Sara Trademark - etwa die Harmoniegesänge oder die sehr persönlichen Texte über die Liebe und die Schwierigkeit von Beziehungen. Aber nun blicken sie wohl auf ihre Teenage Angst eher zurück als noch mitten in dieser zu stecken. Tegan und Sara sind heute voller Kraft und Selbstbewusstsein. Die nerdigen Indierock-Mädchen, die anfangs dem Punkrock huldigten, sind gewissermaßen erwachsen geworden. Was sagen frühe Fans wie der große Kanadier Neil Young zum neuen Abum? Oder der etwas später als Fan dazugestoßene Jack White? Hmm, gute Frage. Tegan & Sara klingen nämlich jetzt - aufs erste Hören zumindest - nicht so weit weg von Charts-Pop à la Pink oder gar Britney Spears, oder - um einen fresheren Namen zu nennen, Katy Perry.
Etwas überproduziert könnte man den neuen Longplayer von Tegan & Sara nennen. Völlig überproduziert, meinen manche. Aber in den besten Momenten am Album funktioniert das, etwa gleich mit dem Opener "Closer", der auch die erste Single ist. Da gibt es dann diesen gewissen Robyn-Effekt. Robyn, die Schwedin, und ihr richtig toller Electropop. Auch La Roux fällt mir spontan ein, oder auch der Electropop-Pionier Giorgio Moroder und seine Arbeit mit Donna Summer. Vielleicht haben Tegan & Sara aber auch Cyndi Lauper gehört als Inspiration. Eine des Duos jedenfalls. Tegan und Sara sind ja inzwischen - wenn sie nicht gerade auf Tour sind oder im Aufnahmestudio - räumlich getrennt: Eine lebt in New York, die andere in Vancouver. Und wenn man ganz genau hinhört, sich auf die Gitarre konzentriert - ja, es gibt sie auf diesem Album -, dann vermeint man schon mal, äh, trotz allem, das Echo von Mark E. Smith und The Fall aufblitzen zu sehen.

Tegan & Sara
Schon am letzten Album ging es bei Tegan & Sara in Richtung Electropop, zumindest mit ein paar der Songs. Sara Quin ist dabei die elektronischere der beiden und dürfte sich diesmal bei der Richtung, in die es gehen sollte, insgesamt durchgesetzt haben. Weiters ist der Kalifornier Greg Kurstin zum großen Teil dafür mitverantwortlich. Kurstin, der auch selbst eine Band hat, The Bird & The Bee, und der sogar einmal der Pianist für den großen Jazzer Charles Mingus war, hat das Album "Heartthrob" produziert. Kurstin war etwa auch schon mit diesen KünstlerInnen im Studio: der Australierin Sia, der Britin Lilly Allen, Pink, der Kanadierin Peaches, Karen O von den Yeah Yeah Yeahs oder auch den Red Hot Chili Peppers und Beck.

Warner
Tegan & Sara jetzt also in ihrem ganz persönlichen Electropop-Himmel. Wer könnte da letztlich etwas dagegen haben? Ihre treue und über all die Jahre aufgebaute Fanschar wohl kaum. Sie wird auch diesen Weg mit Tegan & Sara mitgehen. Dazu hat man schließlich Fans, wahre Fans.
Mein Lieblingsstück auf "Heartthrob" ist übrigens der leicht melancholische Closer "Shock To Your System", in dem es heißt:" You should be out driving people wild. You're only meant to cry once in a while." Ganz richtig.