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Alexandra Augustin

West Coast, wahnwitzige Künste und berauschende Erlebnisse. Steht mit der FM4 Morningshow auf.

18. 2. 2013 - 17:10

Happy Birthday Yoko Ono!

Die Ausnahmekünstlerin feiert ihren 80. Geburtstag. Und natürlich ist Yoko Ono mehr als nur die Ex-Frau von John Lennon. Über Mythen und Wahrheiten. Und eine Ausstellung gibt es auch.

Es gibt viele Dinge, die auf dieser Welt vollkommen daneben sind. Eine Sache, die mir meinen Mageninhalt sauer aufstoßen lässt, ist, wenn erfolgreiche Frauen im Schatten "großer" Männer stehen oder erst dann wahrhaftig und gut rezipiert werden, wenn sie den passenden erfolgreichen Mann an ihrer Seite haben. Man kann gegen diesen Zustand, der auch heute immer noch viel zu oft gegeben ist, ankämpfen. Man kann versuchen, Rollenverhältnisse subtil zu demontieren. Oder sich den Tatsachen fügen und ein Spiel rund um die eigene Inszenierung planen, sodass man letzten Endes dennoch breitenwirksam wahrgenommen wird.

Auch wenn es heutzutage um vieles einfacher geworden ist und Frauen wie Björk, Madonna oder Lady Gaga auch ohne Mann an ihrer Seite Zutritt in die Welt der Superstars erhalten haben - es ist auch in Zeiten der Gleichberechtigung immer noch ungemein schwerer für Frauen, als eigenständige Künstlerinnen wahrgenommen zu werden. Denn letztlich werden die Regeln des Musik- und Kunstmarktes immer noch von Männern formuliert. Sieben Jahre Kunstuniversität haben meine Illusionen, in dieser Welt würden die Dinge anders laufen, hier würden Milch und Honig fließen und Männer die Frauen wegen ihren Arbeiten und nicht wegen anderer Reize schätzen, zum Platzen gebracht. Everywhere the same old story. Manchmal geht es dort sogar noch grauslicher zu als anderswo.

Eine großartige Frau die lange nicht die Beachtung bekommen hat die sie verdient ist Yoko Ono. Ex-Frau des verstorbenen Beatles John Lennon und die angeblich "dunkle, destruktive Seele", die Hexe, die Zerstörerin der Fab Four. Das ist natürlich völliger Blödsinn und Yoko Ono ist weit mehr als das, auch wenn Yoko Ono gelernt hat, mit ihrem Bild in der Öffentlichkeit selbstironisch und spielerisch umzugehen.

Dem einen oder anderen wird vielleicht vage dämmern, dass Yoko Ono doch irgendwie auch was mit Kunst zu tun hat. Genau. Und sie war schon lange bevor sich ihre und John Lennons Wege kreuzten eine angesehene Künstlerin. Aber was macht Yoko Ono eigentlich genau? John Lennon hat es einst treffend formuliert: "She is the most famous unknown artist in the world - everybody knows her name, but nobody knows what she does."

Yoko Ono - eine herausragende Performancekünstlerin, Teil des avantgardistischen Fluxuszirkels, eine rastlose Musikerin, die mehr als nur ein nettes visuelles Videobeiwerk in einem totgespieltem "Imagine" ist, sondern auch getrost als Erfinderin des New Wave gelten darf. Sie hat mit Kunstgrößen wie La Monte Young und John Cage zusammengearbeitet: Yoko Ono hat viele Gesichter und war ihrer Zeit weit voraus.

Yoko Ono, World's Most Famous Unknown Artist

Geboren wurde Yoko Ono 1933 in Tokio. Als Kind der reichen, einflussreichen Yasuda-Bankiersfamilie bekam Yoko Ono den Zugang zur Welt der Künste, das nötige Kleingeld und die Kontakte für die spätere Karriere in die Wiege gelegt. Natürlich auch mit der entsprechenden Kindheit:

Yoko Onos Mutter Isoko Ono war mehr damit beschäftigt die Elite Tokios mit glamourreichen Festen zu unterhalten. Yoko Onos Vater Eisuke Ono verließ Japan sechs Wochen vor Yokos Geburt, da er von seiner Bank beruflich nach San Francisco versetzt wurde. Das erste Mal überhaupt begegnete Yoko Ono ihren Vater, als sie 2 1/2 Jahre alt war und in San Francisco ein Treffen mit dem beschäftigten Banker arrangiert wurde.

Ihre Kindheit verbrachte Yoko Ono pendelnd zwischen Japan und den USA, zwischen Wohlstand und zweiten Weltkrieg. Nach dem Ende des Krieges schloss Yoko Ono ihre Schulausbildung ab und studierte Philosophie an der Gakushuin-Universität in Tokio, die sie als erste Frau überhaupt zum Studium zugelassen hatte.

Ihre ersten Kunstarbeiten und Musikstücke entstanden aber in New York, wohin Yoko Ono Anfang der 1950er Jahre zog und wo sie Dichtung und klassischen Gesang studierte. 1956 heiratete Yoko Ono den klassischen Komponisten Toshi Ichiyanagi, der wiederum beim Komponisten und Happening-Künstler John Cage studiert hat. Ein Zusammentreffen, das Yoko Onos Leben maßgeblich beeinflussen sollte.

Yoko Ono, die Fluxuskünstlerin

Das gemeinsame Loft von Yoko Ono und Toshi Ichiyanagi in New York wurde zum Mekka der New-Yorker-Avantgarde und Yoko Ono etabliert sich als Konzeptkünstlerin und Wegbereiterin der Fluxus-Bewegung.

Zündholz

Yoko Ono

"Zünde ein Streichholz an", war der Auftrag an die Gäste ihrer Performance "Lighting Piece", die Yoko Ono 1955 abgehalten hat. Sie erkor eine alltägliche Handlung zu Kunst. Ein Klassiker des Fluxus, der vom Dadaismus inspirierten Kunstrichtung, die eine Verbindung zwischen Kunst und Leben zum Ziel hatte.

Lange Zeit war Yoko Ono überhaupt die einzige Frau unter den Avantgardisten. Und während Jackson Pollock großzügig und mit viel Kraft- und Körpereinsatz seine Farben großzügig verschüttete, beschmierte Yoko Ono als künstlerische Antwort darauf 1960 in ihrem Loft vor Zuschauern eine Leinwand mit Essensresten und Tusche und fackelte das Bild im Anschluss an die Performance ab.

Mitte der 1960er entstanden Yoko Onos stärkste Kunstarbeiten, etwa die Performance "Wall Piece for Orchestra", in der Yoko Ono kontinuierlich zu Musik ihren Kopf auf den Bühnenboden schlug. Oder ihre berühmte "Cut Piece"-Performance von 1964: Yoko Ono setzte sich auf die Bühne und lud Menschen dazu ein, mit Scheren nach Belieben ihre Kleider, ihre Haare und ihre Nägel abzuschneiden.

Yoko Ono Cut Piece Performance

Yoko Ono

Denkt man an radikale Körperkunst, dann fallen einem natürlich sofort Frauen wie Valie Export oder Marina Abramović ein und es wirkt so, als ob Frauen in diesem Bereich schon immer stark gewesen wären. Doch natürlich war das nicht immer so und Frauen, die ihren Körper als Kunstgegenstand eingesetzt haben, waren damals noch ein kleiner Skandal. Und so hat auch das Publikum verhalten reagiert, als Yoko Ono ihre "Cut Piece"-Performance 1964 erstmalig im prüden Japan aufgeführt hat.

Als Yoko Ono 1966 eingeladen wird, diese Performance in London aufzuführen, trifft sie auf John Lennon. Der Rest ist Geschichte: Angeblich Liebe auf den ersten Blick, beide lassen sich von ihren Lebensabschnittspartnern scheiden und Yoko Ono und John Lennon ziehen nach New York, heiraten schließlich 1969 und zelebrieren ihre Flitterwochen eine Woche lang mit lauter Medienmenschen um sich geschart in einem Hotelzimmer im Amsterdam, in Form ihres berühmten Bed-In für den Weltfrieden.

Yoko Ono und John Lennon

Auch wenn Yoko Ono und John Lennon auch heute noch als ein friedfertiges Liebespaar dargestellt werden: So friedlich verlief die Ehe der beiden bei weitem nicht. Zwischenzeitlich trennt sich das Paar sogar einmal für längere Zeit, in der sich John Lennon in Los Angeles einen 18-monatigen Sex-, Gewalt- und Drogenrausch mit der Assistentin der Lennons, May Pang, hingibt. Im Nachhinein sollen diese Monate als "Lost Weekend" in die Biografie von John Lennon einfließen. Eine Zeit in der John Lennon aber auch produktiv musiziert, zum Beispiel mit David Bowie.

Trotz privater Turbulenzen setzt Yoko Ono ihre Kunst fort, sie nimmt 1972 an der Documenta 5 in Kassel teil. Dort ist unter anderem eine weiße Postkarte mit einem Loch in der Mitte zu sehen. Dieser Arbeit gibt sie den Titel "A Hole to See the Sky Through". Für ein paar Pfennige konnte man dieses Kunstwerk damals kaufen und rückblickend ist das natürlich immer noch beeindruckend, dass Yoko Ono "hohe Kunst" zum Schleuderpreis feilgeboten hat.

Yoko Ono, die Avantgardistin

1974 versöhnten sich Yoko Ono und John Lennon. Und musikalisch soll diese Zeit auch ihre erfolgreichste werden. Im November 1980, kurz vor dem Attentat auf John Lennon, erscheint das Album "Double Fantasy", auf dem sich Klassiker wie "Woman" und "(Just Like) Starting Over" befinden. Doch Yoko Ono machte weiter und gilt bis heute als äußerst produktive Frau in der Kunst- und Musikwelt.

Yoko Ono

Yoko Ono

Was ist das besondere an ihren Arbeiten? Zum Beispiel, dass sie in ihren künstlerischen Produktionen dem Feminismus eine Plattform gegeben hat, bevor in diese Richtung überhaupt ein künstlerischer und öffentlicher Diskurs begonnen hatte. Schon allein die Tatsache, dass sie als Frau - als eine der wenigen überhaupt - in diesem von Männern dominierten Umfeld künstlerisch bestehen und durchsetzen konnte.

Yoko Ono

Yoko Ono

Außerdem hat Yoko Ono auch das Publikum in ihre Kunst einbezogen, etwa in ihren "Instruction-Paintings", in denen sie Handlungsanweisungen auf Karten ausstellte, die die Besucher in den Galerien zu vollziehen hatten. Auch das war neu. Und lange bevor Christo und Jeanne-Claude 1995 den Reichstag verhüllten, hat Yoko Ono den Löwen auf dem Londoner Trafalgar-Square in weiße Tücher gepackt. 1966, dreißig Jahre früher. Eine Avantgardistin.

Yoko am Löwen auf dem Trafalgar Sqare

Yoko Ono

Yoko Ono und ihr verhüllter Löwe am Trafalgar-Square

28 veröffentlichte Alben finden sich auch noch in der umfangreichen Schaffensliste von Yoko Ono, zuletzt ist 2012 "YOKOKIMTHURSTON" erschienen. Wie man am Titel unschwer erkennen kann, stammen alle Lieder darauf aus der Feder von Kim Gordon, Thurston Moore und Yoko Ono. MusikerInnen wie Peaches, Le Tigre, Cat Power und die Flaming Lips haben ihre Lieder geremixt. Und unzähligen KünstlerInnen und MusikerInnen gilt Yoko Ono als Vorbild, ihre künstlerische Handschrift findet man bewusst oder unbewusst überall.

Hat sich Beck hier für sein Video etwa von Yoko Onos Installation "Half-A-Room" inspirieren lassen, für die Yoko Ono 1967 Möbelstücke halbiert und weiß angemalt hat?

Half-A-Room

Yoko Ono

Das alles und viel mehr sollte man sich am Besten mit eigenen Augen ansehen. Die Frankfurter Kunsthalle Schirn zeigt im Moment die Arbeiten Yoko Onos in der Ausstellung "Half-A-Wind Show".

Nach dem 12. Mai wandert die Ausstellung weiter nach Dänemark, Österreich und Spanien. Dort dürfen die Besucher dann - bei der erst 2013 entstandenen jüngsten Arbeit - in Säcke schlüpfen und als "Moving Montains" zu Yoko Onos Gesang durch die Ausstellung wanken.

Alles Gute Yoko Ono!