Erstellt am: 21. 1. 2013 - 11:33 Uhr
Afrikacup-Journal '13. Eintrag 3.
Das ist das gewohnte Special innerhalb des Fußball-Journals diesen Jahres: die Begleitung des Afrika-Cup, der drittgrößten Kontinental-Meisterschaft des Planeten.
Das alles im Rahmen des Journal '13, das heuer thematisch wohl dem Twitter-Profil entspricht: "Martin Blumenau, Chief Coordinator bei Radio FM4, Moderator, Autor und Blogger zu den Themen Jugendkultur, Demokratie- und Medienpolitik, Musik und Fußball.
Wer glaubt, dass der einzige Sieger des gestrigen Abends, der einzige Gewinner beim Afrika-Cup bisher der erste Favorit auf den Titel sein muss, lebt mutig. Das Team aus Mali lieferte beim 1:0 gegen den Nachbarn Niger eine teilweise erschreckend lahme Performance, und schien sich schon dem dritten 0:0 des Turniers zu ergeben, ehe Tormann Kassali ihrem Topstar Seydou Keita ein Abstaubertor ermöglichte.
Für die Akteure aus dem Mali gilt natürlich, dass - wiewohl der Kader praktisch ausschließlich aus in Europa beschäftigten Spielern besteht - die politischen Unruhen im Land nicht spurlos an ihnen vorbeigehen. Dass die vom alten Hasen Gernot Rohr eingestellten Super-Außenseiter aus dem Niger ihr durchaus sehr ausrechenbares Spiel so effektiv lähmen würden, war aber wohl auch einer schwachen Tagesform zu verdanken.
Wie immer in den letzten Jahren setzt Mali (diesmal mit dem jungen Franzosen Patrice Carteron auf der Bank) auf ein um Keita herumgebautes 4-3-3, dass ihm im Zentrum alle Freiheiten gibt. Gestern waren es vor allem seine Seitenleute (Mohamed und Mahamane Traore) und die beiden jungen Flügel (Sigamary und Cheikh Diarra) die völlig ausließen. Das lag auch am immer gleichmäßig vorgetragenen Muster: langer Pass nach vorne und dann mal sehen, was passiert. Dass Momo Sissiko (von PSG) erst spät eingewechselt wurde, war nachvollziehbar: er blieb ebenso unsichtbar.
Angeschlagenes Mali, tapferer Niger
Viel interessanter war da das Konzept des letztendlich nur mit Pech unterlegenen Außenseiters. Der Niger hatte schon 2012 brav mitgespielt, aber keinen Punkt geholt und wollte sich diesbezüglich verbessern: ist fast gelungen. Die vom Deutschfranzosen Rohr kaum veränderte Truppe stellte ein Hybrid auf den Platz: 4-3-3 in der Offensive, ein hartes 4-5-1 im Verteidigungsfall. Das Team rund um den riesenhaften ehrfurchteinflößenden Riesen Maaza tat sein Bestes, litt aber unter Spieleröffnungsarmut. Bis auf schnelle Konter und das Hoffen auf Standards war nicht viel drin. Trotzdem: man sieht ihnen gerne zu, wie sie aus wenig Möglichkeiten dann lehrbuchhaft recht viel machen.
Deutlich mehr hatte das erste Spiel der Gruppe B zu bieten.
Zuerst ging Co-Favorit Ghana mit fast schon zu ungerechtfertigter Leichtigkeit 2:0 in Führung, dann glich Geheimtipp Dem. Rep. Kongo mit ebensolchen Mitteln wieder aus. In diesem Match blitzte erstmals so etwas wie Klasse auf, viel Action und einiges an Kombinationen und Ideen zeigen, dass beide Teams reif für mehr sind.
Tip for the Top: Eh klar Ghana und ja auch DR Kongo
Dabei sind/waren die Voraussetzungen ungünstig. Teamchef James Appiah (nicht zu verwechseln mit dem langjährigen Kapitän Stephen Appiah) stellte dieses erfolgreichste afrikanische Team der letzten Jahre ohne rechte Not doch sehr massiv um (Rücktritte, Verletzungen, Verzichte aber vor allem Querelen mit einigen Akteuren) und so begann eine unerwartete Aufstellung: ein im Land beschäftigter Tormann, kein Vorsah in der Verteidigung, Chef-Stratege Kwadwo Asamoah als linker Verteidiger, Derek Boateng auf der Annan-Position und mit Wakaso, Adomah und Atsu drei junge Kräfte in der Offensive. Dazu kam, dass sich der zum Kapitän avancierte Stürmerstar Asamoah Gyan (der Mann, der zuletzt WM und Afrika-Cup mit vergebenen Elfern für sein Team beendete) schon nach wenigen Sekunden Roman-Wallner-mäßig ins Abseits begab. Ehrlich, da habe ich schon das Schlimmste befürchtet.
Danach gelang es dem zum Chef im Mittelfeld gereiften Badu und dem erwähnten Wakaso das Spiel in die Hand zu nehmen, wobei sie sich auf eine sichere Abwehr (Boye-Akaminko innen) und die überaus routinierten Außenspieler Paintsil und Asamoah stützen/verlassen konnten. Gyan vergab zwar wieder Roman-Wallner-mäßig eine Chance allein vorm Tormann, aber in der 40. schloss Badu einen Aktion über Links (Asamoah ging nach Doppelpass mit Gyan fast an die Grundlinie) erfolgreich ab.
Der Chef als Linksverteidiger, der Altstar als Zuarbeiter
Dass es just wieder der links hinten platzierte Ideengeber Asamoah war, der nach der Halbzeit per Kopf das 2:0 besorgte, schien Appiah recht zu geben. Allerdings brachte er in den Schlussminuten Afful, einen echten Linksverteidiger, um seinem Star noch zehn Minuten Angriffs-Zeit zu ermöglichen - er hat also durchaus eine Option. Und es gibt einiges zu tun: wie dann bei Mali ein paar Stunden später griff auch die ghanaische Flügel-Strategie nicht. Einmal sehen, was Appiah uns strategisch in Spiel 2, das er unbedingt gewinnen muss, vorsetzt.
Diesbezüglich durchaus meisterlich präsentierte Claude LeRoy sein Team aus der Demokratischen Republik Kongo (auch weil er ja einmal selber Coach von Ghana war): sein 4-4-2 ließ sich in Sekundenschnelle zu einem 4-1-3-2, aber auch einem 4-5-1 umarbeiten. Dabei kann LeRoy auf ein paar überaus begabte Spieler zurückgreifen: Mbokani (Anderlecht) oder Makiadi (Freiburg) kennt man in Europa, über den jungen Kapitän Mputu oder den schick blondierten Kabangu wissen nur die Experten, die den afrikanischen Champions League-Gewinner TP Mazembe kennen, Bescheid.
Und genau diese Mischung (Mazembe und Europa) macht die Kraft des DR Kongo-Teams aus. Sich von einem Zwei-Tore-Rückstand gegen Ghana zu erholen - alle Achtung. Die Entwicklung der Mannschaft (die sich vor dem Turnier durch einen Trainingsstreik unrühmlich zu Wort meldete) zeigt sich etwa in der Position von Altstar LuaLua: der ackert (oft recht unbedankt) auf der linken Seite und zeigt sich als Teamplayer, nicht als Pfau. Das ist in jeder Hinsicht beachtlich und schreit nach Fortsetzung.