Erstellt am: 31. 1. 2013 - 17:11 Uhr
Die Erinnerungen kommen zurück.
Ich muss es zugeben, ich kann mich nicht mehr ganz genau an meinen ersten Air&Style erinnern. Ich versuche mir einzureden, dass ich schon im Dezember 1994 als Elfjähriger von den Betonstufen des Bergisel-Stadions hinab geschrien habe in den Kessel, um Sieger Ingemar Backman hoch zu jubeln, doch mein Gedächtnis verweigert mir die letzte Bestätigung. Fix hingegen ist, dass ich 1995 vor Ort war. Ganz klar sehe ich H-Blockx vor meinem inneren Auge wegen der Kälte jammern, um kurz darauf von Clawfinger lächerlich gemacht zu werden, die fast in Unterwäsche auf der Bühne stehen. Und natürlich erinnere ich mich an den Auftritt der Snowboard-Legende Terje Håkonsen, der einen unglaublich hohen, unglaublich weiten und unglaublich stylishen 360er gestreckt in den Schnee gezaubert hat.
Der gestreckte 360er kommt ca. bei 1:25
Jahre später auf Video sieht das bei Weitem nicht mehr so spektakulär aus, aber ich bin nicht der Einzige, dem sich dieser Trick eingeprägt hat, wie mir Air&Style-Gründer Andrew Hourmont erzählt. Er werde immer wieder genau darauf angesprochen, von Zufallsbekanntschaften im Zug etwa, die dann mit glasigen Augen von diesem besonderen Moment erzählen, der das Bergisel Stadion hat staunen lassen.
Was ist mit der Realness?
Wie die meisten meiner FreundInnen habe ich mit den Jahren das Interesse am Air&Style verloren. Die Tragödie von 1999 hatte daran ihren Anteil, als fünf junge Menschen im Gedränge zu Tode gekommen sind. Einen größeren Anteil hatte aber wohl die Entwicklungen des Contests, der sich immer weiter vom Snowboarden wegentwickelt hat, hin zur "nachweislich erfolgreichste(n) Plattform für Jugendmarketing", wie es Andrew Hourmont einst in einer Pressemitteilung formulierte.
Air&Style
Schon in Seefeld haben Freestyle Motocrosser den Snowboardern die Show gestohlen, in München ist dann sogar Schneemobil-Freestyle hinzugekommen und die KollegInnen, die bei den Contests in München dabei gewesen sind, waren vor allem vom Sexismus rund um die Veranstaltung schockiert.
Bands am Air&Style
Freitag:
- Left Boy
- Die Fantastischen Vier
Samstag:
- Kraftklub
- Mac Miller
Seit der Air&Style wieder in Innsbruck ist, hat es sich auf das Wesentliche reduziert, Snowboarden und Musik, denn nur das funktioniere hier, führt Andrew Hourmont aus. Vorwürfe des Sexismus muss sich der Contest allerdings noch immer gefallen lassen: Auf der Website wurden in den letzten Wochen nämlich Models gecastet, deren einzige Aufgabe beim Air&Style ist, im Auslauf neben den Ridern auf deren Punkte zu warten. Abschaffen bitte.
Die Legenden sind zurück
In meinem Freundeskreis war der Air&Style-Contest in den letzten Jahren selten Gesprächsthema, seit kurzem taucht er aber wieder verstärkt in den Timelines der von mir genützten sozialen Netzwerke auf. Die Frage "Geht jemand mit?" sticht mir sofort ins Auge "Terje, Michi, Wolle, Tom und Max sehen". Es ist die Nostalgie, die die ehemaligen Contest-Fans wieder auf den Bergisel zieht, denn zu seinem 20-jährigen Jubiläum (gezählt wird hier vom Jahr der Idee, nicht der Realisierung) bedenken die Veranstalter das Innsbrucker Publikum mit dem "besten Starterfeld in der Geschichte des Snwoboardens", was insofern stimmen mag, dass viele der Rider nie wieder so eine Schanze springen werden.
Air&Style
Der Air&Style hat seine Legenden am Freitag zu einer Style-Session geladen und viele von ihnen sind diesem Ruf gefolgt. So werden sich die ehemaligen Air&Style-Gewinner Terje Håkonsen, David Benedek oder Stefan Gimpl, und die Style-Könige Gigi Rüf oder Devun Walsh mit den aktuellen Stars der Szene messen. Old School trifft auf New School und Jim Rippey und Reto Lamm sind am judgen.
State of the art
Am Samstag gehört die große Bühne dann ausschließlich der Generation Triple Cork, wie ihn heuer schon einige Fahrer gezeigt haben, Mark McMorris, Yuki Kadono oder Maxence Parrot. Doch die Spitze im Fahrerfeld ist so unglaublich dicht, dass jeder auch schon in der ersten Runde des K.O.-Bewerbs aus dem Contest fliegen kann.
Air&Style
Die Crowd in Innsbruck wird wohl vor allem den zwei österreichischen Fahrern die Daumen drücken, die diesmal im Hauptbewerb des Air&Style vertreten sind. Mathias Weißenbacher ist diese Saison in Peking bereits eine Überraschung gelungen, als er Seppe Smits und Mark McMorris aus dem Bewerb geworfen hat und bis ins Superfinale gekommen ist. Und auch Clemens Schattschneider sollte man in Innsbruck auf der Rechnung haben. Werni Stock, programmierter Fixstarter beim Air&Style hat sich ja in Peking das Schlüsselbein gebrochen und wird nach überraschend schneller Heilung diesemal nur bei der Style Session dabei sein.
Frauen sind übrigens auch 2013 keine am Start. Zwar hat es in der 20-jährigen Contestgeschichte einige Male den Versuch gegeben, Riderinnen in den Air&Style-Contest zu integrieren, mit Quarterpipe- oder Cornercontests, der große Kicker blieb für sie aber immer tabu. Einerseits läge das an der hohen Verletzungsgefahr, andererseits wären die Riderinnen selber nicht bereit, diese Schanze zu springen, betont Hourmont. Bei den Expansionsplänen, die die Veranstalter für den Air&Style haben - im Mai findet etwa zum ersten Mal das Air&Style in Mexiko City statt und es gibt Gespräche mit anderen Städten in Lateinamerika - könnten sie vielleicht auch wieder die Frauen ins Programm nehmen. Als Fahrerinnen, und nicht als optischen Aufputz.