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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

3. 2. 2013 - 22:30

Afrikacup-Journal '13. Eintrag 14.

Nicht die Jungs und wieder nicht die Elefanten. Anmerkungen zu den Viertelfinals, Teil 1.

Das ist das gewohnte Special innerhalb des Fußball-Journals diesen Jahres: die Begleitung zum Afrika-Cup, der drittgrößten Kontinental-Meisterschaft des Planeten.

Das Journal '13 wird heuer thematisch wohl die Versprechungen in meinem Twitter-Profil einlösen: "Martin Blumenau, Chief Coordinator bei Radio FM4, Moderator, Autor und Blogger zu den Themen Jugendkultur, Demokratie- und Medienpolitik, Musik und Fußball.

Ich gebe zu: die verspätete Beschäftigung mit den gestrigen Viertelfinals beim Afrika-Cup hat auch etwas mit dem Gefühl der Leere nach dem Ausscheiden von Veranstalter Südafrika zu tun.

Nicht dass diese Mannschaft das spielerisch oder kämpferisch wirklich verdient hätte: unterhaltsamer als Team Mali, der Philip Roth unter Afrikas Fußballern, ist es aber allemal. Zudem war da ein großes Semifinale mit tränenreichem Abschied garantiert und als Draufgabe noch ein echt ernstgenommenes Match um Platz 3, den das Heimteam, die Bafana Bafana, erreichen hätten müssen.

Der Tag, der mit dem glücklich erreichten, aber verdienten Sieg von Ghana gut begonnen hatte, kippte nach dem quasi angesagten Heimteam-Ausscheiden im Elferschießen - denn dass die psychisch eher schwach gestrickte Bafana Bafana dem Druck dort nicht standhalten würde, war schon zu Beginn der Verlängerung offensichtlich.

Die Super-Eagles als Dark Horse, die Elefanten draußen

Rausgerissen hat mich dann der Sieg Nigerias, nicht so sehr das Aus des haushohen Favoriten Côte d'Ivoire. Nicht weil das neuerliche Scheitern der Drogba-Truppe hier im Eintrag 1 dieses Logs schon vor Turnierbeginn im Titel steht oder ich mich auf Nigeria als Risiko-Tipp festgelegt hatte. Denn vieles, was im Vorfeld als Annahme herumgeistert, muss während des Turniers zurückgenommen werden; einiges an Unvorhersehbarkeit und eine Portion Eigendynamik kommen dazu und schlussendlich sind Prognosen nur noch über die Bande als erfolgreich interpretierbar.

Rausgerissen hat mich der nigerianische Sieg, weil er auch für die nächsten Jahre etwas bewegen kann. Nigeria ist die erste von einstmals wichtigen Kontinental-Mächten, die sich seit einiger Zeit in einer echten Sinnkrise befinden (bei Marokko, Algerien, Südafrika oder Senegal dauert sie schon länger, Tunesien, Kamerun und Ägypten kamen zuletzt dazu) und es aus eigener Kraft, mit den Mitteln des Neuaufbaus, der Kräfte-Konzentration schaffen könnten zurück zu kommen.

Womöglich hat Nigeria auf dem Weg hinauf just den Weg des Teams gekreuzt, das sich auf dem Weg hinunter befindet: der Côte d'Ivoire. Stimmen, die vom Ende einer Ära und dem bevorstehenden Verfall sprechen, gibt es einige. Ich glaube nicht daran: aus dieser Mannschaft werden sich ein paar Stars zurückziehen, Drogba, Kolo Toure, vielleicht Zokora.

Die Bafana Bafana als langgezogene Enttäuschung

Ich gehe aber davon aus, dass das die Elefanten nicht so sehr schwächen, sondern eher stärken wird. Ein neues, weniger starfixiertes Team rund um Gervinho kann deutlich unverkrampfter an die Aufgaben herangehen. So wie sich Ghana in den letzten Jahren von großkopferten Stars befreit hat und so zur deutlich besten afrikanischen Mannschaft auf der Weltbühne wurde. Und damit ist man künftig klar vor dem fast völlig von Seydou Keita abhänigen Mali und den weiter kopflos agierenden Südafrikaner,

All das hilft dem tiefenttäuschten Team der Elefanten aktuell gar nichts. Es wird weiter von seiner Titellosigjkeit albträumen.

Dagegen sind die Sorgen des von Gordon Igesund auch nicht effizienter als von seinen teilweise inkompetenten Vorgängern betreuten südafrikanischen Teams deutlich weniger gewichtig. Südafrika hat zum wiederholten Male nicht den Anschluss an die gute Phase Ende der 90er geschafft; zum zweiten Mal bei einem Heim-Turnier. Das passierte nicht durch viel Pech, sondern geschah durchaus zurecht. Trotz einer gutklassigen Liga, finanzstarken Vereinen und einiger exzellenter Einzelspieler schafft der Riese Südafrika das, was kleine Nachbarn wie Zambia ohne gute Vorraussetzungen zustandebringen, nicht einmal ansatzweise: wieder (so wie schon bei der WM) war keine echte Mannschaft auf dem Feld, wieder fehlten die Ideen- und Taktgeber.

Viertelfinale 1: Ghana besiegt Kapverde

Auch Ghana, der letzte verbliebene Top-Favorit, tat sich schwer. Die Führung gegen den Außenseiter war verdient, entsprang einer ordentlichen Druckphase nach der Halbzeitpause - es folgte jedoch ein durch fast wütende kapverdische Angriffe bedingter Rückzug, dem Team Ghana bis zum Schluss nur Abwarten, Verzögerung und Beruhigung entgegenzusetzen hatte. Das 2:0 war ein Empty-Net-Goal gegen die sich völlig entblößenden Newbies in der 95. Minute.

Coach Antunes hatte seine Mannschaft wieder im spezifischen 4-3-3 aufgestellt, mit dem flexiblen Ryan Mendes in der zentralen Rolle, die die Platini bislang eingenommen hatte. Da sich Mendes in der 52. Minute verletzte, kam Platini erst recht wieder rein. Die Druck-Phase kam also mit der bewährten Formation zustande. In der 67. Minute holte Antunes eine echte dritte Spitze auf den Platz und zog Platini ins halblinke Mittelfeld dahinter zurück: seine Hollywood-Variante. Die fast zum Erfolg führte - die Kapverden schrammten einige Male knapp am Ausgleich vorbei.

Ghanas Leistung war in diesem Spiel auch deshalb nicht so besonders, weil gleich beide Playmaker (Badu in der Zentrale, Asamoah in der Offensive) in James Appiahs 4-2-3-1 glücklos agierten bzw. wegen der guten Gegenwehr nicht zur Geltung kamen. Dafür hielt Rabiu, ebenso wie Badu einer U20-Weltmeister, die Zentrale zusammen, dafür stützte der eingewechselte Wasako den gestern eifrigen Gyan.

Viertelfinale 2: Südafrika beugt sich Mali

Was bei der Bafana Bafana nicht geklappt hat, wurde bereits besprochen. Gestern half auch das neuerliche Feintuning von Gordon Igesund nichts: er hatte von 4-1-3-2 auf ein 4-2-3-1 umgestellt. Gut, weil Letsholonyane neben Furman in der Zentrale das Spiel vergleichsweise effektiv in die Hand nahm. Schlecht, weil die alleinige Spitze (egal ob Rantie oder Majoro) noch stärker in der Luft hing, auch weil der sonst gute Phala rechts und der diesmal völlig unsichtbare Parker links nichts beitragen konnten und vor allem, weil Mahlangu und auch Serero keine Zehner sind, sondern sich auf die Halbpositionen verdrücken.

Der schlimmste Moment im südafrianischen Spiel war die Einwechslung des WM-Torschützen Tshabalala. Der zeigte eine derart überzogene, vor dummem Ehrgeiz protzende an reines Schaulaufen gemahnende Vorstellung, dass mir Angst und bang wurde.

Gegner Mali behielt die erfiolgreiche Formation von Spiel 3 bei, wechselte danach sein 4-3-3 nur Position für Position. Letztlich taten Keita und Co nicht mehr als die verdiente Führung (Südafrika war in Halbzeit 1 die aktivere Truppe) auszugleichen, ehe sie dann wieder in diese Passivität verfielen, die mir die Mannschaft schon seit Jahren suspekt macht. Letztlich legte man es ab Minute 60 aufs Elferschießen (dessen siegreicher Ausgang recht gewiss war) an, und kam damit durch.

Mehr über die beiden anderen Matches, vor allem den eben erfolgten Sieg von Burkina Faso, den ich zimmerservicebedingt noch nachholen muss, morgen.