Erstellt am: 20. 2. 2013 - 14:38 Uhr
Touch & Play
In diesem Winter ist das Veröffentlichungsloch in Sachen Games gefühlt noch tiefer und hält länger an als in den vergangenen Jahren. Unbeeindruckt von der Videospielflaute der kalten Jahreszeit ist nur das nicht enden wollende Hoch der Tapp- und Wischspiele. In den App-Stores dieser Welt ist einfach immer was los. Es sind riesige, bunte Wühlkisten, die jeden Tag mit neuen interaktiven Freuden gespickt werden. Hier sind Worte und Videos zu FM4-Empfehlungen der letzten paar Wochen, die zweifellos ihre (wenigen) Euros wert sind. Gleich vorab noch eine Entschuldigung: Liebe Android-User/innen, ich weiß nicht, warum man euch immer noch den Großteil der interessanten Neuerscheinungen vorenthält. Das wird im Laufe von 2013 hoffentlich besser.
Time Surfer (iOS)
Was macht man in der großen Welt der Popkultur, wenn einem gerade nichts Neues einfällt? Was immer geht: bekannte und beliebte Elemente in einer neuartigen Weise zusammen mischen. Retro-Elemente eignen sich dafür besonders gut, vor allem aus den 80er Jahren: Farben! Pixel! Einfache Spielprinzipien! Ein bisschen dreist ist "Time Surfer" also schon, doch hier ist alles so gut zusammengeklaut, dass man dem Spiel irgendwie nicht böse sein kann.
"Time Surfer" ist eine Mischung aus "Sonic The Hedgehog" und dem beliebten iOS-Game "Tiny Wings". Auch hier springt, segelt und schlittert man durch eine hügelige Landschaft. Immer, wenn es bergab geht, machen wir einen auf Sturzflug und rutschen hinunter. Nur ist hier alles viel greller, schneller und generell mit mehr Action versehen. Weil wir der "Time Surfer" sind, kommt noch ein weiteres Spielelement hinzu: wir können die Zeit zurückdrehen - zumindest ein paar Sekunden. So kann man dem Tod ein Schnippchen schlagen und hat manchmal mehrere Versuche, nicht in ein Loch zu fallen oder gegen stachelige Steine zu schleudern. "Time Surfer" zieht einen sofort in seinen Bann, den richtigen Flow muss man sich aber erst erarbeiten.
Momonga Pinball Adventures (iOS)
Momongas sind japanische Flughörnchen, aber was haben die mit Flippern zu tun? Auf den ersten Blick gar nichts, und das ist wohl der Grund, warum man sie in diesem kinderfreundlichen Spiel vermählt hat. Die bösen Eulen haben dem Teenager-Momonga namens Momo seine Community gestohlen. Jetzt macht er sich alleine auf den Weg, Seinesgleichen zu retten. Unterstützt wird Momo von einem weisen, dicken Panda, der ihn auf die kommenden Gefahren vorbereitet und ihm den Weg weist.
Bei "Momonga Pinball Adventures" ist das herzige Tierchen ziemlich hart im Nehmen und macht sich selbst zur Kugel. Daraus entsteht dann eine ungewöhnliche Mischung aus Action-Adventure und Flipper. Jedes Level besteht nicht etwa aus einem begrenzten Tisch, der im Flughörnchen-Stil gestaltet ist - das wäre zu einfach. Stattdessen bestehen die Levelabschnitte aus unterschiedlichen Landschaften, die mit Flipperfingern gespickt sind. Jeder Level hält insgesamt fünf Aufgaben parat. Zum Beispiel muss man bestimmte Gegenstände treffen oder alle Geheimgänge finden. Es gibt auch Zwischensequenzen und Mini-Games, wo man etwa durch die Luft schweben und alle Goldsterne einsammeln muss. "Momonga Pinball Adventures" zaubert Gamer/innen und Pinheads jeden Alters (wenn sie oder er zwischendurch mal kurz Pause von "The Pinball Arcade" und "ZEN Pinball" macht) garantiert ein Lächeln ins Gesicht.
Joe Danger Touch (iOS)
Heute, wo zumindest inmitten der westlichen Industrienationen viele Dinge sehr bequem und praktisch gestaltet sind, bekommt man oft mal Lust aufs Abenteuer. Deshalb setzen wir uns jetzt unsere Schutzhelme auf, ziehen uns die Spezialanzüge an und versuchen uns als Stunt/wo/men. Denn wir begeben uns mit "Joe Danger" auf mit fiesen Fallen und wilden Hindernissen gespickte Motorrad-Rennstrecken. "Joe Danger" ist erstmals 2010 auf der PlayStation 3 aufgetaucht und war schon damals ebenso fröhnlich und unterhaltsam wie auch herausfordernd. Joe ist ein unerschrockener Stuntman der alten Schule, der stets mit fröhlich-mutiger Mimik aufs Gas steigt - der perfekte Performer eben.
Die speziell für berührungssensitive Displays optimierte Version "Joe Danger Touch" gibt automatisch Gas. Wir müssen nur im richtigen Moment springen, uns ducken, die Spur wechseln oder diverse Tricks wie Wheelies ausführen. Das klingt einfach, ist es aber vor allem dann nicht, wenn man alle Moves perfekt ausführen und darüber hinaus alle Münzen einsammeln möchte. Die Lernkurve ist sehr flach, was dazu führt, dass man in den schwierigen Levels dann schon so gut eingespielt ist, dass man das Game gar nicht mehr weglegen will. Trotz all der Straßenblockaden, Stacheln, Rammböcke und anderer Gemeinheiten, die immer öfter auf der Strecke verteilt sind. Macht nichts, denn den Furchtlosen gehört die Welt. "Joe Danger Touch" ist ein erstes großes Spiele-Highlight für Smartphones und Tablet im noch jungen Jahr.
Hundreds (iOS)
"One-Button"-Spiele, wo das Spielprinzip nur darin besteht, im richtigen Moment auf den Bildschirm zu tappen und wieder loszulassen, wurden ja auf Smartphones und Tablets quasi erfunden. Aber auch, wenn die Aufgabe etwas komplexer sein soll, muss es nicht gleich mathematisch und überlogisch werden. Stimmt das Design, begreift man das jeweilige Game schon nach wenigen Sekunden, fordert aber im Idealfall viel Geschick und Überlegung bei Spielerin und Spieler ein. Wie bei "Hundreds", das von uns in jedem Level will, dass wir genau 100 Punkte sammeln. Es geht darum, einen begrenzten Raum mit Kreisen möglichst effizient auszufüllen.
FM4 Touch & Play:
Besprechungen zu aktuellen Smartphone- und Tablet-Games gibt es immer wieder in der FM4 Morning Show und auf fm4.ORF.at.
"Hundreds" ist ein komplett abstraktes Spiel. Vor einem weißen Hintergrund sind unterschiedliche kreisförmige Symbole platziert. Die Standardsymbole zeigen eine Null an. Drückt man mit dem Finger drauf und hält gedrückt, zählen die Punkte nach oben, und gleichzeitig wird der Kreis immer größer. Die Kreissymbole bewegen sich im Raum umher und prallen aneinander ab. Das ist nicht weiter schlimm, aber wenn man kollidiert, während man einen Kreis größer macht, ist Game Over. Erst wenn alle Zahlen zusammengezählt die Zahl 100 erreichen, ist das Level geschafft. Später wird es knifflig, weil sich immer mehr Kreise gegenseitig im Weg sind. Dann gibt es auch böse Kreissymbole wie Sägen oder Schneeflocken, die unsere Zahlenkreise wahlweise wieder auf 0 zurücksetzen oder einfrieren. "Hundreds" hat sich viel vom iOS-Klassiker "Eliss" aus dem Jahr 2009 abgeschaut, ist aber dennoch eine neuartige, elegante und einfallsreiche Mischung aus Denk- und Geschicklichkeitsspiel.
Tennis in the Face (iOS)
Allen, die zumindest so um die 30 sind, werden noch die goldenen Tennis-Zeiten der 90er Jahre in Erinnerung sein, mit Thomas Muster an der Weltspitze und Top-Spielern wie André Agassi oder Pete Sampras. Eine kuriose Mischung aus beiden zuletzt genannten Spielern ist der Protagonist von "Tennis in the Face". Er heißt Pete Pagassi und ist ziemlich schlecht gelaunt, weil er seine Tennis-Karriere frühzeitig beenden musste. Pagassi wurde süchtig auf einem Energy-Drink namens "Explodz". Doch nach dem Rehab ist Pagassi jetzt clean und schwört Rache. Nun werden alle Schuldigen und jene, die sich gegen ihn stellen, mit kräftigen Tennisaufschlägen ins Gesicht bestraft.
Beschossen werden Clowns, die Testimonials von "Explodz". Später kommen Polizisten, Wissenschafter und Hipster mit Soft-Drink-Dose und Smartphone in den Händen dazu. Für Pagassi stecken sie alle unter einer Decke, also gibt's noch ein paar Bälle mehr auf den Kopf. "Tennis in the Face" ist ein bisschen so wie der ewige Smartphone-Dauerbrenner "Angry Birds": Man überlegt sich den Winkel des Schusses und hofft dann, mit möglichst wenig Treffern alle Gegner umzuwerfen. Auch hier gibt es viele Kettenreaktionen, mit explodierenden Dosen, rollenden Fässern und noch mehr Tennisbällen, die aus Mulden rollen und Vakuumverpackungen schießen. Das Spiel ist kurzweilig, bei "Tennis in the Face" sind es aber vor allem die skurrile Idee und die lustige Präsentation, die einen immer weiter spielen lassen. Vögel sind von gestern, durchgedrehte Tennisstars total 2013.
Knights of Pen & Paper (iOS, Android)
Wer schon länger Geek ist, hat früher bestimmt mal Pen-&-Paper-Rollenspiele gespielt. Da braucht es nicht mehr als Spielerinnen und Spieler, ein Zimmer, Getränke und Pizza, ein paar Zettel und Würfel und die Gabe, sich in eine Fantasy-Welt hineinzudenken. "Dungeons & Dragons" und "Das schwarze Auge" sind die bekanntesten Serien, aber was passiert eigentlich, wenn man Pen-&-Paper mit Computerrollenspielen mischt? Dann kommt etwas dabei heraus, das zugleich Spiel und Metaspiel ist. "Knights of Pen & Paper" simuliert das Pen-&-Paper-Rollenspiel am Computer. Es ist so, wie man es kennt: Ein Raum, ein großer Tisch, ein Spielleiter und zwei bis fünf mutige Reckinnen und Recken, die sich dem Abenteuer stellen. Statt alleine auf das eigene Vorstellungsvermögen zu vertrauen, zaubert uns "Knights of Pen & Paper" allerdings die fiesen Kampfratten, Schleimwesen und Raubritter tatsächlich in unsere analog-digitale Welt hinein.
Es ist ein amüsanter Kontrast zwischen epischen Waffen, antiken Zauberbüchern und magischen Amuletten auf der einen und Cola-Dosen, Fernseher und Wohnzimmerteppich auf der anderen Seite. Auch die Dialoge pendeln ständig zwischen physischer Welt und Fantasy. Die Spielmechanik von "Knights of Pen & Paper" ist angenehm zugänglich. Man kann wählen zwischen Standardattacke, magischer Attacke und diversen Bonusgegenständen, die man im Laufe des Abenteuers sammelt. Wer ungeduldig ist, kann sich um kleine Geldbeträge Spielgold kaufen und so seine Figuren schnell zu ungeahnten Kräften verhelfen - notwendig ist das aber nicht. "Knights of Pen & Paper" ist das ideale Rollenspiel für U-Bahn und Bus, und wegen der Metaebene auch ziemlich unterhaltsam.
Hackycat (iOS)
Was ist das Wichtigste, wenn es um Unterhaltung in und mit dem Internet geht? Genau, Katzen. Lolcats, lustige Katzenvideos, grantige Katzen, die twittern, und so weiter. Wer Katzen nicht mag, ihnen böse gesinnt ist oder unkonventionelle Dinge mit ihnen anstellt, bekommt es im Netz schnell mit dem überzogenen Ärger der vielen Catfriends aus aller Welt zu tun. Beispielsweise jener Mann, der aus dem Körper seiner vestorbenen Katze den Catcopter gebaut hat oder ein belgischer Künstler, der Katzen herumwerfen hat lassen. Böse! Sprechen wir also von etwas anderem, zum Beispiel Hacky Sack, auch bekannt als Footbag. Dabei geht es darum, dass man einen kleinen, runden Sandsack mit den Füßen herumkickt, ohne, dass dieser den Boden berühren darf. Hacky Sack kann man übrigens auch wunderbar mit gezeichneten Katzen spielen, und dann heißt das Ganze passenderweise "Hackycat". Das macht alles absolut keinen Sinn, ist aber trotzdem sehr unterhaltsam.
"Alle animierten Katzen in diesem Spiel sind trainierte Profis. Eine Cartoon-Sicherheitsperson war zu jeder Zeit anwesend. Spielen sie diese Stunts nicht mit ihren eigenen Haustieren nach!" - Mit diesem amüsanten Disclaimer beginnt das muntere Katzenkicken. Wie beim echten Hacky Sack darf auch keine unserer Cartoon-Katzen dabei den Boden berühren. Um das zu verhindern, tappen und wischen wir über die jeweilige Katze. Damit "Hackycat" das volle Potenzial hat, als Meme-Spiel wahrgenommen zu werden, gibt es auch Cheeseburger (oder für Veganer/innen wahlweise auch Tofuburger), die man einsammeln muss. Das erhöht die Superkick-Anzeige, und ist die voll gefüllt, kann man bis zu vier Katzen gleichzeitig in luftige Höhen schießen. Gemessen an der absolut simplen Spielidee, ist "Hackycat" verblüffend motivierend und kurzweilig. Sind mehr als zwei Katzen am Bildschirm, wird es schon hektisch und unübersichtlich, wenn man keinen kühlen Kopf bewahrt. Wer ein besonders guter Katzenjongleur ist, darf irgendwann auch mal den Wolf als Spielfigur freischalten.