Erstellt am: 10. 1. 2013 - 10:30 Uhr
Speichern statt Streamen
Philipp Schmieder war bereits als 15-Jähriger mit dem Informatikunterricht in der Schule heillos unterfordert. Neue Herausforderungen mussten her, und so programmierte er Mitte der 2000er Jahre eine praktische Anwendung zur erweiteren Nutzung des damals noch jungen YouTube: "ClipGrab", ein Programm, mit dem man Online-Video-Streams als Dateien speichern kann.
Julian Pöschl/mufim.at
Philipp wirkt im FM4-Interview gewissenhaft, und wenn man "ClipGrab" schon mal benutzt hat, bestätigt sich dieses Bild: Das Programm ist schnörkellos, verlässlich und einfach zu bedienen. Die Intention dahinter war und ist es, persönliche Herausforderungen bei der Software-Entwicklung zu haben und dabei gleichzeitig ein praktisches Tool zur Verfügung zu stellen. "ClipGrab" ist eine Open-Source-Anwendung, dennoch ist Philipp sehr serviceorientiert und versucht, seine Anwendung immer am neuesten Stand zu halten.
Digitaler Videorekorder
Die Internetanbindungen werden immer schneller, die Festplatten fassen immer mehr Speicherplatz, die digitalen Archive werden größer und größer. Audiovisuelle Inhalte - alte und aktuelle - sind so einfach verfügbar wie nie zuvor. Doch es ist fast alles nur als Stream verfügbar. Die diversen Inhalte auch als Audio- und Videodateien herunterzuladen, ist im Regelfall offiziell nicht erlaubt und technisch oft nur durch mühsame Hürdenläufe möglich. Hier kommen Programme wie "ClipGrab" ins Spiel. Im kommenden Update, für das auf clipgrab.de auch schon seit einiger Zeit Spenden gesammelt werden, sollen nicht mehr nur Clips von YouTube, Vimeo und Co. runtergespeichert werden können, sondern es soll auch möglich sein, auf die Online-Mediatheken öffentlich-rechtlicher Fernsehsender zuzugreifen.
clipgrab
"Es ist so, wie wenn man mit einem Videorekorder eine Privatkopie anfertigt", meint Philipp Schmieder dazu lapidar. Das sagt sich leicht, und tatsächlich macht sich der "ClipGrab"-Autor wenig Gedanken darüber, warum jemand ein Problem damit haben könnte, wenn Online-Video-Streams als Dateien heruntergespeichert werden. Doch die Lage ist kompliziert. Rundfunkstationen sind Rechteinhaber ihrer Inhalte und können dementsprechend über deren Verbreitung entscheiden und verfügen. Zusätzlich dazu ist in Radio- und Fernsehbeiträgen fast immer auch externes Material - üblicherweise Musik - inkludiert, wo die Lizenzen meist nicht über die bloße Ausstrahlung (und die jeweilige eingeschränkte Online-Verfügbarkeit) hinausgehen. Öffentlich-rechtliche Stationen sind überdies vertraglich eingeschränkt. So darf der ORF - ebenso wie ARD und ZDF in Deutschland - seine Mediathek-Inhalte im Netz nur bis zu sieben Tage nach der Erstausstrahlung zur Verfügung stellen.
Lieber eigene Modelle entwickeln
Mediatheken-Meta-Suchprogramme gibt es etwa bei fernsehsuche.de oder vavideo.de.
Natürlich haben öffentlich-rechtliche Rundfunkbetriebe auch Eigeninteressen, warum sie ihre selbst produzierten Inhalte lieber mittels hauseigener Angebote zur Verfügung stellen. Die immer beliebter werdenden Mediatheken sind gute Werbeflächen. Werden die Inhalte nun über externe Programme angesteuert und nicht direkt über die Mediatheken, bleiben womöglich das Werbepotenzial und das Anpreisen der eigenen Marke auf der Strecke. Können Programminhalte digital uneingeschränkt aufbewahrt werden, geht damit auch ein Verlust an Exklusivität einher. Weitere Ausstrahlungen oder anderswertige Verwendungen werden dann zunehmend unattraktiver, das punktuelle Herauspicken einzelner Inhalte verringert bei den Konsumenten die Aufmerksamkeit auf das Gesamtprogramm.
Diesen Interessen entgegen steht das Argument, dass öffentlich-rechtliche Rundfunkstationen den Gebührenzahlern verpflichtet sind und ihre Inhalte der Öffentlichkeit bestmöglichst zur Verfügung stellen sollen. "Sollten die Sender sich beschweren, werde ich natürlich schauen, welche Maßnahmen ich ergreifen muss. Aber solange das nicht der Fall ist, gehe ich davon aus, dass das einwandfrei ist - eben wie ein Videorekorder.", sagt der "ClipGrab"-Autor dazu.
Vielleicht ist Philipp Schmieders pragmatischer Zugang nicht schlecht: erst vor wenigen Tagen wurde eine ähnliche Anwendung namens "Mediathek für Mac" von den Autoren offline genommen - angeblich in vorauseilendem Gehorsam, ohne dass es eine direkte Aufforderung dazu gegeben hätte. Fest steht, dass das Runterspeichern von audiovisuellen Inhalten im Netz rechtlich weiterhin schwierig bleiben dürfte. Für die User gibt es aber derzeit noch kein Problem: "ClipGrab" ist weiterhin kostenlos verfügbar und funktionstüchtig, für Windows, Linux und Mac OS.