Erstellt am: 18. 12. 2012 - 18:39 Uhr
Beseelter Boulevardindierock
Mit sympathisch schrammelnder Gitarre und rau klingendem 1960ies-Swing eröffnen Die Eternias ihr neues Album. Im Refrain wird mehrstimmig ins Mikrofon ge-"Uhhhhh"-t, bis schließlich doch das verzerrte Rockriff durchbrechen darf.
Bei dem Wiener Quartett ging es immer schon um das wilde Hin-und-Her im Musikstil-Jungel, um das Fusionieren von scheinbar nicht zusammengehörenden Vibes, um das spielerisch-freche und witzig-absurde Hantieren mit Klischees, Erwartungshaltungen und Hörgewohnheiten. Das alles wird bei Die Eternias jedoch nicht am Reißbrett konstruiert oder folgt gar einem zwanghaften Entwicklungswillen, sondern es "passiert" ganz einfach. Aber der Rahmen, in dem sich all diese Absurditäten zu fetzigen und eingängigen Songs verdichten, an dem wird hart gearbeitet.

© Johannes Staudenbauer
Sich immer wieder neu erfinden
Den vier MusikerInnen gehen oft mehrere Lichter auf, wenn es darum geht, sich stilistisch und künstlerisch immer wieder neu zu erfinden. Das lässt sich allein schon an den Namen der Bandmitglieder erkennen, die sich bei jeder Veröffentlichung konzeptuell verändern: Da wird der Sänger Tagedieb zum Voodo Jürgens, Gitarristin Lolita de la grande catedral wird zu LaUra LaPidar, und die neuen Pseudonyme von Bassist Rocko Basserati und Schlagzeuger Ludiwig Van Swingeren sagen auch viel über die Kreativität der Band aus. Vor allem der swingende Schlagwerker, der diesmal auch am Schreiben von Songs beteiligt war, verschafft dem neuen Werk "Sould Out" durch seine umfangreichen Rhythmikvariationen eine ungeheure Genre-Vielfalt.

Die Eternias
Bei "Candy From A Stranger" wird vom swingenden Balladenflair plötzlich in zerfahrenen Noiserock gewechselt, während sich "All the Black Cats" mit verspielter Coolness durch einen Reaggaegroove schlängelt, bis mit dieser Gangart auch gebrochen wird und ein heißer Discobeat in herrlich schrägem Karnevalslärm gipfelt. Und "Deep Inside The Woods" begeistert durch zarte Vocals, flirrende Shaker und sanfte Akkordzerlegungen auf Gitarre und Bass, wobei diese vermeintlich zuckersüße Stimmung durch einen explosionsartigen Refrain immer wieder verpufft.
Die Eternias haben beim gewagten und teilweise halsbrecherischen Surfen durch die Stile hörbar Spaß und bannen dadurch die Energie, die sie bei Live-Auftritten immer wieder unter Beweis gestellt haben, auch auf Platte. Im Gegensatz zu ihrer ersten EP, bei der Sir Tralala Hand ans Mischpult angelegt hatte, wurde "Sould Out“ diesmal von Wolfgang Möstl, dem Sänger und Gitarrist der Killed By 9 Volt Batteries und Mile Me Deaf in nur drei Tagen im Studio produziert. Dementsprechend rau, herrlich räudig und trotzdem druckvoll und geschmeidig ist der Sound der Platte, der die Musik des Quartetts sehr organisch und lebendig werden lässt.
Zwischen Märchen und Tageschronik
Auch auf der lyrischen Seite wird bei Die Eternias mit Ein- und Mehrdeutigkeiten gespielt. Mancher Song wirkt wie ein humoriges Theaterstücklein, wie die Dreiecks-Liebesgeschichte zwischen "Long John, Amanda, Billie Joe", die Eröffnungsnummer hingegen thematisiert die "Eisbaronin" mit einer fantastischen Transformation ins Märchenreich. Sänger Voodo Jürgens dazu:
"Uns inspirieren immer wieder Tagesberichte und die bauen wir dann in unseren Texten wie ein Märchen auf. Nichts anderes machen ja auch die Boulevard-Zeitungen. Deshalb kommen bei uns auch immer Randgruppen und tragische Persönlichkeiten vor. Das alles ist dabei aber nicht nur tragisch, sondern auch komisch angelegt. Das heißt, wir meinen nicht immer alles bitterernst und das ist mir schon sehr wichtig, dass man das mitbekommt."

© Johannes Staudenbauer
Auch wenn der Titel des neuen Eternias Werks Sould Out, also "unbeseelt" oder wörtlich "ausgeseelt" getauft ist, trägt ihre Musik und ihr künstlerisches Konzept durchaus eine tiefere Seele in sich. Davon könnt ihr euch selbst überzeugen, wenn Die Eternias gemeinsam mit Favela Gold morgen Mittwoch 19.12. eine FM4 Soundpark Studio 2 Session aufnehmen.