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Todor Ovtcharov

Der Low-Life Experte

19. 12. 2012 - 13:59

Letzte Kolumne vorm Weltuntergang

Ich fahre nach Sofia. Möglicherweise, weil man dort im Fall eines Weltuntergangs noch relativ fein raus ist.

Vor einiger Zeit kam meine damalige Freundin Vyara sehr aufgeregt zu mir: "2012... die Maya... Dezember... Weltuntergang." "Warte mal, welche Maja?", fragte ich. Ich konnte mich an keine Maja erinnern, die meine Beziehung in Gefahr bringen könnte.

Nachdem sich Vyara beruhigt hatte, erzählte sie mir, dass die Lehrerin, bei der sie Deutsch lernt, vom Weltuntergang besessen ist. Sie habe die ganze Zeit vom Mayakalender geredet, auf Deutsch und auf Bulgarisch. "Dann lern Deutsch und dann kannst du den Mayakalender auch verstehen", versuchte ich zu scherzen. "Wozu Deutsch, wenn die Welt bald zu Grunde gehen wird?"

Sofia

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Sofia.

Vyara war sehr besorgt. Sie saß zusammen mit Frau Petkova in ihrer kleinen Wohnung in einem Plattenbausarg und statt Verben zu konjugieren und die wunderbare Welt des Konjuktivs zu erforschen, bereitete sie sich fürs Armageddon vor. Frau Petkova war auf alle möglichen Varianten vorbereitet. Für den Fall, dass eine neue Eiszeit die Welt beherrschen sollte, hatte Frau Petkova ihr ganzes Badezimmer mit Hackholz gefühlt. Sie hatte außerdem eine scharfe Axt und einen detaillierten Plan zum Fällen der Bäume im gegenüberliegenden Park. Sie besaß außerdem ein aufblasbares Gummiboot, um sich vor einer eventuellen Sintflut zu retten.

Meine Freundin bekam genaue Anweisungen, wie sie das Boot ausklappen und aufblasen sollte. Frau Petkova war ganz sicher, dass sie für die Rolle des neuen Noj bestimmt ist. Leider konnte sie in ihre "Arche" als einziges Tier lediglich ihre dicke persische Katze mitnehmen. Ich habe Vyara gesagt, dass sie nächste Woche nicht zum Unterricht gehen soll. Da war die Anprobe eines ABC-Anzugs geplant, falls uns der 21. Dezember mit einem Feuerregen überraschen sollte. Ich hatte auch ein gutes Argument. Wenn Frau Petkova so vom Weltuntergang überzeugt ist, warum nimmt sie dann überhaupt noch Geld fürs Unterrichten?

bruce willis

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"Keine Sorge! Wenn Außerirdische kommen sollen, die landen immer zuerst in Amerika. Hier in Bulgarien kommen die Dinge immer mit Verspätung an. Sowohl die Guten, als auch die Schlechten." So endete unser Gespräch.

Diesen Feitag fahre ich nach Sofia. Ich fragte mich, ob ich mich nicht unbewusst in Richtung Osten bewege, um weiter weg von Amerika zu sein? Ich weiß auch nicht, wo Vyara ist. Vielleicht hat sie immer noch die Nummer von Frau Petkova, dieser postapokalyptischen Frau Robinson, und ich kann ihr Freitag werden. Ich habe schon eine Fahrkarte für den Bus. Falls doch das Ende der Welt kommt, wenn ich gerade irgendwo zwischen Novi Sad und Belgrad bin, und dies meine letzte Kolumne sein sollte, will ich noch etwas klarstellen: Ich liebe euch alle, die das lesen, hören und kommentieren: die, die mich mögen, die, die auf mich schimpfen und die, die ich absolut nicht verstehe. Falls wer die Nummer von Bruce Willis hat, dann her damit! Sonst bleibt mir nur Frau Petkova. Und wenn das Ende der Welt doch nicht kommt, dann bis zur nächsten Woche!