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Eva Deutsch

Elektro, Anziehzeug und anderer Seelenbalsamico. Aus dem Untergrund mit ganz viel Schwarz.

18. 2. 2013 - 14:27

Back to humanity!

Apparat ist unser FM4 Artist Of The Week.

"I made a record and i'm very proud of it. It's the first record ever that didn't hurt at some point. It's full of imperfection because it was made by humans."

Sandro Baebler

Apparat: Außen gleich, innen anders.

Dieses Zitat stammt aus der offiziellen Presseaussendung seines aktuellen Albums "Krieg und Frieden" (Music for Theatre). Ein Zitat, das in der Vergangenheit für Apparat alias Sascha Ring atypisch gewesen wäre. Denn so selbstbewusst und positiv hat Apparat von seinen bisherigen Veröffentlichungen nie gesprochen.

Einmal Talfahrt und zurück

Apparat legt als Techno Kid Platten auf, bevor er in Berlin ab 2001 zum Musikproduzenten avanciert. Acht Alben (unter anderem mit Modeselektor als Moderat agierend) und eine DJ-Kicks Compilation später kommt der Supergau. Apparat ist unzufrieden. Mit sich selbst, seiner kreativen Entwicklung, wahrscheinlich mit vielem gleichzeitig. Er befindet sich in einer Einbahnstraße - zunächst ohne Kraft, den Retourgang einzulegen.

Seine Musik sei lange ohne Instrumente und Stimme ausgekommen, das elektronische Spektrum habe lange für ihn ausgereicht, sagt Apparat im Interview. Aber er sei immer auf der Suche nach Nuancen gewesen, die seine Songs anreichern sollten. Dann habe er begonnen, sich für akustische Instrumente und die menschliche Stimme zu interessieren. Seine Stimme. Und die hat ihn aus der Einbahnstraße wieder herausgezogen.

Schrei es einfach raus!

Mute Records

Apparat ist Sascha Ring.

Apparat beginnt zu singen und nimmt schließlich ein ganzes Album auf. Er unterzeichnet 2011 einen Vertrag beim britischen Label Mute. "The Devil's Walk" erscheint und Apparat geht zum ersten Mal mit Band auf Tour, steht im Rampenlicht, ist plötzlich Bandleader und Sänger. Er lässt den zaudernden, nach Perfektion heischenden Studioprodzenten hinter sich und schreit seine Unsicherheiten ins Mikrofon. Apparat verwandelt sich.

Diese Metamorphose gefällt nicht jedem, die Reaktionen auf sein poppiges Album und seine Live-Konzerte sind gespalten. Nicht alle können mit dem "neuen" Apparat etwas anfangen. Manche finden seinen neuen Sound sogar richtig Scheiße, erzählt Sascha Ring im Interview. Doch das kümmert ihn nicht mehr so wie früher. Denn das Sounduniversum rund um Apparat ist gewachsen, es darf sich verändern, es eckt an und das tut es auch jetzt wieder.

Arnold Centraltheater

Apparat live bei den Ruhrfestspielen 2012

Der traut sich was

"Krieg und Frieden" (Music for Theatre) ist keine Weiterführung seines Konzept-Albums "The Devils Walk". Es ist das Produkt einer Zusammenarbeit mit dem deutschen Regisseur Sebastian Hartmann, der Leo Tolstois Roman "Krieg und Frieden" als unkonventionelles Theaterstück für die Ruhrfestspiele 2012 in Recklinghausen umgesetzt hat.

Eigentlich sollte das Projekt mit der letzten Aufführung abgeschlossen sein. Eine Veröffentlichung war nicht geplant. Trotzdem goutiert Mute Apparats Idee, zehn Soundskizzen aus der Theaterarbeit als Albumtracks weiter zu entwickeln und zu veröffentlichen.

Hallo, Neuland

Mute Records

"Krieg und Frieden" (Music For Theatre) ist am 15.02.2013 via Mute/Goodtogo erschienen

"Krieg und Frieden“ (Music for Theatre) ist also kein Soundtrack zum Stück. Mit den Cellisten Philipp Timm und Violinisten Christoph geht er ins Studio. Sie jammen eine Woche lang, nehmen pro Track fünf bis sechs Versionen auf. Apparat konzentriert sich auf die schönsten Motive der Inszenierung - das Material bekommt einen neuen Twist. Und Apparat macht das, wovon er bisher nur schwer die Finger lassen konnte: Er editiert die Stücke in der post-production nicht wie ein Wahnsinniger, sondern sucht sich nur die beste Variante heraus. Das funktioniert ganz natürlich, stressfrei und ohne großes Konzept, weil die Albumtracks in einem offenen Kontext entstehen.

"Ich wollte nämlich nicht, dass die Platte anstrengend wird. Jede Platte kippt irgendwann und wird zu Arbeit: Mit der Euphorie, dass man so viel Neues erschafft, ist es irgendwann vorbei und man merkt, dass man vor einer riesen Baustelle steht. Das habe ich hier vermieden."

"Krieg und Frieden" (Music for Theatre) ist ein Experiment, das Apparat bald auf eine weitere Ebene heben wird - es geht zurück auf die Bühne! Am 3. Juni wird er das Album im Wiener Stadtsaal live präsentieren. Losgelöst von der Theaterinszenierung, mit einer eigenen Visual-Show und weiteren Musikern. Apparat dreht sich weiter - das ist er sich wert.

Listening Session

Wer noch mehr über das neue Album erfahren will, kann sich die Listening Session mit Apparat für kurze Zeit hier anhören:

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