Erstellt am: 6. 1. 2013 - 17:57 Uhr
Filme, die die Welt dringend braucht (Teil 1)
Ein phänomenales Kinojahr ist zu Ende gegangen, alle Rückblicke sind geschrieben, Listen wurden eifrig kompiliert. 2013 verspricht filmisch aber um nichts weniger faszinierend zu werden, ganz im Gegenteil kommt Fantastisches aus allen Bereichen auf uns zu.
Grund genug, uns nach längerer Pause wieder rund um den virtuellen Kamin zu treffen und draufloszufiebern. Wir, das sind Sebastian Selig, Christoph Prenner und meine Wenigkeit, drei Filmbesessene, die aus unterschiedlichen Richtungen kommen und doch einiges gemeinsam haben. Da sitzen wir nun, sehen uns Trailer an, blättern durch Magazine, überfliegen diverse Blogs. Die Vorfreude steigt dabei ins Unermessliche, wir brennen darauf, sie mit euch zu teilen...
SEBASTIAN SELIG lebt im Kino und wurde dort 2012 von einer berauschend schönen Vielzahl cineastischer Meisterwerke beglückt.
In 2013 freut er sich besonders glühend auf:
1) „Only God Forgives“ (Nicolas Winding Refn)
2) „Paradies: Glaube“/„Paradies: Hoffnung“ (Ulrich Seidl)
3) „Spring Breakers“ (Harmony Korine)
Focus Features
Only Gosling Forgives
CHRISTIAN: Kaum ein Film in den letzten Jahren war so ein Konsenswerk wie Nicolas Winding Refns zuckerlfarbener Neo-Noir „Drive“. Nicht zuletzt, weil die geballte Gewalt und urbane Entfremdung hier nicht von einem der üblichen Kraftlackel repräsentiert wurde. Sondern vom extrem smarten Mädchen- und Buben-Liebling Ryan Gosling. Da stellt sich am Anfang unserer Rückblicksparade natürlich die Frage: Was erwartet uns von ihm heuer im Kino?
CHRISTOPH PRENNER wird sich auch 2013 wieder unersättlich im Schlaraffenland all der von Kinoleinwänden und Fernsehschirmen leuchtenden Laufbilder der Filme und Serien umtun.
Und dabei speziell Ausschau halten nach:
1) „Stoker“ (Chan-Wook Park)
2) „Anchorman: The Legend Continues“ (Adam McKay)
3) „Twelve Years A Slave“ (Steve McQueen)
CHRISTOPH: Die von vielen mit zittrigen Händen erwartete Reunion von Refn und Gosling. Es wird in „Only God Forgives“ wohl eine beträchtliche Blutspur durch Bangkok gezogen werden, wenn Ryan hier seine Kalamitäten mit einem lokalen Cop im Thai-Box-Ring regeln muss. Schließlich ist es ja auch noch gut möglich, dass er sich dafür seinen Hammer in die Jackentasche stecken wird.
SEBASTIAN: Ich erwarte mir nicht weniger, als dass er mit unseren Erwartungen bricht. Und Refn und Gosling werden hier noch einmal alle überraschen. Dass „Only God Forgives“, der aller Wahrscheinlichkeit nach im Mai in Cannes erstmals gezeigt werden wird, genau das gelingen wird, dafür spricht bereits heute einiges. Nicht nur Refns Ankündigung, „Only God Forgives“ würde ein sehr viel düsterer und brutalerer Film als „Drive“ werden, auch die ersten Bewegtbilder, in denen man Gosling nach einer Schlägerei einen seiner Gegner in die Mundhöhle greifen und ihn dann so aus dem Zimmer schleifen sah, lassen das mutmaßen.
Warner Bros
Nein, mehr noch, wie sich der Film heute bereits ganz bewusst gegenüber „Gangster Squad“ abgrenzt. Dort auf dem Plakat des Wir-nennen-es-nicht-„Untouchables“-Remakes von Ruben „Zombieland“ Fleischer sehen wir Gosling mit massivem Photoshop-Glanz rundgelutscht auf glatt und schön getrimmt. Das erste „Only God Forgives“-Kinoplakat griff das dann direkt auf und zeigt Gosling in derselben Pose und Outfit mit komplett zertrümmerter Visage. Schön. Refn selbst sieht „Only God Forgives“ ja auch als dritten Teil seiner Reihe über kaputte Heldenfiguren, die mit dem unfassbar wundervoll archaischen „Valhalla Rising“ ihren Anfang nahm. „Drive“ war da nur Zwischenstation. Ich denke und hoffe, sein dritter Film wird uns jetzt alle nochmal mit ganzer Intensität zu Boden prügeln und erwarte nicht weniger als entsprechend tief beglückt anschließend aus dem Saal zu taumeln.
CHRISTIAN: Aber da kommt noch mehr vom Goslinger, der ja wirklich unermüdlich arbeiten dürfte im Moment.
SEBASTIAN: Klar, dann wird man sein Walhalla möglicherweise auch noch als „The Place Beyond The Pines“ finden, für den Gosling für den „Blue Valentine“-Regisseur vom Auto aufs Motorrad wechselt. Hier freue ich mich besonders auch auf seinen Gegenspieler Bradley Cooper, der viele ja eben erst mit „Silver Linings“ überrascht hat und die wunderbare Eva Mendes ist dann ebenfalls noch mit dabei. Sehr schön.
Tiberius Film/Sunfilm Entertainment
Maya-Kalender revisited
Noch viel mehr Filme:
„Gravity“, R: Alfonso Cuaron
George Clooney und Sandra Bullock in schwebend schwerelosen, 20 Minuten ohne Schnitt auskommenden Kamerafahrten auf den Spuren von „2001 – Odyssee im Weltraum“ im ersten Film von Alfonso Cuaron seit „Children of Men“. (SS)
CHRISTIAN: Eigentlich sollten wir ja nicht mehr hier über kommende Filme parlieren, sondern schon in postapokalyptischen Bunkern sitzen oder als kosmischer Staub herumflirren. Aber weil auf die Mayas genauso wenig Verlass ist wie auf Lars von Trier, nehmen das Leben und das Kino weiterhin seinen Lauf. Und wir müssen uns auch 2013 mit einigen Weltuntergangsfilmen herumschlagen. Vom aufwändigsten Zombie-Spektakel ever, „World War Z“, in dem Brad Pitt sich mit Millionen von Untoten konfrontiert sieht, erwarte ich mir zumindest gigantomanische Schauwerte. Vielleicht ist der Lebende-Leichen-Overkill in diesem Film dann auch der überfällige Sargnagel für das längst inflationäre Zombiegenre.
CHRISTOPH: Da der Untoten-Wanderzirkus von „The Walking Dead“ ja mittlerweile fast Waltons-Ausmaße für sich verbuchen darf, was die Versammlungsdichte vor den US-Fernsehgeräten anbelangt, wird das Zombie-Schautorkeln im Popkultur-Mainstream so schnell wohl nicht zur Ruhe kommen. Vom sich eigentlich aus einer recht lässigen Buchvorlage nährenden „World War Z“ erwarte ich mir nicht nur wegen diverser dubioser Startterminverzögerungen wenig: der deutsche Konformkino-Grobklotz Marc Forster im Regiestuhl lässt wenig Finesse oder gar Witz vermuten.
UPI
CHRISTIAN: Stichwort Witz! Ungleich mehr fiebern wir dann doch zwei Untergangskomödien entgegen.
CHRISTOPH: Fast zehn Jahre nach „Shaun Of The Dead“, der damals schon dem bleichgespülten Subgenre charmant eine Frischfleischkur verpasste, wird sich das Brit-Comedy-Traumtrio aus Simon Pegg, Nick Frost und Edgar Wright diesen Herbst in „The World’s End“, dem dritten und letzten Teil seiner „Three Flavours Cornetto“-Trilogie, erneut mit dem drohenden Untergang der Zivilisation konfrontiert sehen – britisch standesgemäß im ausufernden Verlauf einer epischen Zechtour.
„Under The Skin“, R: Jonathan Glazer
Wie schon bei „Sexy Beast“ und „Birth“ verstört beim Ultrastilisten Jonathan Glazer ein Eindringling ein geordnetes Umfeld. Dieses Mal ist es gleich ein Alien, das auf Erden Verwirrung stiftet – wohl auch weil Ähnlichkeiten mit ScarJo nicht zu leugnen sind. (CP)
CHRISTIAN: Ich kann es nicht erwarten, Pegg und Frost endlich wieder vereint zu sehen und dann ist da noch die andere, unverzichtbare Blödel-Apokalypse, auf der anderen Seite des Atlantiks.
CHRISTOPH: Genau, in Los Angeles muss sich ebenfalls eine illustre Spaßbruder-Runde mit dem letzten Tage der Menschheit arrangieren. Unter anderem James Franco, Seth Rogen und Jonah Hill begegnen in „This Is The End“ als mitunter ins Groteske überzeichneten Versionen ihrer selbst der Apokalypse in den Hollywood Hills – freilich mit den ihnen gegebenen, rechtschaffen reschen Mitteln. Mit möglichst räudigen Kalauern über Körperteile und -flüssigkeiten also. Oder um unser aller Lieblingsgrobian Danny „Kenny Powers“ McBride zu zitieren: „James Franco didn’t suck any dick last night? Now I know you are all tripping!“
Sony
Altern mit Apatow
„Elysium“, R: Neil Bloomkamp
Arabischer Frühling auf dem Müllplatz. Bloomkamp stand nach „District 9“ hierfür nun ein revolutionär hohes Hollywood-Budget mit Starbesetzung zur Verfügung. Schön. (SS)
CHRISTIAN: Weil wir gerade bei der Apatow-Gang sind ...
CHRISTOPH: ... darf freilich auch vom neuen Werk des Rädelsführers nicht geschwiegen werden. „This Is 40“, Apatows ja eigentlich erst vierter eigener Kinofilm, ist dann auch weit erfreulicher, als es die bisweilen vernichtenden US-Kritiken vermuten lassen würden. Klar, die Laufzeit wird mit weit über zwei Stunden wieder einmal viel zu sehr ausgereizt, zugleich werden hier eben nicht nur, wie es Titel und Pitch suggerieren, akute Themen der Midlife Crisis aufgegriffen, sondern auch Geschwister-, Geschlechter- und Generationenkonflikte. Alles wie erhofft mit den prototypischen Apatow-Sauereien versetzt.
CHRISTIAN: Von allen seinen Regiearbeiten hat mich „Funny People“ am tiefsten erwischt. Den neben „Punch-Drunk Love“ für mich einzigen essentiellen Adam-Sandler-Film habe ich aus schwerwiegenden Rezensionsgründen leider als miese, abgefilmte Kopie auf einem Laptop gesehen, inklusive Publikumslachern. Und trotzdem hat er ganz tief in mir etwas berührt. Ich erhoffe mir von „This is 40“ eine ähnliche Mischung aus Weltekel, Misanthropie und einer erlösenden, aber ganz und gar nicht verlogenen Herzlichkeit. Aber Apatow als Produzent kann ja auch anders – da fördert er auch delirierende und sinnfreie Blödeleien, deren Dialoge von einem Comedy-Himmel verkünden.
Paramount
„Trance“, R: Danny Boyle
Mr. Boyle hatte neben seiner Olympia-Bombast-Show auch noch Zeit für einen neuen Film: einen Kunstraub-Thriller, der dem Zuschauer die Ganglien mal so richtig verdrehen soll. Was womöglich ja in der schönsten Entrücktheit kulminieren kann. (CP)
CHRISTOPH: Das diesbezüglich wohl alles überstrahlende Highlight dieses Jahres wird einem dann hoffentlich – so wie in den Staaten – pünktlich zum Weihnachtsfest in die Lichtspielhäuser gelegt werden. „Anchorman: The Legend Continues“ heftet sich gut eine Dekade nach dem ersten Teil, den man die wichtigste und wegweisendste Komödie dieses eh immer noch frischen Jahrtausends nennen soll, erneut auf die nicht immer sonderlich trittsicheren Fersen des weltdümmsten Nachrichtensprechers: Ron Burgundy. Mit an Bord wird neben Titan Will Ferrell auch wieder die allerfeinst bewährte Spaßguerilla rund um Christina Applegate, Paul Rudd und Steve Carell sein, mit zahlreichen Cameo-Auftritten von Hollywoods versammelter Comedy-A-Liga darf zudem gerechnet werden.
CHRISTIAN: Brick is back, oh du liebe Güte. Please stay classy, San Diego!
SEBASTIAN: „Anchorman 2“ war uns ja zuletzt als Broadway-Musical angekündigt worden und es wird wohl immer noch viel gesungen werden, was ich mir schön vorstelle. Ein Abgesang auf alte Zeiten, mit dem Bourbon-Glas in der Hand in die kalte neue 24-Stunden-Newswelt schreiten, schwanken und dabei möglichst viel Scheinwerfer umpflügen.
UPI
Weirdo-Festspiele
„Passion“, R: Brian de Palma
Das Remake als Kunstform. Brian De Palma lässt in einem beton-kalten Berlin Noomi Rapace und Rachel MacAdams verglühen. Eng ineinander verschachtelt. (SS)
CHRISTOPH: Wo wir schon bei aufregend absurdem Humor sind: Es stehen ja auch einige sogar noch gewagtere Grenzgänge zwischen spinnerter Kunst und Kinokassentauglichkeit an in dieser Spielzeit. Die Player sind dabei sehr gut miteinander verbandelt – und haben sich wohl nicht wenig auch gegenseitig beeinflusst. Den Ankick macht hier wohl der durch Vater und Schwester sowieso schon gut vernetzte Roman Coppola mit seiner Charlie-Sheen-Rehabilitations-Veranstaltung „A Glimpse Inside the Mind of Charles Swan III“, die mir von bereits bestens Eingeweihten als „Wes Anderson mit mehr Machismo“ angepriesen wurde.
Michel Gondry
CHRISTIAN: Yes! Natürlich könnte man das auch als angestrengtes Hipsterspäßchen abtun, inklusive Imageausbeutung des Herrn Sheen. Aber Roman Coppola ist ein Guter, wie seine Regieassistenz bei einigen magischen Werken von Papa, Schwester und eben Wes Anderson beweist. Begierig bin ich auch auf die Rückkehr zweier Kumpel von Coppola Jr. Der unglaubliche Spike Jonze rollt in „Her“ die Geschichte eines Autors auf, der sich in seinen Computer verliebt. Beziehungsweise in sein „newly-purchased operating system“, wir sprechen hier von einer Sci-Fi-Romanze. Die Besetzung macht den Mund besonders wässrig: Neben Joaquin Phoenix hat Maestro Jonze auch Rooney Mara, Samantha Morton, Olivia Wilde und Amy Adams versammelt.
Der seelenverwandte Pariser Michel Gondry kehrt nach dem Big-Budget-Flop „The Green Hornet“ auch zur Indie-Weirdness zurück. Und nach Frankreich. In „L'écume des jours“ folgen Audrey Tautou und Romain Duris einer Vorlage von Boris Vian: Eine Frau wird von einer seltenen Krankheit heimgesucht, bei der eine Blume in ihrer Lunge zu wachsen beginnt.
„Side Effects“, R: Steven Soderbergh
Sind die wunderschön flirrenden Farbfilter in Soderberghs Kino letztlich die Folge eines ungehemmten Tablettenkonsums? Ende April wissen wir mehr. (SS)
CHRISTOPH: Uff, das klingt nach einem Triple Feature, das man sich besser nicht auf den falschen Substanzen geben sollte.
American Zoetrope
Brachialbombastische Schönheiten
CHRISTIAN: Spätestens an dieser Stelle müssen wir uns auch fragen: Was macht eigentlich das Blockbusterkino? Welche Flagschiffe schickt Hollywood heuer in die Schlacht um den Kinosommer?
CHRISTOPH: Es gestaltet sich für mich ja von Jahr zu Jahr schwieriger, in der Fülle von kalkulierten Konzept-Blockbustern – Remakes, Sequels, Prequels, Reboots bis einem die Augen brennen – noch entfernt spannende Ansätze ausfindig zu machen.
CHRISTIAN: Ich prophezeie für meinen Teil: „Iron Man 3“ wird auch im erneuten Anlauf hauptsächlich vom göttlichen Charisma des Robert Downey Jr. leben, was mir ja auch fast schon reicht. „Die Tribute von Panem“ gehen auch in eine neue Runde, ich hoffe sehr, dass „The Hunger Games: Catching Fire“ die für mich unerwartete emotionale Wucht dieses Teenie-Action-Hybrids nicht verliert.
SEBASTIAN: Nach all den egomanen Höhenflügen der ersten beiden „Iron Man“-Filme verspricht ja nun kein geringerer als Shane „Kiss Kiss Bang Bang“ Black den Blechhelden jetzt tatsächlich einmal bluten zu lassen, und auch die Romanvorlage zu den zweiten „Hunger Games“ soll sich ja nochmal ziemlich theatralisch zuspitzen, ehe dann im dritten und letzten Teil die Heldin tief vernarbt und unter massivem Drogeneinfluss durch einen finalen Rachefeldzug taumelt. Vorfreude Deluxe.
Warner Bros
CHRISTOPH: Abseits der Sequelmania gibt es eine schöne stahlgraublau schimmernde Ausnahme: „Pacific Rim“. Irgendjemand sehr visionärer (und/oder leichtsinniger) hat nämlich dem mexikanischen Fantasten Guillermo Del Toro gut und gerne 200 Millionen Dollar in die Hand gedrückt, auf dass dieser den größten andenkbaren Bubentraum umsetze: Kaiju-Kreaturen aus dem Meer! Im Kampf mit gigantischen mechatronischen Monstern aus Menschenhand! In 3D!
CHRISTIAN: Als jemand, der das Godzilla-Logo stolz in die Haut tätowiert hat, treibt mir das wirklich die (Vor-)Freudentränen in die Augen!
„Mud“, R: Jeff Nichols
Das neue Vehikel des „Take Shelter“-Machers. „Ein Teil „Nacht des Jägers“, zwei Teile ‚Huckleberry Finn‘“ verspricht das Branchenblatt „Variety“. Wir wälzen uns jetzt schon unruhig schlafend im Schlamm. (CP)
CHRISTOPH: Dazu kommt noch der Pep Talk der Serien-Raubeine Charlie Hannum („Sons Of Anarchy“) und Idris Elba („The Wire“). Das alles knallt einem schon im Trailer so richtig schonungslos die Sicherungen raus – und lässt sehr nachträglich alles ganz erbärmlich aussehen, was bislang Michael Bay (unter Transformern) und Roland Emmerich (unter Godzilla) sich vorzustellen befähigt waren.
SEBASTIAN: Die von euch beschriebene göttliche Erschütterung stellt sich bei mir ein, wenn ich mir die ersten Bewegtbilder des „Man of Steel“ ansehe. All dieses unaufgeregt in sich ruhende, gleichzeitig hemmungslos pathetisch nach dem ganz großen Ganzen Greifende, was diese Göttersaga hier einem bereits verspricht, was Zack Snyder hier zusammen mit Christopher Nolan für eine Kathedrale von einem Film errichtet zu haben scheint, haut mich schon jetzt um. Während dann in „Star Trek: Into Darkness“ offenbar noch einmal sämtlicher Teamgeist beschworen wird. Hat doch kein geringerer als Benedict „Sherlock“ Cumberbatch (wo spielt der momentan eigentlich einmal nicht mit?) London in Trümmer zerlegt.
Warner Bros
Terror-Neuaufgüsse
SEBASTIAN: Im ungemütlichen amerikanischen Horror-Kino trägt man wohl auch 2013 immer noch schwer an der Aufbereitung der eigenen Vergangenheit. Mit „Carrie“ wie auch dem „Evil Dead“-Remake stehen hier allerdings zwei durchaus ambitioniert wirkende Neuaufgüsse ins Haus. „Carrie“ hat sich ja vielversprechenderweise die Regisseurin Kimberly „Boys Don’t Cry“ Peirce angenommen und auch beim erneuten „Tanz der Teufel“ gibt es jetzt keinen tapferen Ash (Bruce Campbell) mehr, sondern ein kaum weniger tapferes Final Girl (Jane Levy). Der Tanz verspricht im Vorfeld beinharte Kost, muss hier aber auch nochmal doppelt tapfer sein, wurde das Spielfeld von der „The Cabin in the Woods“ doch bereits bis ins Mark ironisch durchsetzt.
CHRISTIAN: Ich bin auch sehr optimistisch bei diesen beiden Filmen. Was ich angesichts von „Texas Chainsaw 3D“ ebensowenig behaupten kann wie von all den Exorzismus-Spektakeln und paranormalen Aktivitäten, die auch auf uns Horrorfans herabprasseln werden.
Rock Films
SEBASTIAN: Wie immer lohnt es da dann erst recht den Blick nach Europa zu werfen, wo das Horror-Genre ja sein neues Zuhause gefunden zu haben scheint. Besonders freue ich mich da auf den neuen Film von Ben Wheatley, der sich mit „Kill List“ und zuletzt auch „Sightseers“ gerade erst im letzten Jahr wieder als absoluter Hoffnungsträger für ein aufregendes, neues Kino empfohlen hat. Sein „A Field in England“ wird uns als psychedelische Aufbereitung des britischen Bürgerkriegs im England des 17. Jahrhunderts angekündigt. Eine Truppe Deserteure versucht unter dem Einfluss bewusstseinserweiternder Pilze zusammen mit einem Alchemisten in einem blutdurchtränkten Schlachtfeld einen Schatz zu bergen. Wundervoll.
CHRISTOPH: Oh ja, der unvergleichliche Mr. Wheatley, einer der besonders hell leuchtenden neuen Sterne am Regie-Himmel. Eine kaum in Worte zu bringende Beglückung, die von seinen mit kaum einem Budget in kaum einer Zeit scheinbar mühelos im Jahrestakt abgedrehten, nachgerade unverantwortlich gewitzten Genrekino-Bastarden ausgeht. Ziemlich ungeduldiges Ausharren auch hier in Sachen „A Field in England“. Ziemlich beste Freude.
Sony
Koreanisch-amerikanische Freundschaft
CHRISTIAN: Die großen Revolutionen im Horrorsektor kamen ja eine Zeit lang allesamt aus dem asiatischen Raum, da ist es, nach all den Invasionen langhaariger kleiner Geistermädchen, etwas ruhiger geworden. Dafür hat sich einer der radikalsten Genre-Innovatoren, der Koreaner Chan-Wook Park, jetzt für eine Gänsehaut-Kollaboration nach Hollywood begeben.
CHRISTOPH: Der erste Trailer zu ebenjenem „Stoker“ hat sich mir dann auch gleich nach dem ersten Durchlauf irreversibel ins Unterbewusste geschraubt. Ob das vom „Prison Break“-Hauptdarsteller verfasste Drehbuch nun Hitchcocks „Im Schatten des Zweifels“ channelt oder nicht, spielt ob des darin angeteasten, erfrischend erbarmungslosen Southern-Gothic-Family-Grusels schneller keine Rolle mehr, als einem die fabulöse Mia Wasikowska einen Bleistift blutig in der Hand versenken könnte. Das in Pracht und Panik eingelegte Porzellangesicht der Kidman! Das Spinnengezabbel am Schuh! Das Grauen im Garten!
CHRISTIAN: Ich muss dir recht geben, der Trailer hat etwas Anbetungswürdiges...
Centfox
CHRISTOPH: Man muss sich schon anhand dieser ersten zwei Minuten Filmmaterials keine Sorgen mehr machen, dass Chan-Wook Park seine ohne Gleichen auf Subtilverstörung eingegestellte Klaviatur des Schreckens im US-Studiosystem nicht mehr gestimmt gekriegt haben könnte: Sie hämmert jetzt sogar noch unbarmherziger.
SEBASTIAN: Kidman steht Schwarz. Wie Porzellan, kalt erstarrt sie hier bereits in den ersten Bildern einem entgegenleuchtet, hat auch sogleich meinen Herzschlag beschleunigt.
CHRISTOPH: Dass die längst überfällige Aussöhnung Hollywoods mit dem koreanischen Kino, das man schon recht unanfechtbar als eines der spannendsten und wildesten der Nuller Jahre benennen darf, im Jahr 2013 mit allem erwünschten Nachdruck passieren wird, gewährleisten nicht nur Chan-Wook Parks „Stoker“ sowie das kommende Remake seines solitären Meisterwerks „Oldboy“, das man bei Spike Lee in guten Händen weiß. Sondern auch die US-Einstände zweier weiterer südkoreanischer Spitzenkräfte: Jee-Woon Kim („A Bittersweet Life“) holt noch im Jänner im Neo-Western „The Last Stand“ das österreichische Nationalheiligtum Arnie aus seiner Schauspielpension und Joon-Ho Bong („The Host“) schickt in „Snowpiercer“ unter anderem Chris Evans und Tilda Swinton als letzte Überlebende der Apokalypse (schon wieder!) in einem Zug über den eiserstarrten Planeten.
Und, hey: Wenn Ende 2013 dann endlich kein PSY mehr aus Samsung-Handys gewuppert kommt, dürften dies die Namen sein, die in den grellsten Leuchtstiftfarben aus dem Koreakulturkanon rausleuchten werden.
Centfox
To be continued...