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Susi Ondrušová

Preview / Review

11. 2. 2013 - 11:32

Foals

Holy Shit. Holy Fire. Das dritte Album der Foals ist hier.

Wenn ihr diese Woche im Radio den Satz hört "So klingt Indie Rock 2013" dann ist das auch mit einem Augenzwinkern zu verstehen. Keiner hasst den Terminus Indie so sehr wie Yannis Philippakis, Sänger der Foals. Wenn man als Musiker in der gleichen Stadt aufwächst wie Radiohead, die Vorzeige-Band intelligenter Rockmusik, wenn man als Musiker die britische Presse mit ihren Wiederholungen und Hype-Relationen beobachtet, dann soll man also das Wort "indie" hassen. Also: Indie ist tot, lang lebe der Indierock.

Antidotes

Als die Foals 2007 "Antidotes" veröffentlichen, werden sie als Hausparty-Band rezipiert. Yep, house parties waren die Gesellenprüfungen der Foals. Mit viel Romantik wird ihr WG-Studio-Haus, das sich die Band damals mit Jonquil (später Chad Valley) teilt, beschrieben. Dort entsteht Kreatives! Muss ja! Als der Franz Ferdinand Schlagzeuger Paul Thomson ein frühes Konzert der Foals sieht, meint er begeistert "It´s like an afrobeat version of Don Caballero!"

Die Band Foals

wb records - steve gullick

Sänger Yannis Philippakis und Foals-Drummer Jack Bevan kennen sich seit Kindheit und haben vor den Foals in einer Mathrock-Formation gespielt. Das war lustig mit 18 Jahren meint der Drummer im Interview aber "that kind of music – it´s hard to communicate. It´s selfindulgent a lot of the times and it´s very complicated. The complexity makes up for a lack of emotional substance. So let´s try to make music that´s going to communicate with people and going to be fun!"

Das Debüt der Band "Antidotes" das 2008 erscheint ist zwar auch "fun" aber Yannis beschreibt den Sound im Nachhinein als "aseptisch": "Alles besteht aus einzelnen Klangpunkten. Wenn wir so etwas wie eine Harmonie wollten, musste sie von uns fünfen fast architektonisch erzeugt werden." Das war zwar anstrengend aber die Foals gewannen an Sicherheit um mit "Total Life Forever" drei Jahre später ihren Sound ein wenig mit mehr Funk zu untermauern und unangestrengter zu klingen. Das Kernstück des Albums, das gleichnamige "Total Life Forever" nicht nur eine Referenz an den Futuristen Ray Kurzweil sondern musikalisch auch eine Referenz an den Musikforscher Alan Lomax und seine Tonaufnahmen von "chain gangs" aka Strafgefangenen.

Und dann wäre da noch "Spanish Sahara", nach "Electric Bloom" vom Debütalbum eine weitere Killerballade der Foals. Einer der Songs der keine "emotional substance" vermisst. Diese beiden Songs sind angsterfüllt und hoffnungsvoll gleichzeitig.

Foals

wb records

Total Life Forever

Als Yannis Philippakis 2011 im FM4-Studio steht und über die kommenden Arbeiten am neuen Album erzählt, meint er, er freue sich, dass er nicht wisse welche Richtung das Album einschlagen würde. Natürlich wolle man sich nicht zwanghaft neu erfinden, aber ein Total Life Forever Vol.2 oder Antidotes Vol.2 zu machen, das würde sicher nicht passieren.

Es überrascht also nicht, dass die erste Single aus "Holy Fire" kein langsamer 6-Minuten-Track sondern ein an Länge, Aufbau, Mittanz und Mitsing-Passagen ziemlich ausgeglichener und perfekter Hit ist. Man hätte aus der Entfernung auch schreien können: Wo ist das Stadion aus dem dieses Riff da hallt?

Und dann hätte es dieser Song beinah nicht auf das Album geschafft. Man konnte ihn einfach nicht fertig kriegen. Man muss sich das nur vorstellen. "Holy Fire" ohne "Inhaler". Pfff. Die Band ist ziemlich stolz und froh darüber, das Album mit den beiden Produzenten Alan Moulder und Flood gemeinsam aufgenommen zu haben. Die beiden haben mit (nicht nur für die Foals) so wichtigen Bands wie den Smashing Pumpkins, Nine Inch Nails oder Depeche Mode gearbeitet. Jack Bevan, der Foals Drummer, das rhythmische Rückgrat der Band, meint, das Beste an der Zusammenarbeit war, Moulder/Flood seien ohne ihr Ego zur Arbeit gekommen. Sie mussten der Band keinen eigenen "Sound Stempel" aufdrücken, sondern haben die Foals zur bestmöglichen Performance und Aufnahme unterstützt.

David Ma heisst der Künstler, der mit den Foals seit Beginn ihrer Karriere Artwork und Videos verwirklicht. Sehr schön sein aktuelles Video zu "My Number". Wie es der Zufall so will, passt dieser Song auch überaus perfekt zu einem alten Village People Video.

Holy Fire

Die elf Songs auf "Holy Fire" sind allesamt sehr unterschiedlich. Man kann einige davon "sumpfig" beschreiben. Songs die brütende Atmosphäre verbreiten und nur andeuten, dass da Schweißflecken gleich entstehen werden. Einige der Voraufnahmen sind in der brütenden Hitze Australiens am Woronora River entstanden. Fieldrecordings von Insektenschwärmen zum Beispiel. Andere Orte, die zum Entstehen des Albums beigetragen haben sind zum Beispiel Karpathos in Griechenland und Nevada in den USA. Yannis Philippakis habe sich mit Kontrasten beschäftigt, mit buzzing Free-Wifi-Zonen Londons und griechischen Backgammon Spielern. Mit Can-Platten-Hören auf dem Highway durch die Wüste Nevadas auf dem Weg nach Bling-Bling-Win-Win-City: Las Vegas.

Ein zweites "Inhaler" sucht man auf "Holy Fire" vergeblich. Würde dem Album auch nicht so gut stehen: wer nach vorne fährt, macht nicht kehrt, um an der allerersten Tankstelle nochmal zu Tanken. Wo kommen wir da hin.

Dafür gibt es "Bad Habit", "My Number" oder "Late Night" Wieder so ein "haunting"-Track bei dem man nicht weiß, ist man der/die Gejagte oder selber auf der Jagd? Das muss man selber raus hören.