Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "The Old vs. The Young"

Andreas Gstettner-Brugger

Vertieft sich gern in elektronische Popmusik, Indiegeschrammel, gute Bücher und österreichische Musik.

23. 1. 2013 - 16:39

The Old vs. The Young

Und schon wieder bewegte Bilder aus der Heimat. Die neuen Musikvideos von Naked Lunch, I-Wolf & The Chainreaction, The End Band und Famp.

Vor gerade einmal einer Woche habe ich an dieser Stelle neue Musikvideos aus Österreich angepriesen, die alle innerhalb kürzester Zeit veröffentlicht wurden. Das erklärt sich hauptsächlich daraus, dass im Februar und März viele Alben heimischer Künstlerinnen und Künstler auf den Markt gebracht werden. Und auch wenn wir schon 2013 haben, ist die gute alte Vorab-Single noch immer DAS Mittel zum Bewerben eines Releases. Darauf folgt in Zeiten von Youtube, Facebook & Co. logischerweise das Video zur besagten Single. Der Strom der bewegten Bilder reißt also nicht ab. Auffällig bei den folgenden vier Musikfilmchen ist, dass die Kunstwerke der zwei altgedienten Bands sich sehr von den lebenslustigen Umsetzungen der Jungspunde unterscheiden.

homo homini lupus

Düster und archaisch ist das Video zur Single "Let It Go" von I-Wolf & The Chainreaction. Zu einem monotonen, dadurch hypnotisch wirkenden und verzerrten Gitarrenriff treiben trockene Beats dieses Groovemonster an. Erstaunlich ist nicht nur die extrem gut gelungene, poppige Indienummer des Sofa Surfers Wolfgang Schlögel, sondern auch sein Arbeitspensum: hat er doch erst Kürzlich mit Franz Reisecker das Projektdebüt Paradies der Tiere veröffentlicht. Bald soll auch das neue I-Wolf Album "Fleshandblood" auf Seayou Records erscheinen. Wie Wolfgang Schlögel es schafft, bei diesem engen Veröffentlichungsplan immer wieder qualitativ hochwertige und einfach großartige Musik abzuliefern wird mir wohl immer schleierhaft bleiben.

Endless Sommergefühle

Egal, ob es draußen schneit oder extreme Minusgrade hat, für die Jungs von Famp aus Wolkersdorf scheint immer Sommer zu sein. Denn das neue Video zu ihrem Song "I Can't Behave" wirkt wie der feuchte Teenietraum, den wir alle mal im Kopf hatten, oder? Mit diesen schönen Bildern wirkt die Indiepopnummer gleich noch ein Stück zuckriger. Luftig-leichte Gitarren, schwebender Bass, flockiges Schlagzeug und Vocals zum Sofort-Einstimmen-und-Mitsingen. Was will man mehr, wenn man dem alten Winter mal entfliehen möchte?

Wütende Babysounds

Mehr Bewegtbild zu heimischen Klängen:

Schnee vs. Feuer, Kinderspielplatz vs. Extase
Videos von Ben Martin, Das Trojanische Pferd, Love&Fist und Sex Jams.

Ähnlich jung und hitzköpfig wirkt das Wiener "Wald-und-Wiesen-Orchester" The End Band. Meine Kollegin Alexandra Augustin hat sie einmal - nicht zu unrecht - als "Emotionsbombe" bezeichnet. Die neue Single "Fury" beweist, dass diese Band ausziehen wird, um die heimische Indie-Szene aufzumischen. Welche Wut auch immer die vier Jungs im Video rauslassen mögen, musikalisch wird sie mit verzerrten Noisewänden im Refrain angegangen, wobei der Gesang gerade bei den rockigen Teilen sehr an die Nachbarn Slut erinnert (von denen dieses Jahr übrigens auch eine neue Platte erscheinen soll). Das The End Band-Debüt mit Namen "Babysounds" soll übrigens am 8. Februar herauskommen. Der bombige Vorbote "Fury" ist mit einem witzigen, ganz dem kommunikationsüberfluteten Zeitgeist entsprechenden Video umgesetzt worden.

Here coms The Sun

Wann immer ein neues Album der Kärntner Naked Lunch ansteht, liegt Spannung in der Luft. Die Band um Sänger und Songschreiber Oliver Welter, die sich jetzt schon seit über zwei Jahrzehnten im Musikbusiness hält, ist bekannt dafür, immer neue, immer opulentere Soundwege einzuschlagen. Nach dem fabelhaft epischen "This Atom Heart of Ours" wird am 1. Februar mit "All Is Fever" der Nachfolger erscheinen. Die erste Single "The Sun" verspricht großes Gefühls- und Soundkino. Es wären nicht Naked Lunch, hätten sie sich für das Video zum Vorboten nicht ein sehr eigenwilliges und deshalb spannendes visuelles Kunststück einfallen lassen: Gemeinsam mit Regisseur Thomas Woschitz ist ein Musikvideo entstanden, das sehr viel erzählt, auch wenn ausschließlich ein Gesicht zu sehen ist. Der mimische Mikrokosmos wird so zum Deutungsuniversum der tiefen Emotionen.