Erstellt am: 21. 11. 2012 - 14:35 Uhr
Ärmer als die Armen
Letztes Jahr gab es in einer österreichischen Zeitung die Meldung, dass eine griechische Insel Teil von Österreich werden will. Diese Woche kam die griechische Presse mit der Meldung heraus, dass ein bulgarisches Dorf zu Griechenland übertreten will. Kein Scherz – der Bürgermeister des Dorfes hat einen offiziellen Brief an die griechische Botschaft in Sofia geschickt.
Ich bin viel durch die Gegend, wo sich das Dorf Crnca befindet, gereist. Dieser Teil Bulgariens ist märchenhaft schön und märchenhaft arm. In den Rhodopen leben vorwiegend Muslime, die sich vom Staat und Gott verlassen fühlen. Ihre Hauptbeschäftigung ist der Tabakanbau, weil Tabak die einzige Nutzkultur ist, die in diesen Bergen wächst.
CC-BY: Chech Explorer
Es mag vielleicht sein, dass Griechenland in der schwersten Wirtschaftskrise Europas steckt, die Bewohner von Crnca glauben, dass ihre Lage einfach nicht schlechter als jetzt werden kann. Im Dorf sind hauptsächlich alte Leute geblieben, die Jungen sind Saisonarbeiter in Griechenland, England oder Holland, wo sie Gemüse auf den Feldern pflücken.
Nicht zum ersten Mal in der bulgarischen Geschichte will man einem anderen Land beitreten. In den Zeiten des Kommunismus stellte der gesamte Staat einen Antrag der Sowjetunion beizutreten. Zum Glück wurde der von der sowjetischen Seite abgelehnt.
Heute gibt die bulgarische Regierung überall in den Medien mit der Fiskaldisziplin des Landes in der EU an. Diese Fiskaldisziplin beruht aber auf den niedrigsten Löhnen der EU und dem Fehlen von jeglichen Sozialleistungen. Den Leuten in Crnca geht es schlimmer als den ärmsten Bauern in Griechenland.
In den letzten Wochen hört man ja auch, dass Puerto Rico der 51. Bundesstaat der USA werden will. Die bulgarischen Muslime aus Crnca sind also Teil eines weltweiten Trends. Nach einem alten jüdischen Sprichwort: Das Glück ist immer dort, wo wir nicht sind.