Erstellt am: 22. 1. 2013 - 11:57 Uhr
Afrikacup-Journal '13. Eintrag 4.
Das ist das gewohnte Special innerhalb des Fußball-Journals diesen Jahres: die Begleitung zum Afrika-Cup, der drittgrößten Kontinental-Meisterschaft des Planeten.
Das alles im Rahmen des Journal '13, das heuer thematisch wohl dem Twitter-Profil entspricht: "Martin Blumenau, Chief Coordinator bei Radio FM4, Moderator, Autor und Blogger zu den Themen Jugendkultur, Demokratie- und Medienpolitik, Musik und Fußball.
Dass Zambia, der Titelverteidiger, mit ebendieser Bürde der massiven medialen Beachtung holprig in ein Turnier starten würde, das man bislang immer mit der Pose des schlitzohrigen Underdogs beginnen konnte, war einigermaßen klar.
Dass auch Nigeria, der klare Geheimfavorit nur mit einem Remis gegen ihren Außenseiter aus dem ersten Tag der Gruppe C gehen würde, das hat mich dann aber doch einigermaßen überrascht.
Aber der Reihe nach.
Wie nervös Team Zambia war, zeigte sich an der Vorstellung des besten Innenverteidiger-Paares des Kontinents: Stopira Sunzu und Hijani Himoonde, die auch das Bollwerk des TP Mazembe sind, unterlief ein kapitaler Schnitzer nach dem anderen, der den Total-Außenseiter Äthiopien zweimal fast in Führung brachte (ein Heber übers leere Tor, ein von Mweene bravourös gehaltener Elfer...), ehe sie sich wieder halbwegs in Form spielten. Und aus dem Mittelfeld kam (ganz Mali-like) nur der weite Pass in die Spitze, spielerisch ging rein gar nichts.
Dabei hat Herve Renard nicht nur sein weißes Glückshemd sondern auch seinen Kader aus dem Vorjahr belassen, dabei schaltete er sein 4-4-2 (durch Vorziehen von Rainford Kalaba) dann auch schon einmal in ein 4-3-3- um, dabei wechselte er folgerichtig (bis hin zum finalen 4-1-3-2), stellte richtig um (Kapitän Katongo auf die rechte Seite, Kalaba rüber nach links, Chisambe retour als Linksverteidiger, Mayuka rein) - aber nichts fruchtete.
Den Titelverteidiger blendet das Rampenlicht allzu stark
Team Zambia wirkte gehemmt, konnte die vorhandenen Fertigkeiten nicht einmal ansatzweise ausspielen. Auch und vor allem nicht, als der gegnerische Tormann sich mit einem Kung-Fu-Foul selber aus dem Spiel nahm.
Ich denke nicht, dass das an einer Unterschätzung des Gegners aus Äthiopien lag. Deren durchaus überraschende Qualität sorgte dafür, dass aus einer braven Performance eine Punktmitnahme wurde. Zambia hätte sich aber auch gegen vorsichtigere und technisch weniger beschlagene Äthiopier schwer getan. Das war ein klassischer Selbstfaller.
Immerhin: Das Tor durch den in Südafrika spielenden Mbesuma ist das bis dahin am schönsten herausgespielte des Turniers - das macht Hoffnung auf die 2012 so herausragende Kombinationsfähigkeit dieser an sich so gut eingespielten Mannschaft.
Äthiopien rekrutiert seine Akteure aus den zwei großen Klubs aus Addis Abeba und hat zwei, drei Legionäre. Kapitän Adana (auch der Torschütze zum Ausgleich) und Stürmer Salahdin ragen in ihrem nur scheinbar altmodischen 4-1-3-2 hervor. Ob die spielerisch gutklassigen Tempogegenstöße auch gegen Mannschaften, die nicht wie gestern Zambia völlig auf der Leitung stehen, etwas fruchten, werden wir sehen. Der Auftakt jedenfalls war beeindruckend.
Außenseiter-Check; Äthiopien stark, Burkina Faso mau
Anders das, was der zweite Außenseiter in dieser Gruppe auf den Platz brachte: das war wenig, Burkina Faso. Es ist einzig der falschen Devise, die Nigerias Trainer Stephen Keshi, der respekteinflößende Kapitän des Siegerteams von 1994 nach der 1:0-Führung ausgab, zu verdanken, dass diese ideenarme Mannschaft im Spiel blieb und mit einem lucky punch in der 94. Minute noch den Ausgleich schaffte. Keshi machte da einen auf Trapattoni und ließ auf Halten spielen. Nach dem von Mikel, Ideye Brown per Volley-Ferse vorbereiteten und Emunike erzielten (noch schöner als dem im Match davor) herausgespielten Treffer in der 23. Minute hatte Nigeria im ganzen Spiel noch exakt eineinhalb Torszenen.
Dabei ist das Team so exzellent vorbereitet und eingestellt, dass derlei Taktisiererei (copyright Krankl) gar nicht nötig wäre: vor Enyeama und neben Kapitän Yobo steht eine gute, junge Abwehr; im Mittelfeld hat John Obi Mikel zwei gute junge Hilfssheriffs und vorne im Dreiersturm schöpft Nigeria aus dem Vollen. Und im Gegensatz zu (bis auf Ghana) bislang allen Favoriten ist Nigeria jederzeit imstande sich vors gegnerische Tor zu spielen. Gestern abend durfte man das scheinbar nicht, siebzig Minuten lang.
Der Geheimfavorit scheitert an seinem italienischen Ansatz
Dass es bei Burkina Faso Jonathan Pitroipa und Alain Traore waren, die Assist und Torschuss abgaben und ihre Mannschaft somit moralisch im Turnier hielten, ist kein Zufall. Die beiden (zweiterer wurde, weil angeschlagen, erst spät eingewechselt) sind neben dem unglücklich agierenden Kapitän Dagano die einzigen mit mehr als nur bravem Bemühen, sie zeigten echten Siegeswillen. Allerdings: bis auf zwei Halbchancen von Dagano hatte Burkina Faso nichts aufzuweisen. In Halbzeit eins nicht einmal einen Schuss aufs Tor. Man ließ sich vom spielerisch überlegenen Gegner in Schach halten und vorführen. Das war nichts als die Fortsetzung der schlimmen Vorstellung von 2012, auch wenn der Coach (der Belgier Put) neu ist und der Kader etwas besser besetzt. Besonders matt: die Flügel. Sowohl Aristide Bance (Augsburg) als auch Hugues und nach der Pause Wilfried Sanou: Totalausfälle. Da half auch das an sich recht schlau gewählte 4-2-1-3, mit Pitroipa als Jolly hinter Dagano, nichts. Ohne Durchschlagskraft geht nichts. Da wird auch der gewonnene Punkt nichts nützen.
Team Nigeria sollte das Remis in letzter Sekunde eine Warnung sein sich nicht derart zu überschätzen. Zwar hatte Keshis Truppe das Spiel klar im Griff, aber ohne ein 2:0 ist ein Spiel nicht gewonnen; auch gegen Zambia oder Äthiopien nicht, wie wir gestern gelernt haben.