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Christiane Rösinger Berlin

Ist Musikerin (Lassie Singers, Britta) und Autorin. Sie schreibt aus dem Leben der Lo-Fi Boheme.

1. 12. 2012 - 12:00

Yolo!

40 000 Jugendliche haben ihr Wort des Jahres gewählt. Die ermittelten Top-5 überzeugen nicht besonders. Aber wer weiß, was uns demnächst als „Wort des Jahres” präsentiert wird?

Es ist Anfang Dezember und man merkt schon, das Jahr geht dem Ende zu. Bald werden die ersten Jahresrückblicke und Bilder des Jahres auf sämtlichen Kanälen zu sehen sein und diese Woche wurde bereits das Jugendwort des Jahres gewählt: „Yolo“.

Das heißt so viel „You only live once“ und bedeutet ungefähr das Gegenteil des schon älteren Slogans „Carpe Diem – Nutze den Tag“. Wer jetzt „Yolo“ noch nie gehört hat und Zweifel an der Authentizität des Jugendwortes des Jahres hat, dem sei gesagt, dass dieses Jugendwort nicht von konspirativen Jugendbeobachtern, die sich auf Schulhöfen oder in Jugendclubs verstecken, ermittelt wurde, sondern der Langenscheidt Verlag rief in Kooperation mit der Jugendzeitschrift SPIESSER zur Wahl des Jugendwortes auf und 40 000 Jugendliche haben ihr Wort 2012 unter jugendwort.de gewählt.

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Wer „Yolo“ schon nicht kennt, dem wird vielleicht Platz 2: „Fu“, heißt so viel wie „Scheiße, Fick dich“, nichts sagen, wohingegen Platz 3: das arabische „Yalla“ „Vorwärts – Los geht’s“, schon länger seinen Platz in der deutschen Sprache gefunden hat. „Wulffen“, also jemandem die Mailbox vollqatschen, auf Kosten anderer leben, scheint frisch gewählt auf Platz 4 doch schon veraltet – wer redet noch vom Ex-Bundespräsidenten Wulff? Und „ Komasutra“ auf Platz 5 ist zwar ein hübsches Wort für versuchten Geschlechtsverkehr zwischen zwei sehr betrunkenen Personen, es bleibt aber trotzdem fraglich ob das jemals im alltäglichen Sprachgebrauch verwendet wurde.

Wenn die Top 5-Liste der Jugendworte des Jahres auch nicht ganz überzeugt, ein Blick auf die Vorschlagsliste zeigt, dass die magere Auswahl im Vergleich zur Vorschlagsliste noch ganz passabel ist. „Fischkopf“ zum Beispiel hätte es fast in die Top 5 geschafft, als Umschreibung für jemanden, der seine Haare nicht wäscht. Zum Glück schalteten sich mehrere andere Voter ein, die wußten, dass dieses Wort schon seit Urzeiten als Schimpfwort für Hamburger oder Norddeutsche im Allgemeinen verwendet wird.

Die Jury entschied sich auch für „Yolo“, weil man der Wortneuschöpfung „Originalität und Kreativität“ bescheinigte.
In „Yolo“ drücke sich das jugendliche Selbstverständnis aus, dass man im Leben etwas riskieren muss, dass eine Portion Abenteuer und Tollkühnheit dazugehören.


„You only live once, that's the motto, ni-a Yolo/ We bout it every day, every day, every day“

Erstmalig prangte die Abkürzung auf dem T-Shirt von Adam Mesh in der NBC-Reality-TV-Show „The Average Joe“ im März 2004. Doch erst mit der Hip Hop-Single „The Motto“ von Drake feat. Lil Wayne wurde „Yolo“ Ende 2011 schlagartig bekannt.

Schaut man zurück auf die letzten Jahre, so muss man doch sagen, dass die früheren Jugendworte auch nicht besser waren, so hörte sich doch 2008 die „Gammelfleischparty” als Synonym für Ü30-Partys sehr ausgedacht an. Das Jugendwort „hartzen” von 09 hingegen hat auch heute noch einen festen Platz ind der Umgangssprache als Umschreibung für „rumhängen, nichts tun, Stütze kassieren”. Der Gewinner von 2012, „Niveaulimbo”, für das Absinken geistiger Standards, wirkte damals schon lächerlich ausgedacht und wurde sofort vergessen – und wer weiß, ob das 2011 gewählte „swag” für „coole Ausstrahlung” heute noch im Sprachgebrauch ist?

Auf jeden Fall hat das Verlagshaus mit der Wahl des Jugendwortes 2012 für sein „Lexikon der Jugendsprache” werben können, und wir warten mal ab, was uns in den nächsten Wochen als „Wort des Jahres” und „Unwort des Jahres“ präsentiert wird.