Erstellt am: 6. 3. 2013 - 13:33 Uhr
Klavierträger
Geboren bin ich ja am 8. März – der Weltfrauentag. Meine Mutter hat auch am gleichen Tag Geburtstag. Ich liebe dich, Mama! Ich weiß, dass du keine Schuld hast, dass ich am 8. März geboren bin, aber in der Schule wurde ich oft aufgrund meines Geburtsdatums „Frauchen“ genannt. Der 8. März wird in Österreich und in Bulgarien unterschiedlich gefeiert. Während die Österreicherinnen die Emanzipation und die Errungenschaften der Frauenbewegung feiern, erwarten die Bulgarinnen Geschenke von ihren Männern. Geschenke erwarte auch ich.
Als ich die Diskussion von letzter Woche verfolgt habe, dachte ich manchmal, dass ich mich in einer Szene des berühmten Theaterstückes „Die kahle Sängerin“ von Eugene Ionesco befindet. Dort geht es um ein Ehepaar, das zusammenwohnt, ein Kind hat, Sex in ihrem Riesenbett hat, aber wo die beiden Partner trotzdem einander Unbekannte bleiben. Das Kommunizieren bringt sie nicht zusammen – ganz im Gegenteil, es treibt sie immer mehr auseinander. Ich habe nie geglaubt, dass mich je jemand in meinem Leben als Sexist bezeichnet. Falls ich jemanden verletzt oder provoziert habe, war das absolut unbeabsichtigt. Entschuldigung. Ich habe meinen Text einigen Freundinnen von mir aus Bulgarien, der Nachbarin Mildan (sie gab mir leckeres Baklava), meiner Mutter und meiner Freundin vorgelesen. Keine von ihnen fand den Text sexistisch (offenbar ganz im Gegensatz zu manchen von euch). Nur meine liebe M. war mir böse, da ich geschrieben habe, dass sie nicht singen kann. M., du singst wunderschön! Ich verstehe nichts von Musik! Ich übernehme die ganze Schuld.
FM4 Mit Akzent
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Ganz wie in Kurosawas Meisterwerk „Rashomon“ gibt es für das gleiche Ereignis immer mehr als eine Meinung. Es gibt keine einzelne Wahrheit. Deshalb habe ich versucht, einige unterschiedliche Standpunkte zu zeigen. Der Text stellt Fragen, statt Antworten zu geben. Ich habe auch keine Antworten zu allen Postings. Ich wollte nur sagen, dass wenn zwei Männer einen Tisch tragen, würde ich auch ihnen meine Hilfe anbieten. Hilfe ist Hilfe. (Allerdings wenn sie ein Klavier tragen, dann würde ich es mir vorher überlegen. Nicht, dass ich bisher kein Klavier getragen habe. Ich habe schon eins getragen. Es wiegt aber einfach zu viel.)
Ihr, die FM4 Hörer und die Leser der Texte online, helft mir ständig mein „Ich“ neu zu erfinden. Wie ein bulgarischer Poet sagt: „Ein Mensch ist zwei Menschen, die sich lieben.“ Deshalb liebe ich auch euch! In zwei Tagen habe ich Geburtstag. Ich danke euch im Voraus für die Glückwünsche!