Erstellt am: 16. 12. 2012 - 11:52 Uhr
Am Land wird alles gut
Schon das Cover von "Land spielen" dem Romandebüt des Schweizer Musikers, Schauspielers und Dramatikers Daniel Mezger, gibt einen Hinweis auf das, was auf den folgenden Seiten verhandelt wird. Ein Schaf ist darauf zu sehen, Gesicht und Hals voll Schnee. Selbst die Augen sind mit Schnee bedeckt. So schneeblind blickt es aus dem Cover, man muss schmunzeln. Gleich darunter allerdings, in einem schwarzen Rechteck in weißer Schrift, Autor, Titel und Inhaltsangabe des Romans, ernst, trocken, schwer. Diese Box will sagen, ich bin nicht nur lustig, ich bin auch Literatur.
Salis Verlag
Dieser seltsame Bruch der sich am Cover vollzieht, findet sich auch im Roman, ein literarisches Schwergewicht, tragisch, aber auch komisch.
Und dann tauchte plötzlich ein neues Wort auf, und statt von "Trennung" sprach man plötzlich von "Neuanfang".
Es geht um eine Familie, die ihr Leben in der Stadt aufgibt, um am Land einen Neuanfang zu wagen. Die Stadt soll schuld daran sein, dass sie sich auseinander gelebt, den Sinn verloren haben. Am Land will man wieder zusammenwachsen, eine richtige Familie werden.
Das Thema "Stadtflucht" bildet in Mezgers Roman allerdings nur das Korsett der Handlung. Gründlich und feinfühlig leuchtet Mezger die Beziehungen der Familienmitglieder untereinander aus. Aus allen Blickwinkeln dieser Familie wird auch erzählt. Es gibt keinen "Ich-Erzähler", es ist ein "Wir", das erzählt und verschiedene Positionen einnimmt. Mal sind es die Eltern, mal die Kinder, aus deren Perspektiven erzählt wird.
Ich dachte, wir kommen her, damit wir für uns sein können.
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Auf gut dreihundert Seiten schildert Mezger die ersten vier Jahre der Familie am Land. Er erzählt vom Nichtdazugehören zur ländlichen Bevölkerung, von nicht ausgelebten Affären, Schulden und schlechten Noten. Die Probleme machen sich meist die Charaktere selbst. Anstatt sich näher zu kommen, driften die einzelnen Familienmitglieder weiter auseinander. Vor allem Vater Moriz ist es, der immer wieder Instabilität in die junge Familie bringt. Er verliebt sich in die Dorflehrersfrau. Über Dialoge und subtile Beobachtungen entfaltet Mezger das Innenleben seiner Figuren. Bald wird klar, dass das Spiel zu scheitern droht.
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Schaurig komisch
Daniel Mezger kennt seine Figuren genau. Gekonnt schiebt er sie über das Spielbrett der Handlung. Die Szenen des Romans erreichen eine Plastizität, die den Leser Teil dieses Lebensentwurfs werden lässt. Witzige Dialoge und Szenen erreichen dadurch eine schaurige Tragik. Und ein Gedanke drängt sich auf: Uns könnte es genauso ergehen.