Erstellt am: 4. 3. 2013 - 18:09 Uhr
Es funkelt ganz schön, und manchmal traurig
Bescheidenheit und Zurückhaltung - das sind zwei Wörter, die einem im Zusammenhang mit dem neuen Album der Ruby Suns wohl nur kaum in den Sinn kommen dürften. "Christopher" handelt von jugendlichem Überschwang und den ganz großen Gefühlen. Von Euphorie und von der Liebe zu Popmusik, die besonders grell leuchtet.
Schon das Eröffnungsstück namens "Desert of Pop" ist eine Hymne auf die Macht der Musik - und vor allem ein musikalisches Liebesbekenntnis an die schwedische Synthie-Pop-Königin Robyn. Ryan McPhun, der Kopf der Ruby Suns, erzählt in "Desert of Pop" ganz direkt, schlicht und auf angenehme Weise ein bisschen naiv, wieviel Freude es bereiten kann, einmal im Leben ein musikalisches Idol zu treffen. Wie schön es sein kann, das Gefühl zu haben, dass ein persönliches Lieblingslied vielleicht - für einen kurzen Moment immerhin - das Leben verändern kann. Und wenn es nur das eigene ist.
Multiinstrumentalist Ryan McPhun hat mit seinem Projekt The Ruby Suns die Welt schon gut durchtingelt - im geografischen wie im musikalischen Sinne. Zwischen Kalifornien, Neuseeland und neuerdings Oslo, Norwegen hat er cartoonhaft überzogenen Indiepop ausprobiert, an Afropop und diversen Weltmusiken herumgeknobelt oder an Animal-Collective-haft versponnenen Elektronik- und Folk-Abenteuern gebastelt. "Christopher", Album Nummer Vier der Ruby Suns, macht jetzt noch einmal ein ganz anderes, prall gefülltes Fass auf.

Frode & Marcus
Der Begriff "Indie" hat bekanntermaßen ohnehin schon sehr viel an Bedeutung eingebüßt - sei es im Zusammenhang mit den Wörtern "Rock" oder "Pop" - oder auch "Indie" als Attitude. Bei den Ruby Suns hat man jetzt aber für das Album "Christopher" das Wort "Indie" komplett über Bord geworfen. Die Ruby Suns übersetzen die starken Emotionen im Körper McPhuns passenderweise in glatt polierten und fett aufproduzierten Disco-Pop - an den Reglern des Mischpults ist Chris Coady gesessen, der schon solch gute Bands wie die Yeah Yeah Yeahs, TV on the Radio oder Grizzly Bears im Studio betreut hat.
Ryan McPhun und seine Ruby Suns huldigen hier dem Geist der 80er-Jahre bzw. dem was gemeinhin gerne ein bisschen schablonen- und doch bloß recht bruchstückhaft mit den 80ern assoziiert wird: Überkandidelter Synthie-Pop, weiße, zu große Sakkos, Silberhandschuhe. Bands wie Tears for Fears, Visage oder The Human League - all das kann man aus "Christopher" heraushören.
THE RUBY SUNS - KINGFISHER CALL ME from Frode & Marcus on Vimeo.

The Ruby Suns
Bei all den deutlichen Referenzen, geht es denn Ruby Suns aber nie um Ironie. Ryan McPhun hat auf "Christopher" zehn Songs versammelt, die es bei allem Glitzer und bei allem aalglatten Charts-Appeal immer ernst meinen. Die Platte - sie ist zu weiten Teilen auch ein Break-Up- und Sehnsuchts-Album - wird von einer warmen Melancholie durchzogen und kommt so in ihren nicht wenigen sehr guten Momenten auch in der Nähe des kunstvoll gedrechselten Art Pops von den großen Prefab Sprout, von ABC oder auch der Pet Shop Boys an. Jedoch nur in Nuancen, deren Smartness und Feinheit gelingt "Christopher" dann doch nie. Es scheint hier tatsächlich bloß um das Abschöpfen einer Oberfläche zu gehen, um das Hantieren mit altbekannten musikalischen Reizen, aus denen dann schöne Liedchen zum Schunkeln, Dancen und Schmachten gezimmert werden.
"Christopher" ist so eine ziemlich gutes, wenn auch gar überfrachtetes und merkwürdig aus der Zeit gefallenes Album geworden. Eine Platte, die für den sogenannten "Underground" zu cheesy sein wird, für den "Mainstream" dann doch zu weird und zu weit entfernt von allem, was gerade so passiert. So eine komische "normale" Popmusik ist momentan nirgendwo normal. Für das 80ies-Revival ist "Christopher" - jetzt aber wirklich - zu spät dran. Aber das nächste kommt ja vermutlich ohnehin in einem Jahr. Da machen die Ruby Suns dann wahrscheinlich Electroclash.