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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

4. 2. 2013 - 20:59

Afrikacup-Journal '13. Eintrag 15.

Nicht Burkiner, sondern Burkinaben. Anmerkungen zu den Viertelfinals, Teil 2.

Das ist das gewohnte Special innerhalb des Fußball-Journals diesen Jahres: die Begleitung zum Afrika-Cup, der drittgrößten Kontinental-Meisterschaft des Planeten.

Das Journal '13 wird heuer thematisch wohl die Versprechungen in meinem Twitter-Profil einlösen: "Martin Blumenau, Chief Coordinator bei Radio FM4, Moderator, Autor und Blogger zu den Themen Jugendkultur, Demokratie- und Medienpolitik, Musik und Fußball.

Fasos sind sie sowieso keine, Burkiner trotz des deutschen Amts-Stempels auch nicht, Burkinesen sowieso nicht: die Bewohner von Burkina Faso sind Burkinaber. Und die 23 von ihnen, die nach Südafrika zum Coupe d'Afrique des Nations de Football entsandt wurden, sind seit gestern Abend Semifinalisten.

Was für die Alt-Titelträger Ghana und Nigeria recht gewohnt, und auch für die Spieler des Mali nichts Ungewöhnliches ist, ist für die Burkinaben eine Sensation: sie sind erstmals außerhalb ihres Landes so weit gekommen. 1998, bei ihrem recht irren Heimturnier als wegen sintflutartiger Regenfälle einige Spielfelder wegzuschwimmen drohten, waren sie schon einmal unter den letzten vier, allerdings mit dem üblichen Heimvorteil. In der Fremde konnte die Mannschaft diesen einen Erfolg nie auch nur ansatzweise bestätigen. Das letzte Turnier geriet zum punktelosen Fiasko, zwei Jahre davor hatte man gegen die Elfenbeinküste und Ghana keine echte Chance. Der damalige vierte Gruppenteilnehmer musste wegen des Terrorüberfalls knapp vor Turnierbeginn absagen: Togo.

Die deutlich höhere Variabilität entscheidet

Just gegen Togo (die erstmals überhaupt in einem Viertelfinale standen) ging es für die Burkinaben ums Weiterkommen. Und genauso wie Burkina Faso im Ranking ein Stückerl vor Togo steht, genauso ist die Mannschaft eine Stufe weiter entwickelt. Paul Put (ein in den letzten Wettskandal verwickelter dubioser Belgier) konnte in den bisherigen vier Spielen zwischen allen möglichen Systemen wählen. Fürs Viertelfinale griff er wieder auf ein 4-2-3-1 mit Jonathan Pitroipa in der offensiven Zentrale vor Brecher Dagano zurück, ähnlich wie in Spiel 1, wo man mit einem Remis gegen Nigeria den Grundstein für den Aufstieg gelegt hatte.

Gegner Togo hat letztlich nur sein defensives 4-3-3, bei dem die drei Angreifer oft auf sich alleine gestellt sind. Daraus hatte Didier Six bislang auch durchaus das Optimum herausgeholt, gegen Puts Burkinaber war das dann allerdings zu wenig. Man hatte weder die Kontrolle über das Spiel noch die Möglichkeit einen Zahn zuzulegen. Und: sich auf einen Lucky Punch des genialen Emmenual Adebayor zu verlassen, ist keine Garantie für einen (Tor)Erfolg.

Kopfballungeheuer Pitroipa macht den Unterschied

Der gelang dem Leichtgewicht Pitroipa, per Kopf. Pitroipa ist der Beleg für die These dass sich alle Menschen weltweit über ein paar Ecken kennen - bei ihm brauche ich nur einen einzigen Mittelsmann. Scout und Spielervermittler Nick Neururer hatte sich vor einigen Jahren eher zufällig für Burkina Faso begeistert; er ist auch Manager von Issiaka Ouédraogo (Admira), der im Vorjahr noch ein Tor im Afrika-Cup erzielte und den Ex-Innsbrucker Wilfried Sanou (jetzt in Japan, und gemeinsam mit Pitroipa Einfädler vom Dienst).

Die fleischgewordene Verbesserung von 2012 zu 2013 ist Verteidiger Bakary Kone (Olympique Lyon): beim letzten Turnier war er noch der Akteur, der mit seinen individuellen Fehlern das Ausscheiden forcierte, diesmal unerhört selbstsicher, vielleicht sogar der beste Abwehrspieler im Turnier. Dazu kommen der blondierte Djakardjia Kone und Olympique Marseilles Charles Kabore als sichere Zentrale.

Dabei war nach dem verletzungsbedingten Ausfall des begabtesten Angreifers Alain Traore nicht mit allzu viel zu rechnen. Im Angriff wurden nach Dagano Bance, Hugues, Balima oder Outtara ausprobiert - ein reiner Unruheherd, trotzdem kam nie echte Nervosität ins Team. Wohl erst der im Viertelfinale eingewechselte Nakoulma von Gornik Zabrze könnte der richtige Ersatz sein - das als Vorgriff auf das bevorstehende Halbfinale gegen Ghana.

Im übrigen: schon nach dem Aus von Südafrika war klar, dass das Halbfinale eine rein westafrikanische Angelegenheit wird.

Viertelfinale 3: Box-to-Box-Power besiegt die Nostalgie

Zum Spiel der Nigerianer gegen die Côte d'Ivoire ist gestern schon fast alles gesagt worden. Bei den unglücklichen Orangen stachen Tiote und Romaric im defensiven Mittelfeld heraus - Yaya Toure wusste mit seiner offensiveren Rolle deutlich zu wenig anzufangen. Gervinho und Gradel sind die Flügelzange der Zukunft, Kalou gehört nur noch die Vergangenheit.

Auf Seiten der Sieger ist noch der junge Mba hervorzuheben; nicht nur weil er das entscheidende Tor erzielte, mit einem irren Solo, sondern auch weil er seine Rolle als zentraler Mittelfeldspieler, als Box-to-Box-Akteur taktisch vorbildlich ausfüllte. Strephen Keshi hat sein junges Team so gut arrangiert, dass die Aussfälle von Ambrose in Spiel 2 und Ogude in Spiel 4 nicht ins Gewicht fielen; sie wurden präzise ersetzt.

Ob sich diese Fähigkeiten und die überdurchschnittliche Qualität des Angriffs im Halbfinale gegen Mali durchsetzen werden, weiß ich nicht - wünschen würd' ich mir's.