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Katharina Seidler

Raschelnde Buchseiten und ratternde Beats, von Glitzerkugeln und Laserlichtern: Geschichten aus der Discommunity.

11. 12. 2012 - 18:49

Life in Loops: Ultraísta

Eine Synth-Pop-Schneise im Soundbett aus Afrobeat und Krautrock rund um die kristallklaren Loops aus Laura Bettinsons Stimme: Ultraísta sind unser Artist of the week.

FM4 Artist Of The Week
Jede Woche neu. Heute mit Ultraísta.

Ultraísta

Ultraísta

Laura Bettinson war Zwanzig und gerade dabei, ihr Musikstudium am Londoner Goldsmiths College abzuschließen. In einem Pub im Süden der Stadt gab sie ein Konzert ihres damaligen Solo-Projekts Dimbleby & Capper, eine One-Woman-Show mit Laptop und Loopstation.

Im Publikum saßen zwei Männer, die auf der Suche nach einer Sängerin für ihre neue Band waren, nach einer Person mit guter Stimme, Kunst-Bezug, Mut zum Experiment und Liebe zu Krautrock als essentielle Grundbedingung. Dass sich aus einem ersten Gespräch nach der Show und einigen gemeinsamen Nachmittagen im Studio die Band Ultraísta entwickeln sollte, die soeben, einige Jahre nach jener Nacht im Pub und viele Flugstunden zwischen London und L.A. später, ihre erste kleine Welt-Tournee abgeschlossen hat, konnte man damals noch nicht ahnen, denn das Projekt sollte nur an die Öffentlichkeit gelangen, wenn alle Protagonisten zu hundert Prozent mit dem Ergebnis zufrieden wären.

Ultraísta

Ultraísta

Die Ansprüche daran waren jedenfalls keine niedrigen, handelte es sich bei den zwei Konzertbesuchern doch um den amerikanischen Drum-Altmeister Joey Waronker und mit Nigel Godrich um jenen Mann, der als jahrelanger Produzent geholfen hat, die Band Radiohead aus der Indie-Garage hinauf auf den avantgardistischen Pop-Olymp zu hieven. Gearbeitet hatten die beiden schon mehrmals zusammen, sei es bei der Produktion des Albums "Mutations" von Beck, für den Waronker auch davor und danach immer wieder Drums gespielt hat, bei der Arbeit an Thom Yorkes Soloalbum "The Eraser" oder im Rahmen der gemeinsamen Super-Group Atoms For Peace, die sich aus eben jenem Solo-Projekt entwickelt hat und der neben Yorke, Waronker und Godrich auch durch Flea von den Red Hot Chili Peppers Leben eingehaucht wird.

Joey Waronker, Laura Bettinson, Nigel Godrich

Ultraìsta

Joey Waronker, Laura Bettinson, Nigel Godrich

Ultraísta aber, Ultraísta ist ein reines Liebhaberprojekt. Klarer Synth-Pop sollte es sein, denn an stundenlangen Kraut-Jams sind die beiden Ultraísta-Produzenten schon lange nicht mehr interessiert. "Jamming liebe ich, wenn es kanalisiert ist und zu einer neuen Songidee führt", sagt Waronker, "aber sich auf der Bühne hemmungslos gehen zu lassen, das ist nichts mehr für mich." Die komplexen Beat-Eskapaden zwischen Afrobeat und Krautrock – ganz verschwunden sind sie natürlich nicht - brodeln bei Ultraísta knapp unter der Oberfläche; im Mittelpunkt steht Laura Bettinsons glasklare Stimme, die sich selbst loopt und begleitet und Pop-Melodien andenkt, ohne sie jemals allzu offensichtlich hervortreten zu lassen. Ultraísta-Songs gewinnen bei jedem Anhören, sie funktionieren als normale Popsongs in Radiolänge ebenso wie als komplexe Soundgebilde, hinter deren vielschichtige Soundgeheimnisse man erst beim zweiten und dritten Anhören kommt.

No Static Light

Von der Selbstverständlichkeit, mit der sich die - grob gesagt - drei Soundbestandteile Beats, Synthesizer und Stimme bei Ultraísta zu einem stimmigen Ganzen zusammenfügen, ist verblüffend, leuchtet bei näherer Betrachtung aber auch ein. "Wir vertrauen einander, wir haben Erfahrung und wir sind gut befreundet", sagt Bettinson. "Ganz ehrlich: wenn das mit dieser Band nichts geworden wäre, hätte es mich sehr überrascht." Tatsächlich ist Ultraísta, das Album, eine Platte ohne Durchhänger; sie hat Melodiesequenzen und Songzeilen, die im Kopf nachglühen und genug Ecken und Kanten, um nie in zu seichte Popwasser abzudriften.

Ultraísta

Ultraísta

Neben der Produktion kümmert sich das Trio auch selbst um Plattencover, Live-Visuals und Musikvideos. Darüber, dass die visuelle Ebene zum besseren Verständnis beim Zuhörer beiträgt, dass die Loops und Layers ihrer Musik in selbst ausgewählten Bildern ihre visuelle Entsprechung finden müssen, waren sich alle drei von Anfang an einig. Ultraísta vibriert, funkelt und leuchtet, Ultraísta hat viele Schichten, die sich erst nach und nach offenbaren, kann aber auch als für sich stehendes Bild von zehn Sekunden funktionieren. Das Konzept geht auf.