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Günter Hack

Internet-Faktotum

6. 3. 2013 - 14:59

Grüne: Breitbandabgabe statt Strafregime

Mit einer Breitbandabgabe wollen die Grünen die Privatkopie ins Internetzeitalter retten. Up- und Downloads von Privatusern wären damit pauschal abgegolten.

Anlässlich einer Pressekonferenz am Mittwoch in Wien hat Wolfgang Zinggl, Kultursprecher der Grünen im Nationalrat, die Vorstellungen seiner Partei zur Reform des Urheberrechts umrissen. Am kommenden Montag wollen die Grünen zu diesem Thema im Nationalrat eine Enquête veranstalten, zu der rund 100 Experten geladen sind, darunter sowohl Vertreter der Medienindustrie als auch Bürgerrechtler. Diskussionen dazu sollen auch live ins Netz gestreamt werden (siehe Hinweis rechts).

Zinggl will das Prinzip der Leerkassettenabgabe auf das Internet-Zeitalter übertragen, um die Privatkopie über das Netz straffrei zu stellen. "Die Produzenten und die Nutzer sollen Rechtssicherheit bekommen", so der Nationalratsabgeordnete. Für die Privatkopien über das Netz soll jeder Haushalt mit Internetanschluss eine Breitbandabgabe zahlen, die monatlich bei drei bis vier Euro liegen soll. Up- und Downloads wären bei diesem Modell für Privatpersonen unbegrenzt möglich und straffrei. Hier liegt auch der Unterschied zu der von den Verwertungsgesellschaften geforderten Festplattenabgabe, mit der das Teilen urheberrechtlich geschützter Inhalte über das Netz eben nicht mit abgegolten ist.

Wolfgang Zinggl, Kultursprecher der Grünen im Nationalrat

Günter Hack, ORF.at

Wolfgang Zinggl

Lady Gaga gewinnt

Die Abgabe soll transparent von den Verwertungsgesellschaften an die Urheber ausgeschüttet werden - wobei sich jeder mit seinen Werken online registrieren können soll. Verteilt werden die Gelder dann über einen Schlüssel, der aus dem anonymisierten Medienkonsum einer Gruppe errechnet wird, die sich vorher als Testkonsumenten freiwillig beworben haben. "Das läuft wie bei der Feststellung der Fernsehquoten", so Zinggl.

Dass unter diesen Umständen der größte Teil des Topfs an Superstars wie Lady Gaga und andere Industriegrößen gehen wird, ist klar. "Wie bisher soll aber ein großer Teil der Abgabe in einen Fonds zur Unterstützung heimischer Künstler eingezahlt werden", sagt der Kultursprecher der Grünen, "Es ist nur schwer vermittelbar, die Leute für etwas zahlen zu lassen, was sie nicht nutzen."

Pauschale statt Abmahnwahn

Ein Argument, das man freilich auch gegen das Projekt der Breitbandabgabe selbst vortrefflich in Stellung bringen kann. "Wir zahlen mit Steuern und Abgaben auch für andere Dinge, die wir selbst nicht nutzen", hält Zinggl dagegen. Die Rechtssicherheit für Rechteinhaber und Nutzer, die dann nicht mit Abmahnungen und grundrechteverletzenden Überwachungsplänen zu kämpfen hätten, wiege die Nachteile der Pauschale auf.

Als eine von mehreren Möglichkeiten zur Einhebung der Breitbandabgabe hat Zinggl die Haushaltsabgabe ausgemacht, die nach deutschem Vorbild das bisherige Programmentgelt für das öffentlich-rechtliche Medienangebot ersetzen könnte.

Mit einer großen Reform des heimischen Urheberrechts noch vor der Nationalratswahl, die voraussichtlich im September stattfinden wird, rechnet Zinggl nicht mehr. Es würden vorher nur noch die EU-Vorgaben etwa zur Verlängerung der Schutzfristen von Tonträgeraufnahmen in nationales Recht umgesetzt, um im Zeitplan zu bleiben. Er habe von den zuständigen Ministerinnen Beatrix Karl (Justiz, ÖVP) und Claudia Schmied (Kultur, SPÖ) entsprechende Signale bekommen. "Niemand will vor der Wahl die eine oder andere Interessensgruppe verärgern", schloss Zinggl.