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Thomas Edlinger

Moderiert gemeinsam mit Fritz Ostermayer "Im Sumpf".

27. 1. 2013 - 18:41

Besser als besser werden

Monochrom haben 20 Jahre als DIY-aber-was-eigentlich?-Neigungsgruppe hinter sich. Aktionen, Fibeln, Blutwürste und neuerdings auch Dioramen pflastern ihren Weg. Anzusehen ab sofort im Wiener MUSA.

Heute abend Im Sumpf (21-23)
Mono-Urgestein Johannes Grenzfurthner beantwortet ein paar extrem ungute Frage zum Thema Kritik, Sophistication und Sophismus.

Wenn alte Haudegen mit subkulturellem Nimbus in die Jahre kommen, mault man gern: Die waren früher auch mal besser! Die DIY-aber-was-eigentlich?-Neigungsgruppe Monochrom interpretiert, schließlich ist Metakritik ja das Kerngeschäft der Truppe, den Killersatz als entwaffnende Selbstbezichtigung. Man nennt die eigene Retrospektive über 20 Jahre im Dienst des Contexthacking genau so: "Die waren früher auch mal besser".

Im MUSA in Wien werfen ab morgen 23 Dioramen ein paar Schlaglichter auf die Geschichte dieses selbstgebauten Diskursschleuderprogramms, das immer schon Fanzines in Telefonbuchstärke gedruckt hat und jetzt endlich, endlich Spielfilme im Sinne höherer Spieltheorie machen will. Die meisten der gezeigten Schaukästen der Ausstellung sind in Puppentheatergröße und für ein Publikum auch unter 18 geeignet. Sie stellen Anekdoten und Aktionen des Kollektivs nach. Das Ganze sieht weniger räudig als lieblich aus, es wirkt wie tiefer als tief gehängte Installationskunst mit postavantgardistischer Grundhaltung. So ist das halt, wenn man wie die Monochrom-Führungsetage Žižek genauso gern liest wie man dopen Sakropop hört. Oder Science Fiction-Sitcoms genauso gern macht wie man Seelen auf der Mariahilferstraße verkauft.

Monochrom

Monochrom

"monochrom's ISS is a ten-part improv-reality-sitcom about living and working on the International Space Station"

Auch der FM4 Soundpark (01-06) schöpft aus dem Vollen:
Zu Gast sind Johannes Grenzfurthner und Franky Ablinger, die Gründer der Kunstgruppe monochrom, die heuer ihren 20. Geburtstag feiert. Ein ausführliches Gespräch und viele Hörbeispiele geben Aufschluss darüber, dass auch das musikalische Oeuvre von monochrom so gar nicht klein ist.

Immer wieder geht es in der Schau um Übersetzungen von Medien und Formaten, um die Verkleinerung der großen Geste. Da findet sich frische Erde als Umfeld einer feilgebotenen Publikums-Selbteinsargung zur Finissage. Da lockt die über 18-Jährigen ein japanisches Schattenspiel über einen erstaunlich leistungsfähigen kalifornischen Sexroboter oder, etwas für alle Generationen, ein teilanaloger Karaokeleierkasten. Der ermöglicht das Mitsingen einer Moritat, die – typisch Monochrom – durch das zufällige Aufschnappen einer Geschichte am Strand von Parati in Brasilien entstand.

Damals war Monochrom als Österreich-Vertreter zur Zeit der schwarzblauen Regierung als subversive Kommandotruppe von der damaligen Kuratorin Zdenka Badinovac auf der Kunstbiennale von Sao Paulo eingeladen. Monochrom wären aber nicht Monochrom, wenn sie nicht etwas komplett anderes gemacht hätten. Statt normaler Präsenz ging es um die Ausreizung des Konzepts Kunstfake inklusive realem Diskursimpact; um ein erfundenes Künstlersubjekt, das bei allem dabei war, alles erfunden hatte (z.B. Punk, unvergesslich der Albumtitel der erfundenen Combo Andre Hitler:"Wollt ihr die totale Phantasie?") und sich von allem wieder abwandte, wenn es andere zu verstehen glaubten. Dieser fiktive Mega- und Metakünstler, dessen Werk zum großen Teil erst vor Ort in Sao Paulo entstehen sollte, hörte auf den Namen Georg Paul Thomann. Den inzwischen beerdigten und bedenkmalten Fake muss man sich in etwa als eine Mischung aus Peter Weibel, Martin Kippenberger, Banksy und Thomas Bernhard minus Bauernbund vorstellen.

Mnochrom

Mnochrom

Mit im Gepäck war 2002 auch ein fetter Katalog, der damals viele Nerven und eine kleine deutsch-englische Übersetzerbrigade benötigte. Ich erinnere mich noch gut daran, weil ich damals die Ehre hatte, als Mitherausgeber dieser ausufernden Schwarte zu fungieren. Der Aufenthalt in Brasilien war natürlich mit Kuriositäten und Anekdoten sonder Zahl gespickt, die selbst – siehe Parati – wieder weiterverwurstet wurden. Und ich rede jetzt nicht von der souverän Aktionismus-Downgrading mit neoliberaler Selbstoptimierungs-Kritik verkochenden Aktion namens Eigenblutwurstverkostung.

Eine der Abschweifungen mündete in die aus meiner Sicht interessanteste politische Kunstarbeit dieser Biennale, den "Taiwan Incident". Der Hintergrund: Dem taiwanesischen Künstler Chien-Chi Chang wurde aufgrund angeblichen chinesischen Drucks vor der Eröffnung die übliche nationale Bezeichnung seines Pavillons verweigert. Statt "Taiwan" stand dort "Museum of Fine Arts Taipeh" am Eingangsschild. Monochrom, in solchen Fällen immer als schnelle Eingreiftruppe zur Stelle, versuchte nun, die Lettern für Taiwan von den Raumbeschriftungen anderer Teilnehmer auszuborgen. Die Umverteilung gelang auch kurzfristig, bevor sich wieder die offizielle Diplomatie mit ihren Gesetzen durchsetzte.

Exponat von monochrom

monochrom

Zumindest zur Eröffnung aber, im Blitzlicht der Fotografen, stand ein strahlender Chien-Chi Chan vor seinem "Taiwan"- Raum, während wenige andere, "solidarische" Nationen bzw. Künstler in ihrer Repräsentation freiwillig beschädigt waren. Unter anderem natürlich auch das "Aus-Ria" Monochroms, die das T gespendet hatten.

P.S: Wer wissen will, was Monochrom zum Diskursdauerbrenner Kritik im Wordrap zu vermelden haben, der lausche hier:

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