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Burstup

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7. 12. 2012 - 16:30

Rassismus in der Werbung

Was bringt Aktionismus gegen diskriminierende Stereotype?

Vor einiger Zeit gab es bereits eine ähnliche Diskussion, ausgelöst von einer Eissorte.

Ein Sonnenstudio wirbt mit "Schwarz wie ein Neger". Restaurants preisen das Desert „Mohr im Hemd“ an. In den Auslagen von Konditoreien liegt immer noch vereinzelt Schokolade der Marke "Negerbrot": Beim Österreichischen Werberat sind heuer bisher 43 Beschwerden wegen rassistischer Werbung eingegangen.

Viel Aufsehen hat im Herbst die Facebook-Gruppe "No Mohr" verursacht, als sie Logo und Markennamen des Vorarlberger Biers "Mohrenbräu" ihren Vorstellungen gemäß anpasste. Tageszeitungen und Blogs berichteten österreichweit. Nun, wo die erste Aufregung ein wenig vorbei ist, frage ich: Was bringt der Aktionismus gegen rassistische Stereotypen und Klischees?

Erfolgreiche Kritik

Für Simon Inou, einen der Initiatoren von "No Mohr", haben ähnliche Projekte in der Vergangenheit Erfolge gezeigt. So erreichte er ein Umdenken der Rieder Brauerei, die in der Supermarktkette Merkur ein Bier-Cola-Mixgetränk mit dem sinnigen Namen "Rieder Neger" vertrieb. "Neger", argumentierte die Brauerei anfangs, "sei in Österreich die traditionelle Bezeichnung für Cola-Bier-Mischungen". Heute ist die Marke vom Markt verschwunden.

Eskimowerbung

Eskimo

Im Fall des "Mohrenbräu" fühlt sich Inou doppelt beleidigt. Einerseits empfindet er das klischeehafte Bild eines Afrikaners mit seinen dicken Lippen als unangebracht. Andererseits stört ihn auch das Wort "Mohr": Historisch betrachtet stammt der ambivalente Begriff sowohl vom griechischen μαῦρος (mauros), was "schwarz, dunkel" bedeutet, als auch vom Wort μωρός (moros), was "einfältig, dumm" heißt.

Das zweitdeutige Wort wurde in der Vergangenheit für Menschen aus Mauretanien verwendet, später für alle Menschen mit dunkler Hautfarbe. Sprichwörter wie "Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan" weisen auch heute noch auf eine scheinbar niedrigere soziale Stellung von Menschen mit dunkler Hautfarbe hin. Deshalb also "No Mohr", die gemeinsame Kampagne Simon Inous und des mit ihm befreundeten Künstlers Mara Niang.

Tradition als Rechtfertigung

Markus Hämmerle, Marketingleiter von Mohrenbräu, wies die Kritik in einem Vorarlberger Lokalmedium zurück. Die Diskussion werde immer von außerhalb Vorarlbergs an ihn herangetragen. "Die Marke Mohrenbräu ist in der Region sehr stark verankert, traditionell und bodenständig. Dementsprechend findet sie hier in keinster Weise irgendeinen Anstoß." Simon Inou zitiert angesichts dieser Verteidigungsstrategie gern Gustav Mahler: "Tradition ist die Bewahrung des Feuers, nicht die Anbetung der Asche".

Claudia Schäfer von der Antirassismus-Beratungsstelle ZARA kommt die Argumentation der Mohrenbrauerei nur allzu bekannt vor. Beim Werbenden mangle es oft an der Einsicht, dass Worte und Bildsymbolik verletztend und diskriminierend sein können. "Die Hartnäckigkeit, mit der sich Wörter wie 'Mohr' so lange halten, ignoriert die Gefühlswelt jener Menschen, die davon betroffen sind".

Diskriminierende Ausdrücke halten sich lange

Aufgrund dieser Ignoranz würden sich auch umgangssprachliche Formen wie das wienerische "neger sein" so lange halten – auch sie würden begründet mit Tradition, Dialekt und Kultur. Im konkreten Beispiel fehle das Bewusstsein, dass man damit einer ganzen Gruppe von Menschen die Möglichkeit abspricht, finanziell gut gestellt sein zu können.

Auch bei ZARA gehen jedes Jahr Dutzende Beschwerden aufgrund diskriminierender Werbung und Marken ein. Trotzdem denkt Schäfer, dass das Bewusstsein dafür gestiegen ist. Aktionismus wie der von Simon Inous "No Mohr"-Kampagne helfe, sagt Claudia Schäfer. Immer wieder würden Firmen und Geschäfte nach Beschwerden ihre Werbung oder Marken modifizieren.

Veränderungen machen Mut

Auch in anderen Bereichen als dem der rassistischen Klischees sehe sie Veränderung die Mut machen: "Ich denke zum Beispiel an den 'Krüppel', der früher sehr geläufig für Menschen mit körperlicher Behinderung war. Dieser Begriff ist so gut wie ausgestorben, den habe ich schon lang, lang nicht mehr gehört. Und ich denke, dass es diese Entwicklung auch in dem Bereich, wo es um rassistische Diskriminierung geht, bald geben wird."

Mich selbst erinnern Debatten wie jene um das Mohrenbräu stets an einen meiner Grundsätze: Wenn etwas das ich sage als Beleidung empfunden wird, dann ist es auch eine Beleidigung. Das einzig Richtige, das dann zu tun bleibt ist, sich zu entschuldigen und in Zukunft anders zu kommunizieren.