Erstellt am: 31. 1. 2013 - 12:52 Uhr
Afrikacup-Journal '13. Eintrag 13.
Das ist das gewohnte Special innerhalb des Fußball-Journals diesen Jahres: die Begleitung zum Afrika-Cup, der drittgrößten Kontinental-Meisterschaft des Planeten.
Das Journal '13 wird heuer thematisch wohl die Versprechungen in meinem Twitter-Profil einlösen: "Martin Blumenau, Chief Coordinator bei Radio FM4, Moderator, Autor und Blogger zu den Themen Jugendkultur, Demokratie- und Medienpolitik, Musik und Fußball.
Südafrika? Das ist ein quasi anderer Kontinent, sagt Magic Mo, der Klassenbeste im Bowling-Match am Dienstag, zu dem sich FM4 für Licht ins Dunkel versteigern hatte lassen. Mo heißt mit vollem Namen Mohamed Fekih-Romdhane und ist Tunesier. Und obwohl Tunesien just in Südafrika schon einmal im einem Finalspiel stand (1996) fremdeln vor allem die drei zentralen Magrheb-Staaten Tunesien, Algerien und Marokko immer stark, sobald sie bei einem Turnier jenseits des Sahel antreten müssen (Ägypten hatte da wiederum nie Probleme...).
Wie auch diesmal wieder: Algerien war nach zwei guten aber verlorengegangenen Spielen als erstes Team überhaupt draußen; Marokko folgte einen Tag später (weil bei diesem Turnier drei Remis nicht für den Aufstieg reichen; wer nicht siegt, fliegt); und für Tunesien sah es schon vor dem gestrigen Abend schlecht aus. Die Vorstellung des Titelträgers von 2004 bis dato war mehr als lau: purer Lucky-Punch-Sieg gegen Algerien, verdiente Niederlage gegen die Côte d'Ivoire.
Im einzigen echten Achtelfinale des Afrika-Cup gegen Togo musste also ein Sieg her. Und nur die Statistik (Togo noch nie im Viertelfinal, Tunesien zuletzt immer) war auf der tunesischen Seite.
Das Spiel der sechs Elfmeter
Das Spiel war dann eines der lebhaftesten des jungen Jahres, nicht qualitäts- aber actionreich und mit einer unfaßbaren Menge an Elfmetern gesegnet; an gegebenen, verweigerten, zu Unrecht verhängten.
Tunesien bekam zwei zugesprochen, verwertete einen (den man allerdings wegen Anlaufsverzögerung wiederholen lassen hätte müssen), vergab einen zweiten (wegen derselben Verzögerung) und ein Handselfer wurde nicht gegeben.
Togo hätte einen klaren und zwei konzessionsfähige Strafstöße bekommen müssen bzw können - kriegte aber gar nix. Dafür war das aus dem Spiel erzielte Tor ihres Hoffnungsträgers Gakpe abseits.
Im übrigen: der leicht überforderte Schiedsrichter, dem die Übersicht über die Foulspiele über den Kopf wuchs, war Daniel Bennett, ein weißer Südafrikaner, sonst einer des Besten seiner Zunft. Nur weil sich bei der Rezeption zum Thema Schiri-Leistungen beim Afrika-Cup auch heuer immer wieder ein erstaunlich debiler Krypto-Rassismus einstellt.
Togo - Tunesien hätte also auch 3:3 oder 0:0 ausgehen können. Und weil sich die ersten echt großen tunesischen Chancen erst in der Nachspielzeit einstellten (auch weil erst da der erste richtige Stürmer reingewechselt worden war) ist das sieggleiche Remis für Togo auch mehr als in Ordnung.
Der tunesische Vosichtsfaktor ist schon Teil des Systems
Sami Trabelsi hatte für dieses Entscheidungsspiel nämlich wieder eine erstaunlich verhaltene Aufstellung gebracht: nach einem sehr defensiven 4-3-3 in Spiel 2 griff er gestern wieder auf das 4-2-3-1 von Match 1 zurück. Wobei die vorderste Spitzze (Khalifa) eher ein klassischer hängender war und der Linksaußen auch eher ein defensiv denkender Mann. So blieb zu vieles - wie auch schon die Spiele davor - am seiner Form hinterherlaufenden Msakni und Oussama Darragi (von Sion aus der Schweiz) hängen, dem bislang Besten der "Adler von Karthago" (auch kein blöderer Spitzname als der einiger anderer Nationalteams), der trotzdem auf erstaunlich wenig Einsatzzeit kam. Die viel zu späte Einwechslung von Stürmer Ben-Youssef (der prompt zwei große Szenen hatte) konnte die Coaching-Versäumnisse nicht mehr aufwiegen.
Wobei man im Fall von Tunesien gar nicht mehr von Vercoaching sprechen kann: die Vorsicht hat sich über die letzten Jahre bereits tief als Grundausrichtung in das Nationalteam reingefressen.
So gesehen sind Nachbar Algerien und Rivale Marokko schon eine Spur weiter: dort ist die Rolle des Spielgestalters (Feghouli bzw Belhanda/Barrada) nicht mehr so rumpfnasig angesehen, dort dürfen Außenverteidiger mehr, sind defensaive Mittelfeldspieler mehr als nur Ballschlepper.
Ich bin einigermaßen gespannt auf die Rollen die Marokko 2015, als Ausrichter, und die sicher voller Ehrgeiz qualifizierten Tunesien und Algerien da spielen werden. Nicht nur weil der Afrika-Cup da wieder einmal auf "ihrem" Kontinent stattfinden wird.
Togolesische Selbstsicherheit wins games...
Heuer gebührt die Aufmerksamkeit dem neuen Viertelfinalisten Togo. Gegen die Côte d'Ivoire hatte man gut gespielt und ungerechterweise verloren (dann wäre der Dämpfer für die in diesem Match arg largierenden Orangen noch deutlicher ausgefallen) und gegen Algerien ein schon fast verlorenes Spiel gedreht. Gestern zog Didier Six wieder das System von Spiel 1 aus dem Hut, (ein diesmal deutlicher ausgeprägtes 4-1-2-3) und die Mannschaft steuerte durch die neue Selbstsicherheit getragen recht problemlos durch dieses K.O.-Spiel. Der Wechsel zwischen Abwehrzentrale und defensivem Mittelfeld klappte gut und der durch die beiden Achter unterstützte Dreier-Angriff war gefährlich positioniert - Gakpe und Ayite-Bruder Floyd wechselten permanent die Seiten und Center Adebayor hält sich sowieso am liebsten mitten im Gefahrenbereich auf.
Togo ist damit ähnlich strukturiert wie die andere Überraschungs-Mannschaft im Viertelfinale, Burkina Faso. Und genau diese beiden Teams werden aufeinandertreffen. Hoffentlich mehr als einander neutralisieriend.
Dem anderen gestrigen Spiel, dem für die Gruppen-Platzierung völlig bedeutungslosen Match zwischen Algerien (nur 4.) und der Elfenbeinküste (sowieso 1.) irgendeine Bedeutung beizumessen, hielte ich für gefährlich. Die Côte d'Ivoire trat mit einer fast kompletten B-Elf an, da war die Test-Mannschaft damals gegen Österreich vergleichsweise ein 1A-Team: die gesamte Abwehr samt Tormann, das Mittelfeld bis auf Romaric - allesamt Ergänzungsspieler. Vorne bekamen die Wackelkandidaten Kalou und Drogba ihren Einsatz. Im Viertelfinale werden zumindest 8, wenn nicht zehn andere Spieler zu sehen sein.
... but who wins this Championsship?
Dass sich diese B-Elf gegen die beherzt um ihre Ehre kämpfendenm Algerier von einem 0:2 erholten und noch den Ausgleich schafften, mag als Zeichen der mentalen Stärke des Kaders gelten - mehr erzählt uns das aber nicht.
Algerien probierte Ryad Boudebouz als Spielgestalter aus, kam aber erst nach der Einwechslung von Féghouli wirklich in die Gänge. Letztlich war es auch im dritten Spiel so, dass Algerien unter Wert geschlagen wurde. Eigentlich hätten sie mit zwei Siegen und einem Remis klar ins Viertelfinale durchgehen müssen.
Dort befinden sich jetzt neben vier Afrika-Cup-Größen ein ewiger Mitschwimmer, zwei Außenseiter und ein Neuling, eine durchaus unerwartete Mischung.
Und es besteht die durchaus realistische Möglichkeit, dass die fünf afrikanischen Teams, die sich für die WM 2014 qualifizieren, ganz andere sind als die Viertelfinalisten: Ägypten, Tunesien, Senegal, Kamerun, Algerien wäre so ein 5er-Tipp.
Highlight der ersten K.O.-Runde wird einerseits das Aufeinandertreffen des Top-Favoriten Côte d'Ivoire mit dem unberechenbaren "Jugend forscht"-Team aus Nigeria sein, das taktisch interessantes Match wird wohl das zwischen Ghana (der sowieso inhaltlich seit Jahren avanciertesten Mannschaft des Kontinents) und den völliges Neuland betretenden Kapverden werden.
Die Begegnung zwischen Host Südafrika und dem bis zur Penibilität disziplinierten (man könnte auch sagen unangenehm faden) Mali wird das Heimteam aufs Äußerste fordern. Schließlich werden Rookie Togo und Burkina Faso (das außerhalb der Heimat auch noch nie in einem Viertelfinale war) den Besseren zweier sehr Ähnlicher ausspielen. Samstag geht es weiter.