Erstellt am: 13. 12. 2012 - 17:53 Uhr
Wo niemand hinsieht
Dass einer der wichtigsten Snowboardcontests der Welt in den österreichischen Medien kaum vorkommt ist symptomatisch für die heimische Sportberichterstattung. In den Redaktionen verlässt man sich darauf, dass Sportverbände eine Pressemitteilung herausgeben, um die dann zu Copy-Pasten.
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Air&Style
World Snowboard Tour interessiert die Redaktionen nicht
Mathias Weißenbacher schafft es letztes Wochenende bis ins Superfinale des Air&Style Contest in Peking, einem von nur acht 6* Contests, der höchsten Kategorie in der World Snowboard Tour. Von den traditionellen Medien wird das weitgehend ignoriert, bis der ÖSV, der Österreichische Skiverband eine Pressemitteilung ausschickt, dass sich Weißenbacher damit für die Snowboard-Weltmeisterschaft qualifiziert hat. Mit der Snowboard-Weltmeisterschaft ist die FIS-WM in Stoneham/CAN gemeint, die im Freestyle-Bereich in punkto Prestige und Qualität des Starterfelds bei Weitem nicht an einen 6* Contest heran reicht. Um einen Vergleich aus dem Fußball zu nehmen: es wäre in etwa so, als dürfte der Champions-League-Sieger für diese Leistung auch in der Europa-League mitspielen.
Der ÖSV und die FIS sind im Wintersport die ganz großen Player (wie ich etwa hier schon mal angeführt habe) und betreiben mit ihren Aussendungen auch Sportpolitik. Viele RedakteurInnen verschließen davor aber die Augen, und übernehmen Pressemitteilungen unhinterfragt, vor allem in Zeiten knapper Ressourcen und besonders, wenn es eine Randsportart wie Snowboarden betrifft. Im Sinne der LeserInnen dürfte man auch einmal genauer hinsehen.
Air&Style-Peking abseits von Politik
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Air&Style
Beim Air&Style Peking waren letzten Samstag drei Österreicher auf der Startliste, Werni Stock, Clemens Schattschneider und Mathias Weißenbacher. Im Vorfeld wurden Werni Stock die größten Chancen unter ihnen eingeräumt, doch er verletzt sich bereits im Training schwer an der Schulter (an dieser Stelle: Gute Besserung). Statt ihm springt sich ein anderer Österreicher in den Vordergrund, Mathias "Hias" Weißenbacher.
Hias Weißenbacher ist zum ersten Mal zu einem Air&Style Contest eingeladen worden und ist beeindruckt vom gigantischen Nationalstadion in Peking, dem Vogelnest, wie er mir im Interview erzählt. Voll ist es bei Weitem nicht, nicht einmal alle TicketbesitzerInnen finden rechtzeitig ins Stadioninnere, weil die Veranstalter eine falsche Beginnzeit auf die Tickets gedruckt haben. Auch das Snowboardfachwissen fehlt den ZuschauerInnen, einfache Backflips werden mehr beklatscht als Heavy-Rotations. Der Stimmung tut das aber keinen Abbruch.
Die Besten der Besten
24 Rider treten beim Contest an, der gleich ab der ersten Runde im K.O.-System ausgetragen wird. Als ersten Gegner bekommt Hias Weißenbacher den X-Games Sieger Mark McMorris zugeteilt. "Bei der Ziehung allein schon habe ich mir gedacht - oh - da wird's gleich einmal scheitern", verrät er mir, und das passiert auch fast. Hias verliert das direkte Duell um knappe 0,5 Punkte.
Als einer von vier Lucky Losers schafft er es dann doch noch in Runde zwei, wo mit Seppe Smits, dem Big Air Weltcupsieger, aber ein ähnlich großes Kaliber wartet. "Schlimmer kann's eigentlich nicht mehr werden", denkt er sich, doch er kann Smits biegen. In Runde drei gibt es dann ein Wiedersehen mit McMorris, doch auch hier behält er die Oberhand, was im Nachhinein aber einige Diskussionen bringt. Denn McMorris zeigt wie der spätere Sieger einen Triple Cork, wird aber signifikant schlechter bewertet. Judging-Streitereien werden die Snowboard-Szene wohl immer begleiten.
Überraschung im Finale
Alle Videos vom Contest gibt es hier.
Zwei der Finalisten gehen ohne Diskussionen als Favoriten durch, Peetu Piiroinen und Ståle Sandbech sind auf den ganz großen Schanzen daheim. Mathias Weißenbacher fühlt sich eher bei Slopestyle-Contests wohl und den erst 16-jährigen Japaner Yuki Kadono hatten auch nur die wenigsten auf der Liste fürs Finale. Im allerletzten Sprung des Contest zaubert er allerdings einen Triple Cork 1440 in den Schnee und entreißt Piiroinen noch den begehrten Siegerring. Der einzige Asiate im Feld gewinnt den Air&Style in Peking.
Für Hias Weißenbacher bleibt im Superfinale nur der vierte Platz, dennoch sein bestes Resultat bei einem Contest dieser Größenordnung. Mit seiner Leistung in Peking hat er sich aber wohl auch eine Einladung zu einem weiteren Saisonhighlight ersprungen, der Originalausgabe des Air&Style in Innsbruck Anfang Februar.
Hias Weißenbachers Saison geht jetzt in den USA weiter, wo der Slopestyle-Bewerb in Copper Mountain für World Snowboardtour und FIS-Wertung zählt. Letzteres ist vor allem für die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2014 wichtig.
Skateistan
Mari Lang hat das Projekt Skatistan hier schon einmal vorgestellt.
Allen Kinogehern sei diese Woche ein ganz besonderer Film ans Herz gelegt. "Skateistan" ist jetzt nämlich regulär im Kino angelaufen. Ein australischer Sozialarbeiter beginnt Kindern in Afghanistan Skateboarden beizubringen, und versucht damit Grenzen zwischen Ethnien, Klassen und Geschlechtern niederzureißen. Sein Ziel ist es, einen Skateboardpark mit angeschlossener Schule zu bauen - Skateistan - bis dahin ist es allerdings ein weiter Weg.
Ein Filmteam hat das Projekt Skateistan begleitet und Skate Pros wie Cairo Foster, Kenny Reed oder Louisa Mencke zu den Straßenkindern nach Kabul gebracht. Die Figurenentwicklung mag nicht die große Stärke des Films sein, sein Hauptdarsteller ist aber ohnehin das Projekt an sich. "We built Ramps, not bombs!" Absolute Sehempfehlung, vorerst nur im Top-Kino Wien.