Erstellt am: 3. 12. 2012 - 17:50 Uhr
Journal 2012. Nochamal: von Stronach lernen.
Wie immer in geraden Jahren erscheint das "normale" Journal 2012 spärlicher - ganz im Gegensatz zur Täglichkeit des Journal 2011.
Die Einträge erscheinen anlassbezogen. Der heutige Anlass ist neuerlich der Umgang von Frank Stronach mit Medien und der Umgang der Medien mit Frank Stronach.
Siehe dazu auch: Journal 2012. Wo Stronach richtig liegt: Frank Stronach zeigt die größte Schwäche des politischen Journalismus auf; weil er er ist, schaut aber keiner hin.
Frank Stronach ist Crocodile Dundee. Oder George of the Jungle, oder Tarzan.
Er kommt in eine ihm fremde/fremd gewordene Zivilisation, deren Sprache er nicht mehr spricht, in ein Jahrhundert, das er nicht mehr checkt, in eine Gesellschaft, deren Codes er nicht lesen kann.
Er knallt wie eine Flipperkugel durch unsere Welt, mit seinen bizarren Umgangsformen, seinem holzgeschnitzten Weltbild, seiner gusseisernen Kommunikationslosigkeit.
Man kann ihn als Witzfigur sehen; oder man kann diesen Tiefflug eines wankenden UFOs hernehmen um sich und seinen Status Quo zu überprüfen.
Denn wie Crocodile Dundee erhält er für seine archaischen, vorsintflutlichen Aktionen auch Beifall. Und wie George of the Jungle decouvriert er mit der beispiellosen Naivität seiner Aktionen auch rostige Strukturen.
Am allermeisten aus diesem längst versehentlich aus dem Stadion gelangten (und somit bereits an der Amok-Liga kratzenden) Homerun-Versuch können die von Stronach mit spezieller Verve bekämpften Medien lernen.
Die Irrläufe eines Crocodile Dundee
Das habe ich bereits im September hier deutlich angesprochen: die Sinnlosigkeit einer Gesprächskultur, die nur noch dazu dient, öffentliche Personen aufs Glatteis zu führen: die demokratiepolitische Wirkung der hämischen Empörungsspiralen; die rein formal orientierte, an höfische Riten gemahnende Auseinandersetzung jenseits jeglicher Analyse.
Das Wirken im permanenten (aber folgenlosen) Untersuchungsausschuss.
Beleg für die Zufälligkeit von Stronachs Medien-Decouvrage ist dieser neue bizarr-dreiste Ausritt.
Zwischenzeitlich hat sich aus den Furiosi des stronachschen Nicht-Kommunizieren-Könnens tatsächlich so etwas wie eine dahinterstehende Philosophie herausgeschält, die wohl eher zufällig passiert ist.
Angesichts der von Datum pfiffig begonnenen Autorisierungs-Debatte wurde der heimische Journalismus an seine Unschärfen, an seine ethisch fragwürdigen Gewohnheiten und sein Verhältnis zu den Mächtigen erinnert.
Ohne allzu viel daraus zu machen - angesichts der wirtschaftlichen Lage praktisch aller Medien (Entlassungen, KV-Kündigung, Budget-Beschränkungen etc) ist das sogar irgendwie menschlich, dass sich da kaum wer auseinandersetzen will.
Stronach outet die Medien als nutznießende Mitspieler
Nur: diese Auseinandersetzung wäre bitte nötig.
Denn das, was Stronach da in fast allen öffentlichen Auftritten an Haltung gegenüber den österreichischen Medien rauslässt, gefährdet diese noch zusätzlich. Stronach tut nämlich etwas, was sich öffentliche Personen aus Politik, Wirtschaft oder Kultur sonst nicht trauen: er verortet die Medien im Spiel.
Er outet sie als Mitspieler.
Er benennt gezielt Besitzverhältnisse und leitet daraus interessengesteuerte Berichterstattung ab (dass er dabei herumfuhrwerkt wie in seiner Sprache, oft falsch liegt und sich grotesk aufspielt, kann die Grundlage nicht ändern).
Und weil er damit (im Prinzip) recht hat, bekommt er (wie Crocodile Dundee) den Applaus eines Publikums; jener, denen das Unabhängigkeits-Getue der Medien am Arsch geht; jener, die die gezielte Anfütterung des Boulevards zum Zwecke der wohlwollenden Berücksichtigung grauslich finden; jener, die den selbstgerechten Objektivitätswahn der Medien als verlogen empfinden.
All das, was die Branche (die Medienleute selber) an Differenzierung einsetzen, wenn sie Berichte einschätzen (also raten), ist durch den Stronach-Ansatz nun auch einem Massenpublikum zugänglich. In Wirklichkeit übernimmt Stronach da den Job der Medien (als Wahrheitswächter).
Jedem Insider ist klar, warum und für wen Medien implizite oder unverschämt direkte Lobbyarbeit erledigen; Stronach macht es mit seinen Ansagen öffentlich. Und leistet damit gute, demokratiepolitisch wertvolle Aufklärungsarbeit, die sich bislang selbst die Grünen niemals getraut hätten.
Stronachs Prinzip stimmt: Die Bennenung dessen, was ist
Schönes Beispiel dieser Interessens-Praxis sind einige aktuelle KPÖ-Bashings (andere sind noch überzogener) nach der einige Eigentümer offensichtlich nervös-machenden Grazwahl.
Medien sind Player.
In der Politik, in der Kultur, im Sport; überall dort wo Komplizentum an den Tag gelegt wird; überall dort wo Eigentümer-Interessen anfallen; und auch dort, wo es um ganz simplen Wettbewerb am Markt geht. Das ORF-Bashing der VÖZ-Medien ist kein Produkt einer Wahrheitsfindung, sondern die versuchte Demontage einer Konkurrenz, reiner Verdrängungswettbewerb.
Nochamal: das was Stronach da herbeifantasiert (wurscht ob sich das gegen Christian Rainer oder Armin Wolf richtet) ist großteils daneben.
Aber das Prinzip stimmt: Die Benennung dessen, was ist.
Und damit stichelt Stronach an einem ganz wunden Punkt. Er macht dem Publikum Medien, die sich unabhängig geben, in Wahrheit aber in erster (und manchmal auch einziger) Linie Eigeninteressen oder Lobby-Politik betreiben, madig. Das schadet Faymann und der Raiffeisen, weil ihre Propaganda-Instrumente weniger glaubwürdig werden; das schadet aber vor allem den Medien und ihren auf Respektabilität basierenden Geschäftsmodellen.
Anmerkung von Kai per mail: "ja, er erkennt, dass der kaiser nackt ist, aber das aufzuklären oder zu verändern ist nicht sein ding. vielmehr fragt er sich: warum macht sich der kaiser für die anderen, aber net für mich nackig?"
Stronach ist wie das Kind in "Des Kaisers neue Kleider", das sich traut auf die Nacktheit des Herrschers hinzuweisen. Und er wird die Medien wohl dazu zwingen, offener zu ihren Parteilichkeiten, Besitzverhältnissen und Einflussnehmern zu stehen.