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Zita Bereuter

Gestalten und Gestaltung. Büchereien und andere Sammelsurien.

8. 1. 2013 - 14:36

Mitten durch! Australien

In fast sieben Wochen radelt René Rusch von Süden nach Norden. Allein und auf einer Strecke, die nur selten von Radfahrern befahren wird. Ein ausführliches Gespräch über diese abenteuerliche Reise und den prächtigen Bildband.

"Wien – Singapur – Adelaide: in weniger als 30 Stunden ans andere Ende der Welt. Es heißt, die Seele kommt auf dem Landweg nach. Für meine Nervosität gilt das leider nicht, sie rückt auf dem Flug nach Australien keine Minute von meiner Seite."
René Rusch beschreibt gleich im Prolog zu seinem "Roadmovie in Standbildern", wie schnell Abenteuerlust von Nervosität erdrückt werden kann.

Erst im Flugzeug wird dem 36-jährigen Grafiker klar, was er da vorhat: Mitten durch Australien, von Port Augusta nach Darwin. 3.300 km. Allein. Auf dem Fahrrad. In seinen Recherchen konnte er niemanden finden, der diese Strecke mit dem Fahrrad bezwungen hätte. Zu heikel ist der Abschnitt durch die Wüste. Zu leicht kann das Wasser knapp werden. Zu abgeschieden ist die Gegend. René konnte also auf keine Erfahrungswerte zurückgreifen. Was ihn in diesem völlig unbekannten Terrain erwartet, konnte er sich in Wien noch nicht vorstellen. Das sei eine gute Eigenschaft, lacht er rückblickend, dass er sich vorher nicht vorstellen könne, wie heftig etwas werden könnte. Im Flugzeug aber nagt der Zweifel an ihm. Auch nach der Ankunft wollen sich die angenehmen Gefühle nicht einstellen. Stattdessen Zweifel, Ängste und Verwunderung über das Gewicht seines Gepäcks. Ein großer Rucksack, zwei Packtaschen und ein Anhänger. Dabei hat er eh nur das Wichtigste: ein Zelt, Nahrung für zwei Wochen, Flüssigkeit für fünf Tage und die Fotoausrüstung.

René Rusch mit Rad und Gepäck

René Rusch

Viel zu früh hat Rusch gesundheitliche Probleme. Seine Achillessehne zeigt sich von ihrer schwächsten Seite – schon am zweiten Tag hat er extreme Schmerzen. Die Angst, die Radtour könnte vorbei sein, bevor sie überhaupt losgegangen ist, ist enorm. Aber den Gedanken "dann lassen wir es halt" hat er gar nicht erst zugelassen. Ein Jahr lang hat er sich vorbereitet – hat trainiert und recherchiert. Reisen war für ihn das Wichtigste und das Schönste. Scheitern war zwar eine Option, aber ganz sicher nicht am Beginn der Tour.

René Rusch in der Wildnis mit seinem Zelt

René Rusch

René übernachtet wenn möglich auf Campingplätzen - damit er mit jemandem reden kann. Eigentlich wollte er allein sein, wundert er sich rückblickend, dennoch sucht er den Kontakt zu Leuten. Wenn man allein unterwegs sei, habe man zwar viel Zeit zum Nachdenken, aber man dürfe sich keine Schwäche leisten. Zu zweit hingegen könne man sich immer wieder aus einem "Hänger" reißen und auch Kraft daraus schöpfen, dass man für jemanden verantwortlich ist. Aber weil die Route für Radfahrer zu ungewiss und schwierig sei, wollte er für niemanden die Verantwortung übernehmen. Und verflucht sich dafür.

Es sei ihm vorgekommen wie eine Art Prüfung, wie viel Sinnlosigkeit er ertragen könne. "Wahrscheinlich ziemlich viel", resümiert er. "Denn Sinn macht es nicht wirklich."

Känguruskelett am Straßenrand

René Rusch

Wenn er an die Landschaft denkt, sieht René ganz im Süden sanfte Hügel vor sich, die sich schlagartig in eine gewaltige rote Ebene wandeln. Tagelang sei er in dieser flachen Ebene mit roten Steinen und wenigen Sträuchern geradelt – bis er die ersten Dünen erreichte. Die sind nicht tief rot, eher orange, aber recht bewachsen.

wüste - fahrradspur im sand

René Rusch

Je länger man unterwegs sei, umso stärker ändere sich der Horizont. Anfangs sei er unerreichbar weit weg, je tiefer in der Wüste, desto unangenehm näher komme er.

In der Wüste schafft er anfangs gerade zwei Kilometer in der Stunde und er erinnert sich an die vielen Warnungen, die man ihm mit auf den Weg gegeben hat …

bild aus einem Flugzeug

René Rusch

Zwischendurch verhilft ihm eine unerwartete Bekanntschaft zu einem Rundflug

Dass die Schlüsselstelle erst am Ende der Wüste auf ihn wartete, machte ihn keineswegs nervös. Im Gegenteil, auch wenn die "Piste", also der nicht asphaltierte Weg, schwierig war und René viele Passagen schiebend durchhalten musste, war er endlich am Höhepunkt seines Reisetraumes.

Eigenartigerweise fühlte er plötzlich weder Schmerzen noch Müdigkeit, sondern verzichtete auf Pausen, aß während der Fahrt Datteln und Feigen und genoss den Flow. In diesen Glücksräuschen hat er auch gern mal laut gesungen.

René Rusch Selbstportrait

René Rusch

Während der 48 Tage langen Tour hat René fast 2.500 Fotos geschossen. Fotografieren hat er von seinem Vater, einem Fotografen, gelernt. Ein Ziel dieser Reise war es, gute Fotos mitzubringen.

buchcover von rene rusch - er aufm fahrrad in australien

René Rusch

René Rusch: Mitten durch! Australien. Roadmovie in Standbildern.Verlag Johannes Heyn 2011

Dass ihm das gelungen ist, sieht man in seinem Bildband "Mitten durch! Australien".
Dabei hat René analog fotografiert, für eine gute digitale Kamera war kein Geld mehr da. Das Problem mit analogen Filmspulen: Sie vertragen die Hitze nicht gut. In Katherine, das liegt im Northern Territory, rund 300 km südlich von Darwin, wollte er die Filme daher in einem Schließfach einsperren. Da diese aber auch nicht klimatisiert sind, hat ihm eine Bankangestellte kurzerhand angeboten, die Filme in ihrem Kühlschrank zu kühlen.

Eine von mehreren netten Bekanntschaften, die René im Laufe seiner Reise gemacht hat.

Nach gut sieben Wochen hat er sein Ziel erreicht. Das Ankommen stellt sich als große Leere heraus. Denn über lange Zeit haben ihn der Traum dieser Reise, und die damit verbundenen Sehnsüchte und Wünsche mit Energie versorgt, die fehlte dann plötzlich. Natürlich hat sich die Euphorie mit Verspätung eingestellt ...

René Rusch mit dem Fahrrad am Meer

René Rusch

René rät allen, die mitten durch Australien wollen: Nichts zu unterschätzen, sich gut vorzubereiten und sich eine Hornhaut am Hintern wachsen zu lassen. Allfällige Fragen beantwortet er gerne auf www.ruschradelt.com.

FM4 Wohin und Zurück. Geschichten von Unterwegs

René Rusch erzählt von seiner Australienreise am Dienstag, 8. Jänner in einer Stunde Homebase Spezial zwischen 21 und 22 Uhr.

Während des Gesprächs wird ausschließlich Musik aus Australien gespielt:

  • Cut Copy: Where I'm going
  • Architecture in Helsinki: Escapee
  • Julia Stone: Catastrophe!
  • Empire of the sun: Walking on a dream
  • New Navy: Regular Town
  • Xavier Rudd: Let Me Be
  • Gypsy And The Cat: Bloom
  • Cat Empire: Nothing

Buch zu gewinnen

Wir haben ein Exemplar von "Mitten durch! Australien. Roadmovie in Standbildern" zu verschenken. Wer das gewinnen will, muss drei Fragen beantworten:

  1. Wie heißt die Hauptstadt Australiens?
  2. Welcher Australier hat 2011 die Tour de France gewonnen?
  3. Wie viele Sterne sind auf der australischen Flagge?

Der Einsendeschluss ist vorbei, der Gewinner wurde benachrichtigt. Die richten Antworten waren:

  1. Canberra
  2. Cadel Evans
  3. 6 Sterne