Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Schweiger und das Feuilleton"

Christiane Rösinger Berlin

Ist Musikerin (Lassie Singers, Britta) und Autorin. Sie schreibt aus dem Leben der Lo-Fi Boheme.

8. 2. 2013 - 15:55

Schweiger und das Feuilleton

Was sich Til Schweiger von der Filmkritik wünscht? Hymnen auf seine Filme. In Berlin stellte sich der Schauspieler einer Diskussion zu "Film und Kritik".

Til Schweiger und die deutsche Filmkritik, das ist ein ganz schwieriges Verhältnis. Eigentlich ist es gar kein Verhältnis mehr, denn Schweiger hat Schluss gemacht: Weil er sich vom deutschen Feuilleton über Jahre hinweg systematisch "niedergeschrieben" sieht, hat sich der Schauspieler und Regisseur anlässlich von "Keinohrhasen" (2007) entschieden, neue Produktionen vor dem Start nicht mehr der Presse vorzuführen, um sie vor den Angriffen der Kritik zu beschützen.

Das wiederum kritisiert die ausgesperrte Filmkritik und bei dem Streitgespräch "Film und Kritik" am Montag in der Berliner Akademie der Künste versuchte man über den Dissens zwischen Filmbranche und Filmkritiker zu reden. Dabei wurde bereits ganz am Anfang klar, dass man niemals zusammen kommen wird. Auf die Frage: Was wäre für sie eine gute Filmkritik? antwortete Schweiger: "Natürlich eine Hymne auf meinen Film".

Til Schweiger

ADK.de

Andreas Kilb, Filmkritiker der "FAZ" hingegen, geht es bei Filmkritik um den Text an sich, "der über das Kino hinaus ein Stück Welt einfängt." Damit kann wiederum Schweiger nix anfangen, er hat mit Filmen wie "Keinohrhasen" und "Kokowääh" Millionen von Menschen ins Kino gebracht und fühlt sich von der Filmkritik unverstanden.

"Wenn jemand in Deutschland versucht, das Publikum zu erreichen, wird er dafür abgestraft", sagte der 49-Jährige, typisch deutsch sei das. In den USA, wo er lange gelebt hat - was er an diesem Abend noch mehrfach betonen wird - ist Filmkritik ganz anders! In deutschen Kritiken steht viel zu viel, was nicht mit dem Film gar nichts zu tun hat, unnützes Sekundärwissen, Angeberei mit dem Auskennen in Filmgeschichte und wenn Filme, so wie seine, wie "Schutzengel" und "Kokowääh", technisch sehr gut gemacht sind, da wird das noch nicht einmal erwähnt! Das könnte laut Schweiger daran liegen, dass man in Deutschland, anders als in Russland, Filmkritik nicht studieren könne.

In Russland würde man ganz anders an Filmkritik rangehen, da ist er ein Star! Und seine Filme sehen so gut aus, wie die aus Hollywood, das kann er beurteilen, denn er hat länger da gelebt, und der Warner Chef persönlich hat ihm gesagt, seine Filme sehen so gut aus, als ob er zehn Mal so viel dafür ausgegeben hätte! Und so ging es fast zwei Stunden lang weiter.

Til Schweiger in "SChutzengel"

warner

Til Schweiger in "Schutzengel"

Da saß man im Publikum und wünschte sich, es würde mal Tacheles miteinander geredet zum Beispiel so: Lieber Til,
Liebe kann man nicht erzwingen, auch nicht vom Feuilleton. Versuch doch einfach mal zu akzeptieren, dass deine Filme nicht so besonders gut sind! Sie sind leider sehr schlecht.

Aber auch, als Andreas Kilb versucht, höflich und vorsichtig zu erklären, wie das so ist mit dem deutschen Film und der deutschen Komödie, die nicht exportfähig sind, nicht an internationale Standards rankommen, sodass man als Kritiker auf Festivals schon mal ins Fremdschämen kommt, wenn man eine deutsche Komödie sieht, gibt es bei dem beliebten deutschen Schauspieler keine Einsicht.

"Keinohrhasen und Kokowääh sind absolut auf internationalem Standard", das haben ihm Leute aus der amerikanischen Filmbranche, er kennt da viele, selbst gesagt, entgegnet er entrüstet. Aber auch auf die Kritikerseite würde man gerne mäßigend einwirken:

Liebe Filmkritiker! Es gibt keine Pressevorführungen zu Schweiger-Filmen mehr, ist das denn so schlimm? Dann geht halt am Tag der Premiere ins Kino und zahlt die acht Euro, wenn ihr denn unbedingt drüber schreiben wollt! Oder lasst den Film unbesprochen, keiner wird was vermissen.

Aber es geht natürlich ums Prinzip. Schweiger will die Anerkennung des Feuilletons, und die Filmkritik muss darauf bestehen, dass Kritik keine Serviceleistung, keine Werbung, kein Promotool für den Produzenten ist. Schweiger setzt auf Hofberichterstattung und zeigt seine Filme vorab nur noch ihm genehmen Kritikern, und dass, obwohl seine Filme zu 40 Prozent öffentlich gefördert sind und deshalb auch öffentlich zur Diskussion stehen sollten.

So tauschte man lange Argumente und Gegenargumente aus, bis zum Schluss wenigstens ein gemeinsamer Feind gefunden wurde: Das Internet – sprich die De-Professionalisierung der Filmkritik, der Verfall der guten Sitten bei Bloggern und Posts.