Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Always punch the hawk!"

Robert Glashüttner

Videospielkultur, digital geprägte Lebenswelten.

5. 1. 2013 - 19:59

Always punch the hawk!

Ein neuaufgelegter Karate-Klassiker, retrofuturistische Flipper, pixelige Herausforderungen und viele kleine Autos.

Jordan Mechner

Jordan Mechner

Jordan Mechner ist ohne Zweifel mein Lieblings-Game-Designer. Sein "Prince of Persia" war 1989 eines der ersten Spiele, die mich so in ihren Bann gezogen haben, dass mir unterbewusst bald klar wurde, dass Games mehr sind als bloße Geschicklichkeitstests und oberflächliche Party-Unterhaltung. Im Idealfall treffen in ihnen Abenteuer, Erzählung, Spannung und Herausforderung gleichwertig aufeinander.

Mechner hatte das Glück, weitsichtige Eltern zu haben, die ihn bereits als Teenager Anfang der 80er in seinen ungewöhnlichen Aktivitäten unterstützt haben. Schon damals war er begeistert von flüssigen Animationen und einem außergewöhnlichen audiovisuellen Gesamterlebnis. Mit Computerspielen war das damals nur sehr schwer möglich, doch Jordan Mechner hatte trotzdem Wege gefunden.

Karateka (iOS)

Ein Bildschirmfoto aus dem originalen "Karateka": der unbekannte Karate-Kämpfer steht seinem ersten Feind gegenüber. Dahinter ein blauer Himmel und ein schneebedeckter Berg.

Jordan Mechner

"Karateka" (1984) war Mechners Erstlingswerk, das - wie später auch "Prince of Persia" - die Rotorskopie-Technik (Bewegungen abfilmen und danach einzeln am Computer nachzeichnen) einsetzte. 30 Jahre später ist nun das Remake erschienen, das mit Jordan Mechner als Projektleiter und einem kleinen Team aufwändig mit heutigen technischen Mitteln nachempfunden wurde. Prinzessin Mariko wird in einem Fort am Berg gefangen gehalten, und retten kann sie nur der unbekannte Held. Im Original läuft unsere Figur von links nach rechts, und wenn wir auf einen Kontrahenten treffen, wird gekämpft. Im Remake ist natürlich nichts mehr flach und gepixelt, sondern bunt und in 3D. Das Spielprinzip ist gleich geblieben: man muss zum richtigen Zeitpunkt angreifen und Angriffe des Gegners blocken.

Unsere Energieleiste besteht aus circa 15 Dreiecken, und je öfter wir getroffen werden, desto mehr schwindet unsere Dreiecksleiste. Werden wir irgendwann besiegt, ist nicht Game Over wie im originalen "Karateka", sondern wir bekommen eine neue Spielfigur. Stirbt die auch mal, bekommen wir noch eine dritte Chance. Wirklich gewonnen hat man aber natürlich nur, wenn man Prinzessin Mariko mit dem ersten Helden, der sogenannten "wahren Liebe" rettet. Das neue "Karateka" sieht schick aus, spielt sich intuitiv und motiviert von der ersten Minute an. Das Spiel ist zwar schnell durchgespielt, wer aber mit der "wahren Liebe" gewinnen möchte, braucht gute Konzentration und durchgehend perfektes Timing. Fan-Tipp: In Jordan Mechners YouTube-Kanal gibt es eine vierteilige Mini-Doku über die Entstehung von "Karateka" damals und heute.

Revenge of the Rob-O-Bot (Android, iOS)

Flipper-Fans und Gamer sind nie so richtig gute Freunde geworden, weil die einen quasi schuld sind, dass aus den anderen eine Nische wurde. Und umgekehrt glauben viele Gamer, dass Flippern langweilig ist. Lustigerweise haben Flipper in den letzten Jahren ein großes Comeback gefeiert, allerdings nicht mit physischen Maschinen, sondern - genau - als Videospiele. Vielleicht wird also doch alles gut zwischen Pinheads und Gamern. Zumindest auf Smartphones und Tablets, denn dort wird derzeit am meisten geflippert.

Mehr Text zu alten und neuen Flippern in "Return of the Silverball".

Neue Flipper-Computerspiele haben es aber nicht leicht. In den letzten Jahren haben sich zwei Entwicklerfirmen - ZEN Studios und FarSight Studios - den Markt quasi aufgeteilt und liefern sowohl inhaltlich als auch technisch höchste Qualität ab. Umso verblüffender, dass "Revenge of the Rob-O-Bot", also ein Quereinsteiger, auf diesem Niveau mithalten kann. Das Spiel fühlt sich an, als würde man wirklich auf einer echten Flippermaschine spielen. Es wirkt massiv und druckvoll und ist - wie von Flippern gewohnt - laut und bunt.

"Revenge of the Rob-O-Bot" orientiert sich an den alten elektromechanischen Flippern, die bis Mitte der 70er Jahre produziert worden sind. Gleichzeitig hat der Tisch zeitgenössische Elemente wie die Missionen, die man erledigen muss. Weil sich alles um einen retro-futuristischen Macho-Roboter dreht, hat jede Aufgabe etwas damit zu tun, ihn und seine Schergen am Angriff auf den Planeten Femtopia zu hindern. Der Flipper-Geheimtipp vom schwedischen Design-Studio Color Monkey hat derzeit zwar nur einen Tisch - der hat sich dafür gewaschen.

Endless Road (iOS)

Strahlende Sonne, trockene Straßen und ein stressfreies Cruisen durch die Landschaft - im Winter? Nichts da. Genau hier grätschen Videospiele rein, denn die sind bekanntermaßen gut darin, eine Weile lang unsere diversen Sehnsüchte zu erfüllen. Bei "Endless Road" muss man nicht mal wirklich fahren, es ist vielmehr eine Art Slotcar-Rennen als App. Es gibt keine Kurven, keine Kreuzungen, keine Komplikationen. Wenn da nicht die vielen anderen Autos wären, die uns ständig im Weg sind. Ebenso wie die Pfeile am Boden, die uns wahlweise beschleunigen oder bremsen.

"Endless Road" ist das perfekte Spiel für stilsichere Designer und Grafikerinnen. Die Welt besteht aus viel Weiß und klaren Linien; allgemein sieht es aus wie eine sich bewegende, interaktive Infografik. Alles, was wir tun können, ist: die Spur wechseln. Drei Spuren gibt es, und wenn wir den Spießrutenlauf zwischen anderen Autos und Bremspfeilen nicht gut genug meistern, fressen uns die Hunde - denn hinter uns bricht die Straße zusammen. Weil die Hindernisse immer mehr oder weniger zufällig platziert werden, ist "Endless Road" nicht immer ganz fair - das macht aber nichts, denn jede Runde dauert meist nicht länger als ein paar Minuten, ist je nach eigener Spielweise wahlweise entspannend oder herausfordernd und einfach schön anzusehen.

Pixel Defenders Puzzle (iOS)

Was wurde eigentlich aus Sudoku? Wirklich viel hört man nicht mehr davon, ebenso wie auf Smartphones und Computern die ewigen Match-3-Puzzles in den letzten Monaten weniger geworden sind. "Bejeweled" und Co. haben sich irgendwie totgelaufen. Ein Trick, um das Gepuzzle wieder populär zu machen: das Prinzip weiterentwickeln, mit anderen Spielegattungen paaren und etwa Abenteuer- oder Rollenspielelemente einbauen.

Genau diese Mischung trifft auf "Pixel Defenders Puzzle" zu. Unser Spielbrett ist gar nicht groß, es besteht nur aus 6x6 Feldern, ebenso wie beim Vorjahres-Hit "Triple Town". Auch die Spielregeln wurden von dort übernommen: Aus unterschiedlichen Farbblöcken bilden wir unsere Kampffiguren, beispielsweise ergeben drei blaue Blöcke nebeneinander einen Zauberer, drei Zauberer wiederum werden zu einem mächtigen Magier und so weiter.

Während wir unsere Truppe zusammenpuzzeln, nähern sich vom oberen Bildschirmrand die Gegner. Sie wollen nur eines: unsere Heldenfigur, die ziemlich ratlos am Spielbrett herumwandert, töten. Man kann sich das ein bisschen vorstellen wie den König beim Schach: Wir müssen mit unseren Kampffiguren alles tun, um seinen Tod zu verhindern. Sowohl wir als auch die gegnerischen Einheiten können nicht ständig angreifen, sondern man muss vorher Action-Punkte sammeln - die Strategie sollte also gut geplant sein. Die Retro-Präsentation von "Pixel Defenders Puzzle" erinnert an alte Super-Nintendo-Tage, mit schick gepixelten Spielfiguren. Da gibt es Warlords, Ninjas, Vampire oder gar Ritter, die Luftangriffe auslösen.

Meganoid 2 (Android, iOS)

FM4 Touch & Play:

Besprechungen zu aktuellen Smartphone- und Tablet-Games gibt es immer wieder in der FM4 Morning Show und auf fm4.ORF.at.

Es bleibt pixelig, wird aber herausfordernder. Weil sich viele nach den Tagen zurücksehen, als Computerspiele noch technisch einfach, aber spielerisch höllisch schwer waren, gibt es in den App-Stores dieser Welt Abhilfe. Eine dieser bockigen Herausforderungen ist das frisch erschienene "Meganoid 2". Das Wort "HARD" ist in diesem Spiel ein sehr treffendes Akronym für "Highly Addictive, Really Deadly". Wir laufen als etwas untersetzter Indiana-Jones-Verschnitt durch pixelige Retro-Höhlen und können laufen, springen und doppelspringen.

Die Levels bei "Meganoid 2" sind ganz kurz, die meisten von ihnen müssen in unter 20 Sekunden geschafft sein. Würde das auf Anhieb klappen, wäre das Spiel innerhalb von einer Viertelstunde durchgespielt. Die harte Realität sieht aber so aus, dass man ständig von Bodenstacheln, tödlichen Pfeilen, die aus Steinfiguren schießen oder giftigen Schlangen getötet wird. Macht nichts, eine Sekunde später sind wir wiederbelebt und es geht weiter. Geduld und Konzentration sind natürlich wichtig, wirklich frustrierend ist "Meganoid 2" aber nicht - dafür geht alles zu schnell, und zum Ärgern bleibt einfach keine Zeit. Der ideale Kick für die 10-Minuten-Pause zwischendurch.

Mini Motor Racing (iOS)

Manche Videospiele werden auch von Menschen, die seit Jahren keinen Game-Controller mehr angegriffen haben, in Gedanken immer noch hochgehalten. Zwei davon sind Autorennen, die man zu zweit am Computer oder zu viert auf der Konsole spielt: "Super Mario Kart" und "Micro Machines". "Micro Machines" war auch deshalb super, weil die Miniautos nicht über schnöde Straßen, sondern über Tische und Kellerböden gerast sind.

"Mini Motor Racing" will jetzt dieses Spielerlebnis in die Jetztzeit zurück holen. Die Entwickler wissen: Wenn kleine Spielzeugautos zum Leben erwachen, geben die oft mehr Gas als ihre bierernsten Kollegen auf den wirklichen Straßen. Auch driften können sie wie die Großen, und das ist bei "Mini Motor Racing" besonders wichtig. Wir drehen mit unserem linken Daumen ein virtuelles Lenkrad. Das funktioniert wundbarbar präzise - eine zu hektische Bewegung macht den Unterschied, ob unser Miniauto durch die Gegend schleudert anstatt geschickt in die Kurve zu driften. Mit der rechten Hand können wir einen Nitro zünden - das macht natürlich nur Sinn, wenn es eine Weile mal nur geradeaus geht. "Mini Motor Racing" lässt sich im Karrieremodus gegen computergesteuerte Gegner spielen, aber - ganz wie bei "Micro Machines" - auch im Mehrspielermodus, wahlweise online oder lokal über WLAN und Bluetooth.

Skee Ball 2 (iOS)

Was konnte man vor 100 Jahren in der Spielhalle spielen? Elektronische Spiele bestimmt nicht, wohl aber Skee Ball. Skee Ball gibt es seit dem Jahr 1909, und es ist ein recht einfaches Geschicklichkeitsspiel. Die Schönheit von Skee Ball liegt in der Ruhe und im Minimalismus. Man rollt, wie beim Kegeln, eine Kugel auf eine Bahn. Am Ende der Bahn werden aber keine Figuren umgeworfen, sondern die Kugel rollt auf eine nach oben geneigte Rampe. Dort kann man dann - je nach Geschick - unterschiedliche Löcher treffen. Je kleiner das Loch, desto schwieriger zu treffen, aber umso höher die Punkte. In diesen Tagen spielt man Skee Ball immer noch in Spielhallen, aber wo in Österreich oder Umgebung gibt es denn sowas?

Mehr Empfehlungen zu mobilen Videospielen?

Weiterlesen bei Touch & Play: Rewind 2012!

Es müssen also unsere Smartphones und Tablets her. Hier funktioniert Skee Ball genau gleich: Nur rollen wir nicht, sondern wischen mit einem Finger forsch von unten nach oben. Je stärker der Wisch, desto schneller der Ball. Während er rollt, können wir das Gerät neigen, um Drall und Winkel zu optimieren. "Skee Ball 2" fühlt sich verblüffend echt an. Das Spiel ist simpel, aber die Ballphysik ist gut genug, dass man nicht nach zwei Runden aufhört, sondern dann erst so richtig loslegt. Wer ehrgeizig ist, kann um kleine Geldbeträge Zusatzfeatures wie doppelte Punkteanzahl oder drei Kugeln auf einmal kaufen. Online spielen kann man natürlich auch. "Skee Ball 2" ist die beste Methode zum Runterkommen nach stundenlangem Stress - es hat fast schon etwas Zen-artiges.