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Philipp L'heritier

Ocean of Sound: Rauschen im Rechner, konkrete Beats, Kraut- und Rübenfolk, von Computerwelt nach Funky Town.

3. 3. 2013 - 16:21

Federkissen of Love

Der Song zum Sonntag: Rhye - "Open"

  • Der Song zum Sonntag auf FM4
  • Über "Open" macht sich auch der geschätzte Wissenschafts- und Popjournalist Thomas Kramar in der Presse am Sonntag seine Gedanken

In wenigen Tagen wird das Debüt-Album von Rhye erscheinen (dazu sehr bald mehr und Genaueres) und das Duo mit hoher Wahrscheinlichkeit auf ein neues Popularitäts-Plateau hieven. Und hoffentlich eine neue, kleine Ära der Weichheit einläuten. "Open" ist der Song, der dem in Los Angeles stationierten Zweigespann ohnehin schon einiges an gerechtem Hype beschert hat und der vor kurzem erst mit einem neuen, zweiten wunderbaren Video versehen worden ist, das wie schon der erste Clip vielleicht ein bisschen nicht ganz Safe For Work ist. Auf "Woman", Rhyes erstem Longplayer, fungiert "Open" jetzt als Eröffnungssong, der die Zuhörerin und den Zuhörer behutsam an der Hand nimmt und geschmeidig in eine geschmeidige Platte hineinführt.

Rhye

Rhye

Rhye

Lange Zeit haben sich Rhye, wie man das heutzutage eben so macht, hinter Nebeln der Anonymität verborgen und ihre Identitäten geheim gehalten, mittlerweile weiß man, dass es sich bei den hier in jeder Hinsicht so zurückhaltend agierenden Menschen um den dänischen Multiinstrumentalisten und Produzenten Robin Hannibal und den Kanadier Mike Milosh handelt, der wiederum für den ganz einem zerbrechlichen Hauchen gleichenden Gesang zuständig ist.

Hannibal werkt für gewöhnlich mit seinem Projekt Quadron an elektronischem Soul, Milosh hat in den letzten zehn Jahren beim sehr guten kalifornischen Label Plug Research im Umfeld von Produzenten wie Dntel, Flying Lotus oder Daedelus drei feine Alben voll dünnhäutiger Songwriter- und Bastel-Elektronik veröffentlicht. So ergibt sich aus den beiden Herren ein ganz und gar natürlich und selbstverständlich scheinendes, ein zärtlich ineinanderfließendes Gefüge, das die Beschaffenheit von rotem Samt in Musik übersetzt.



"Open" ist ein Liebeslied, ein ganz fantastisches. Direkt und ohne Windungen, dabei aber besonders behutsam vorgetragen – und schon auch stark sexuell aufgeladen. "I'm a fool for that shake in your thighs/ I'm a fool for that sound in your sighs" singt Milosh, und "I’m a fool for your belly/ I’m a fool for you love." Man kann hier zuhören wie ein Mensch sich, für einen Moment immerhin, ohne Angst und Zynismus der großen Macht der Liebe ergibt und gar nicht daran denkt, dass es irgendwann einmal – bald vielleicht – auch ganz furchtbar werden kann.

In musikalischer Hinsicht machen es sich Rhye in einem speziell flauschigen Bett aus Musiken bequem, die nicht unbedingt regelmäßig vom Geiste des "Cool" heimgesucht werden: Weichgespülter Erwachsenen-Soul für die Kuschelrock-Compilation, angejazzter 80er-Jahre-R’n’B, Lounge-Pop im Andenken an die Band (ja, Band) Sade. Zartcore ist der neue Hardcore, manchmal zumindest. Weil wild und radikal sein und ungestüm durch die Gegend poltern kann jeder. Die Liebe und das Leben sind gefährlich und schrecklich und ganz herrlich. Sagen wir doch einmal, zum Beispiel: Die Welt ist schön, wir leben gern.