Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Kleine Gitarrenkunde: Steuerflucht"

Roland Gratzer

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23. 1. 2013 - 10:25

Kleine Gitarrenkunde: Steuerflucht

Was wären wir ohne die großen Kunstschaffenden, die ihre Steuer dort zahlen, wo sie am wenigsten zahlen müssen?

Das Verhältnis Staat und Kunst ist schwierig. Ersteres fördert zweiteres, zweiteres sollte ersterem eigentlich kritisch gegenüber stehen. Der Staat schmückt sich gerne mit den Erzeugnissen der Kunst, solange die Kunst nichts Blödes oder Grausliches macht. Die zwei sind sich ausgeliefert, obwohl sie eigentlich gar nicht miteinander können.

Die restlichen 13, 14 Gitarrenkunden werden nicht versteuert, schwöre:

Kleine Gitarrenkunde

Spannend wird es dann, wenn ein/e Künstler/in so erfolgreich wird und nicht mehr vom Geld des Staates abhängig wird. Erfolgreiche Künstler sind ein bisschen so wie erfolgreiche Sportler. Ihnen wird alles in den Arsch geschoben, damit sie ja nicht wegziehen. Wenn sie von wo anders kommen und in unserem Land bleiben wollen, dann werden sie plötzlich wie Menschen behandelt. Obwohl sie aus einem anderen Land kommen und bei uns bleiben wollen.

Duscher Gratzer am Strand

Radio FM4

Dieser Koffer ist eine Vertrauensprüfung unserer Schwiegermutter.

Selbst wenn es noch genügend historische Figuren mit französischem Kontext gibt, die Gerard Depardieu noch nicht in einem Fernseh-Vierteiler dargestellt hat, der hässliche Franzose ist jetzt Russe geworden und schimpft brav auf die Opposition. Die Stones hingegen sind in den 70ern nach Frankreich gezogen und Bono Vox, die nervige Stimme der Vernunft, versteuert in den Niederlanden und nicht im Heimatland Irland. Phil Collins (der Schlagzeuger aus den Disney-Filmen) ist übrigens Schweizer und hat sogar ein irgendwie passendes Lied darüber geschrieben: "Another day in paradise".

Depardieu und Putin

APA/EPA/Mikhail Klimentyev

So müssen Einbürgerungen aussehen.

Dafür brauchen wir nicht viel: E-Moll, D-Dur, A-Moll, Cmaj7 und dann noch G-Dur für die Bridge. Im Original müssten wir den Capo auf den ersten Bund schnallen, tun wir aber nicht. Weil wir uns so über die Steuerersparnisse der großen Menschen freuen, spielen wir das ganze in einer quietschfidelen Peter, Bjorn and John Version mit Gepfeife.

Ein anderer Steuerflüchtling ist Rod Stewart, der tatsächlich wegen des Geldes und nicht wegen seiner Haare nach Kalifornien gezogen ist. Sein Song "Do you think I'm sexy" ist musikgrammatisch in etwa so durchschaubar wie das Angriffsspiel von Celtic Glasgow: A-Moll, A-Moll-7, C-Dur, F-Dur, G-Dur, E-Moll und D-Moll-7 für die Bridge. Auch hier wird gepfiffen.

Zum Nachhören:

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