Erstellt am: 18. 2. 2013 - 10:36 Uhr
Tagebuch zum Jahr der Pflicht (7)
Sonntag, 10. Februar
● Endlich "Django Unchained" gesehen. Unterhaltsam, aber nicht der beste Tarantino. (Das muss doch als Filmkritik reichen, oder?)
● Alltagseuphemismus in öffentlichen Verkehrsmitteln: "Steigen Sie aus?" statt "Lassen Sie mich bitte vorbei". Selbes Prinzip: "Haben Sie vor, Ihre gesamte Packung zu rauchen?" statt "Hätten Sie eine Zigarette für mich?"
Montag, 11. Februar
● Einstein hat viel gedacht,
doch in so mancher Nacht
konnt' er nicht denken,
Küsse nur schenken,
da war doch nichts dabei.
(aus: "Bussi Bussi" von Andy & Bernd)
● Der Papst hört auf. Ich schließe mit mir eine innere Wette ab, welche Scherzchen und "ironischen" Kommentare bei einem Facebook- und Foren-Schnelldurchlauf am häufigsten zu lesen sind und bin dann überrascht, wie treffsicher ich war. Nur meine Express-Kreation "Ratzinger ist pontifix und fertig" suche ich vergebens.
● Anruf bei Herrn Lorenz, der mir letzte Woche schrieb und der Pflicht-Truppe seine Hilfe anbot. Er bestellt uns morgen in die Räumlichkeiten des "Österreichischen Versuchssender Verbandes" (ÖVSV), um uns in die Kunst des Morsens einzuführen.
Dienstag, 12. Februar
florian graßecker
● Finde mich mit den Pflichtkollegen beim ÖVSV ein, wo uns der gut gelaunte Herr Lorenz empfängt. Ohne unnötiges Geplänkel kommt er zur Sache und schockiert uns sodann mit dem Hinweis, wir hätten uns eine unmöglich zu bewältigende Aufgabe gesucht. Man könne einfach nicht in einem Monat das Morsen erlernen. Schließlich gehe es nicht darum, das Morsealphabeth auswendig zu können, sondern die Buchstaben (und Zahlen) intuitiv geben und verstehen zu können. Das bedürfe täglicher und zeitintensiver Übung, mehrere Monate lang.
Der gütige Morse-Kapazunder bietet uns allerdings einen Kompromiss an: Er lehrt uns zwölf Buchstaben, mit denen man einige sinnvolle Sätze bilden kann, etwa "Morsen ist ein grosser Spass." Wenn wir diese Buchstaben am Monatsende in sehr langsamem Tempo morsen und verstehen können, wäre das bereits eine ansehnliche Leistung.
Geknickt stimmen wir dem Vorschlag zu. Wir einigen uns auf die Buchstaben. Der herzensgute Herr Lorenz frickelt an einem Morse-Übungsprogramm herum und erstellt vier Übungseinheiten, die wir uns in den Folgetagen bei jeder Gelegenheit reinzuziehen haben. Nach einer weiteren Übungseinheit sollen wir dann eine kleine Prüfung ablegen, die zwar keine vollständige Erfüllung der Pflicht beweisen wird, Herrn Lorenz zufolge aber wenigstens realistisch ist.
Nach den Übungen genießen wir dann noch einen kurzweiligen historischen Abriss über das Funken und Morsen. Dem großherzigen Herrn Lorenz sei schon jetzt für seine Anteilnahme und Hilfe gedankt!
florian graßecker
florian graßecker
marc carnal
florian graßecker
Mittwoch, 13. Februar
● "Arbeitsamt" und "arbeitsam" unterscheidet nur ein einziger Buchstabe.
marc carnal
* Unter dem etwas sperrigen Titel Probleme? Hier kommt die Lesung! Frau Meindl und Herr Carnal mit einem worst of Gesamtwerk präsentieren die wunderbare Dominika Meindl und ich diesen Mittwoch unsere prächtigsten Aufsätze und schockierendsten Gedichte! Das wird sehr gut. Schaun Sie doch vorbei!
20. Februar, 20 Uhr
Café Schmid Hansl
Eintritt frei
● Verfasse für die nahende Lesung* ein Gedicht, das in seiner ekelhaften inhaltlichen wie sprachlichen Glattheit eigentlich schon wieder subversiv ist. Mit dem Dauer-Endreim "ekt" erzählt es ohne jede Pointe und ohne Bruch von einem erfolgreichen jungen Architekten.
Donnerstag, 14. Februar
● Überflüssigster Auswuchs des Internets: Outdoor-Webcams auf Rathausplätzen und Berggipfeln. Gibt es dafür so etwas wie eine Zielgruppe?
● Ein Satz mit "Outdoor-Aktivität":
Der Literat an sich träge,
und vermeidet lange Wege,
doch wenn es dann ans Schreiben geht,
zeigt auch der Outdoor-Aktivität.
Freitag, 15. Februar
● Neues Wort im Rahmen der Schi-WM gelernt: Kopfsponsor. Gibt es auch Schlüsselbein-, Zehen- oder Nierensponsoren?
● Elmar Wepper war die deutsche Synchronstimme von Pavel Chekov. Kein Scheiß.
● “I will always love you“ ist ein Liebeslied beziehungsweise eine Beziehungs-Weise
Samstag, 16. Februar
● Gerade überschlagsmäßig ausgerechnet: Regelmäßige Onanie vorausgesetzt und vor einer durchschnittlichen Lebenserwartung ausgehend, werde ich in meinem Leben unterm Strich rund 50 Stunden mit dem Erleben eines Orgasmus zubringen. Glücklicherweise ist diese Zeit in mundgerechte Happen aufgeteilt.
● Das Top-Adjektiv vor "Brauch" ist "schön". In jedem dahergelaufenen Tal gibt es einen "besonders schönen Brauch." Gibt es denn keine hässlichen, schäbigen oder niederträchtigen Bräuche?