Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Hinter meiner, vorder meiner, links, rechts güts nix"

Elisabeth Scharang

Geschichten über besondere Menschen und Gedankenschrott, der für Freunde bestimmt ist.

24. 12. 2012 - 10:01

Hinter meiner, vorder meiner, links, rechts güts nix

Ein Doppelzimmer spezial mit dem Maler und Musiker Arik Brauer, der - fit wie ein Turnschuh - mit uns durch sein sehr bewegtes 83-jähriges Leben trampt. Für eine Woche zum Nachhören.

Man trägt das Leben im Gesicht

Arik Brauer ist zu Gast in einem FM4 Doppelzimmer spezial am 25. Dezember ab 13 Uhr

Ich glaube, dass man Menschen schon in ganz jungem Alter ansieht, ob sie später einmal gute Alte sein werden; anders gesagt: Man trägt sein Leben im Körper und im Gesicht. Wir sind ein großer Speicher an gesagten Worten, gebunkerten Emotionen, an Gelebtem und Getanem. Am Ende ist man das Produkt seiner Entscheidungen, die man getroffen oder nicht getroffen hat.

arik brauer mit elisabeth scharang

pamela russmann

Arik Brauer hat als Bub seinen Vater verloren; die Nazis haben ihn ermordet. Als der Zweite Weltkrieg vorbei war, ist Arik Brauer schnurstracks an die Akademie der bildenden Künste in Wien gegangen, um Malerei zu studieren. Er hat keine Stunde zurückgeschaut, er hat sich für das Leben entschieden. Und das steht dem heute 83-jährigen Maler ins Gesicht geschrieben. Ich bin nicht nur beeindruckt, mit welchem Tempo der Mann vor mir die Treppe zu seinem Museum hinunterläuft, sondern es sind sein Lachen und seine Art, über sein Leben zu erzählen, die lange in meinen Kopf nachhallen.

Mit dem Fahrrad nach Paris

Wir radeln nach Paris, wir reisen nach Israel und wir kommen mit einer Ehefrau und einer Karriere als Maler zurück. Seine Frau Naomi hat Arik Brauer in den 50er Jahren in Israel kennen gelernt. „Ich hatte meiner Frau nichts zu bieten außer der Unsicherheit eines Künstlerlebens. Sie hat für mich ihren Beruf und ihre Familie in Israel verlassen und wir haben in Paris mit wenig Geld ein gemeinsames Leben begonnen. Wir sind mit jüdischen Liedern in Lokalen aufgetreten und schließlich ist unsere erste Tochter auf die Welt gekommen."

arika brauer und elisabeth scharang

pamela russmann

In Paris hat Arik Brauers Karriere als Maler begonnen. Dort war für alle Platz – auch für den nicht-konformen Figurativen Brauer. Mit den Kollegen Fuchs, Hausner, Hutter und Lehmden schließt sich Arik Brauer während des Studiums an der Akademie zu der „Wiener Schule des Phantastischen Realismus“ zusammen. Während nach 1945 die abstrakte Malerei sowohl als künstlerisches als auch ein politisches Statement gegen den Faschismus galt, warf man Brauers figurative Malerei reaktionäre Züge vor.

„Wäre ich nicht Jude gewesen, hätte man mir sicher auch Antisemitismus vorgeworfen“, lacht Arik Brauer. „Ich konnte die Faszination der abstrakten Malerei schon verstehen, aber für mich war das nichts und dabei bin ich bis heute geblieben. Paris war damals schon Zentrum der Kunstwelt und daher offen für alle. Jeder hat dort seinen Platz gefunden und auch sein Klientel. Nach relativ kurzer Zeit konnte ich mir mit meinen Bildern einen Namen machen. Und es ist bis heute nicht abgerissen, dass ich von meinem Bildern gut leben kann.“

Arik Brauer macht eine ausschweifende Handbewegung. Im Keller seiner alten, schönen Villa im 18. Bezirk in Wien hat sich Brauer ein Privatmuseum eingerichtet. Nach Voranmeldung kann man sich dort seine fantasievollen, überbordenden Bilder und seine Skulpturen anschauen.

Der Vater des Austropop

Wir kommen auf die Neuauflage von Brauers Songs auf der CD "Arik Brauer" zu sprechen, die den Maler in den Anfang der 70iger Jahre plötzlich zum Austropopper der ersten Stunde machten. "Die Texte waren das entscheidende. Dass daraus dann Lieder geworden sind, die die Leut' auf der Straße mitg'sungen haben, hat mich selber überrascht.
Zwei goldenen Schallplatten waren plötzlich da und eine Konzerttour geplant. Dann habe ich die Bremse gezogen. Ich wollte bei meinen drei Kindern sein, sie aufwachsen sehen. Ich war damals schon über 40. Und ich hatte ja meinen Beruf und meine Leidenschaft: die Malerei. Also gab's keine Tour und die Plattenfirma war sauer." Die Lieder sind geblieben. "Sie hab'n a Haus baut", das hat nahezu Volksliedgutcharakter.

arik brauer mit elisabeth scharang

pamela russmann

Nach zwei Stunden ist mir kalt. Die Heizanlage im Kellermuseum spinnt. Und ich habe unvorsichtigerweise meine Lederjacke an Herrn Brauer verborgt, der bereits zu Beginn unseres Gesprächs gefröstelt hat. Sie stand ihm übrigens gut.

Alles weitere von dieser schönen Begegnung mit einem Menschen, der keine Angst vor Kitsch hat und der mitten in seinem 83. Lebensjahr mit beiden Händen nimmt, was kommt, hört ihr in einem Doppelzimmer spezial am 25. Dezember.

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