Erstellt am: 15. 1. 2013 - 11:07 Uhr
Familienband(e)
Radio FM4
Friska Viljor spielt am 26. Jänner am FM4 Geburtstagsfest. Alle Infos dazu gibt's hier.
Selten ist die Phrase "Ins Bier heulen" in einer Bandbiografie so oft gebraucht worden wie bei Friska Viljor. Könnten Daniel Johannson und Joakim Sveningsson die Zeit zurückdrehen, sie hätten sich womöglich eine andere Story überlegt als die der zwei besten Freunde, die Mitte 2000 ihren Herzschmerz gemeinsam in Hochprozentigem ertränkten und dann Klagelieder darüber zu schreiben begannen. Allerdings: Das Konzept hat sich als durchwegs erfolgreich heraus gestellt – heute können Friska Viljor auf vier Albumveröffentlichungen und über 400 Livekonzerte zurückblicken, Platte Nummer Fünf wird rechtzeitig zum FM4 Fest erscheinen.
"Remember our name"
So wird das neue Werk heißen. Nach dem Titel der Vorgängerplatte "The beginning of the beginning of the end" könnte man hier fast einen Abschied vermuten, zudem die beiden mittlerweile Familien gegründet und damit wohl auch ihre Prioritäten etwas verlagert haben. Doch die Sorge über ein etwaiges Ende ihrer musikalischen Zusammenarbeit wischt Daniel Johannson im Skype-Interview schnell beiseite. Vielmehr diente der eigene Nachwuchs als Inspirationsquelle für die neue Platte: "Es ist eine Hommage an meine Buben. Sie sollen sich an meinen Namen erinnern. Es geht um die Angst, seinen Kindern zu früh wegzusterben, sie nicht mehr aufwachsen zu sehen. Und darum, wie man mit dieser Angst umgeht. Und nachdem Joakim auch eine Tochter bekommen hat, haben wir das Album unseren Kinder gewidmet." Während Daniel erzählt, meldet sich sein Zweitgeborener immer wieder mal lautstark. Recht hat er, schließlich geht's ja auch um ihn.
Windeln statt Bars wechseln
"Remember our name" ist eine Art Resümee, bei dem die beiden Freunde Zwischenbilanz über ihr Leben und ihre Karriere ziehen. Das Junggesellen-Kapitel ist nun jedenfalls abgeschlossen, statt Bars werden jetzt Windeln gewechselt und zwischen all den familiären Verpflichtungen musste irgendwie die Arbeit am Album reingequetscht werden. "Eigentlich hätte die Platte schon vor einem Jahr erscheinen sollen. Wir mussten immer schon gegen unsere Faulheit ankämpfen, aber jetzt ist auch noch die logistische Herausforderung dazugekommen, die man mit Kindern eben hat. Man ist nicht mehr Herr seines Zeitplans." Anstatt gemeinsam zu werkeln, haben Daniel und Joakim viel alleine zuhause getüftelt, und sich dann einmal pro Woche im Studio zum Abgleich zu getroffen. Der Kreativität hat das engere Zeitkorsett und die veränderte Arbeitsweise aber keinen Abbruch getan, im Gegenteil: Auf "Remember our name" präsentieren sich Friska Viljor abwechslungsreicher, bunter und detailverliebter denn je. "Wenn du allein bist, erlaubst du dir pedantischer zu sein und verbringst schon mal drei Stunden über einem kleinen Detail, das sonst wohl zu viel Arbeit wäre. Aber deswegen klingt die Platte auch wie sie klingt."
Christian Rockström
Friska Viljor hängen ihren erprobten Rock/Folk-Sound hier teilweise an den Nagel und gehen sehr spielerisch, ja geradezu kindlich an die Sache heran. Man könnte die Vaterfreuden dahinter vermuten, obwohl Joakim auch schon ihr früheres Oeuvre als "Kindermusik mit erwachsenen Texten" bezeichnet hat. Unbeschwert setzen die beiden jedenfalls jede Menge verschiedener Stilmittel ein und toben sich an einer breiten Instrumentenpalette aus: Eine muntere Mandoline, Banjogezupfe, Flötengedudel, Blechbläser-Geschmetter und Orgelklänge – alles da. Auch ein für Friska Viljor ungewohnter Ausreißer in die 80er Jahre findet sich auf der Platte, bezeichnender Titel: Boom Boom. "Ein altes Stück, das im Akustik-Kontext nie funktioniert hat. Also haben wir von vorne begonnen, einen elektronischen Beat gesucht und einige 80er Synths drübergelegt."
Zwei im Glück
Crying Bob Records
Auch längenmäßig haben sich Friska Viljor diesmal nicht eingeschränkt – fast alle Stücke bewegen sich im Vier-Minuten-Bereich. Eine Tatsache, die Daniel so erklärt: "Auf den früheren Platten wollten wir aus jedem Song eine Single herausarbeiten. Aber diesmal hat sich kein Lied als Single angeboten . Also haben wir uns von dem Gedanken verabschiedet und konnten die Stücke anders behandeln." Eine Single-Auskoppelung haben sie dann doch gefunden: "Bite your head off" fällt allerdings etwas aus der sonst so aufmunternden Grundstimmung der Platte heraus: "Das ist eigentlich ein Hate-Song. Eine private Geschichte. Es geht um einen Idioten, der sich unmöglich benimmt und hinter Religion versteckt".
Letztlich zeigen sich Friska Viljor aber auf dieser Platte überwiegend versöhnlich und besingen zum Beispiel im euphorischen "Until the end" das immer währende Band der wahren Liebe. Scheint, als hätten diese Herren ihr Glück gefunden – und dazu kann man nur neidlos gratulieren. Die nächste Gelegenheit bietet sich bald – am 26. Jänner beim FM4 Fest.