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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

25. 1. 2013 - 11:46

Afrikacup-Journal '13. Eintrag 7.

Die Herrschaft der Verwalter. Warum die Favoriten nur einen Eins-Null-Vorsprung über die Zeit bringen wollen und andere kleine Epidemien.

Das ist das gewohnte Special innerhalb des Fußball-Journals diesen Jahres: die Begleitung zum Afrika-Cup, der drittgrößten Kontinental-Meisterschaft des Planeten.

Das alles im Rahmen des Journal '13, das heuer thematisch wohl dem Twitter-Profil entspricht: "Martin Blumenau, Chief Coordinator bei Radio FM4, Moderator, Autor und Blogger zu den Themen Jugendkultur, Demokratie- und Medienpolitik, Musik und Fußball.

Der Co-Favorit müht sich zu seinem ersten Sieg; der Geheim-Co-Favorit hebt sich alles bis zum letzten Gruppenspiel auf.

Ghana hatte eigentlich keine echten Troubles gegen das wiederum all seine Schwächen ausspielende Mali und trotzdem war der 1:0 Sieg recht angestrengt. Die Dem. Rep. Kongo war gegen den wiederum sehr engagierten Außenseiter Niger durchaus in einer Chancen-Überzahl, kam aber über ein torloses Remis nicht hinaus.

Das bedeutet: Ghana (das gegen Niger wohl zumindest ein Unentschieden schaffen wird) und der Sieger aus Mali (3p) gegen Kongo (2p) sind weiter.

So weit die Projektion für den Montag.
Jetzt zur Aufarbeitung des Donnerstag:
Trainer James Appiah hatte Team Ghana kräftig umgestellt: anderes System (4-2-3-1), Kwadwo Asamoah wieder im offensiven Zentrum hinter Gyan, Salzburgs Vorsah im Abwehrzentrum anstatt des unsicheren Akaminko, ohne klassischen Sechser - stattdessen zwei Achter vor der Abwehr - und mit dem spielstarken Wasako auf dem im ersten Spiel schlecht besetzten linken Flügel.

Ghana: trotz gelungener Umstellung weiter übervorsichtig

Das sah gegen den behäbigen Sicherheits-Kick von Gegner Mali von Beginn an recht gut aus, mündete in einer Überlegenheit und zunehmenden Chancen und kulminierte in einem logischen 1.0 durch - natürlich - Wasako (der einen von Gyan herausgeholten Elfer verwertete). Die zweite Halbzeit über verwaltete man diesen Vorsprung; recht problemlos, aber natürlich unansehlich.

Damit tat es Ghana den anderen Teams, die bei diesem Turnier bislang in Führung gegangen sind, gleich: die Elfenbeinküste, Nigeria, Mali, Zambia und Ghana selber im ersten Spiel. Einzig Hausherr Südafrika und die erfrischenden Kapverden waren Ausnahmen von dieser Regel. Im Übrigen ist die Percentage dieser Strategie keine sehr erfolgreiche: in der Mehrheit der Fälle ging das Überdiezeitbringen nämlich schief. Und entwickelt sich zur unangenehmen Krankheit, zu einer Art kollektiven Grippe, die dieses Turnier mittlerweile fest im Würgegriff hat. Hüstel.

DR Kongo: Trotz hoher Offensivkraft lieber ein Remis halten

Andererseits: mit Patrice Carterons Mali kann man's ja machen. Die präsentierten sich auch im zweiten Match völlig ideen- und antriebslos. Zudem fand man auch taktisch kein Mittel. Das anfängliche 4-3-3 mit drei die Aufgaben gleichmäßig verteilenden Akteuren im Zentrum klappte nicht wie geplant (Sissoko zu lau, Keita unbefriedigt, so dass Carteron in Halbzeit 2 auf ein 4-2-4 mit Keita als hängender Spitze (!) umstellte. Nun ist der langjährige Captain und Ex-Barca-Star ein wirklich guter Mann - aber kein Yaya Toure. Und die malische Bank ist scheinbar auch nicht stark genug um eventuelle Ausfälle zu kompensieren. Die gab es in der zweiten Halbzeit vielleicht eine halbe Zufalls-Chance für den Vorjahresdritten. Zu wenig um weiterzukommen.

Das könnte DR Kongo im letzten Gruppenspiel nämlich verhindern. Die Mannschaft von Claude LeRoy ist nämlich eine, der man - von ihrer offensiven Spielanlage her - jederzeit einen Sieg zutraut. Absurderweise sind sie trotzdem die Remis-Könige. War das in Spiel 1 gegen Top-Fav Ghana noch ein schmückendes Feature, so ist das Unentschieden gegen den Außenseiter Niger ein echter Schuss vor den Bug. Andererseits ist für die Ausgangs-Konstellation nix verhackt. Bei einem Sieg in Spiel 2 hätte ein Remis in Spiel 3 gereicht, jetzt ist es halt andersrum.

Dabei war wieder alles richtig: DR Kongo kam wieder mit seinem gewagten 4-1-3-2 (wiewohl Spielmacher Makiadi sich manchmal auf die Sechser-Position zurückzog) auf den Platz und fuhr auch wieder tolle Tempogegenstöße, wurde aber von der konzisen Gegenwehr des Niger in seiner Spielfreude immer wieder entscheidend gestört. Bei Kongo fehlten oft ein paar Zentimeter und Sekunden, man ist knapp dran an tollen Kombinationen, schaffte es gestern aber einfach nicht, und die zwei Top-Chancen von Mbokani machte Tormann Kassali zunichte.

Und: Bravo, der erste Punkt überhaupt für Außenseiter Niger

Team Niger wurde von Gernot Rohr fast wie in Spiel 1 aufgestellt; nur Kapitän Maazou kam diesmal (zumindest 70 Minuten lang) über die linke Seite (nicht über rechts wie gegen Mali). Das kompakte 4-3-3 mit den drei Defensiven hielt wieder eine Mehrheit im Mittelfeld, war aber imstande Offensiv-Aufgaben mitzuerfüllen: eine hochmoderne taktische Variante für Außenseiter, die aufgrund der technischen Fertigkeiten der Nigerianer auch formschön anzusehen war.

Dass es diesmal für einen Punkt (der ersten CAN-Erfolg des Niger überhaupt) reichte, ist dem durch die exzellente Leistung in ersten Spiel vergrößerten Selbstbewusstsein zu verdanken. Selbst wenn die Mannschaft im letzten Spiel gegen Ghana unter- und aus dem Turnier gehen sollte - sie haben mich nachhaltig beeindruckt. Und wohl auch DR Kongo. Dort fand man sich ab einem gewissen Zeitpunkt mit dem Remis ab.

Und das (die besser-ein-Unentschieden-als-ein-Risiko-Einstellung) ist die zweite kleine Epidemie dieses Turniers. Eine, die sich im Gegensatz zum Eins-Null-Halten bislang auch gelohnt hat.