Erstellt am: 20. 11. 2012 - 18:21 Uhr
Die R&B-Zukunft ist düster

The Weeknd
Natürlich wirkt es etwas anachronistisch, drei bereits gratis im Netz verfügbare MP3-Sammlungen fast ein Jahr später auf CD verkaufen zu wollen. Tatsächlich war das aber ein Anliegen von Abel Tesfaye selbst. Obwohl seine Generation hauptsächlich auf Tumblr, Twitter und so weiter zuhause ist, darf man nicht vergessen, dass manche potenziellen Fans, Musik noch in Plattenläden und im Radio entdecken. Auch das haptische Erlebnis ist nicht zu vernachlässigen - mit großer Verpackung und schönen Booklets wird dem Rechnung getragen. Schließlich gibt es auf Trilogy auch drei ganz neue Songs zu hören.

The Weeknd
The Weeknd gehört gemeinsam mit Frank Ocean zu einer neuen Generation von R&B-Sängern, die den klassischen Machismo des Genres hinter sich gelassen haben. Eine Parallelentwicklung zu Rappern wie Kanye West oder Drake, die keine Angst haben, ihre verletzlichen Egos zu zeigen - manchmal fast schon zu aufdringlich. Drake, der ja auch aus Toronto kommt, hat The Weeknd auf seinem Album Take Care einem breiteren Publikum bekannt gemacht - und war schon zuvor auf dem zweiten Mixtape Thursday zu Gast – inklusive einer immer wieder auftauchenden Seite des "sensiblen" Rappers: aus Angst vor Enttäuschungen sucht er die Liebe im Stripclub!
Musikalisch sind die drei The Weeknd-Mixtapes interessante Soundentwürfe einer unterkühlten, elektronischen Soulmusik. Einerseits hat sich das Haupt-Produzentenduo Doc McKinney & Illangelo bei diversen Spielarten des Post-, Dub- und Sonstwas-Step inspirieren lassen, andererseits hielten aber auch Künstler wie Beach House, Siouxsie & The Banshees oder Martina Topley-Bird als Samplequellen her. Bei den Gratis-Mixtape war das Copyright ja noch relativ egal, für die offizielle Veröffentlichung mussten die Samplerechte aber geklärt werden, was Abel Tesfaye als anstrengenden Prozess beschrieb.
* "Ein hypnotischer Sog"
schrieb Natalie Brunner schon Anfang des Jahres über The Weeknd.
Auch wenn die düstere Stimmung von The Weeknd über die volle Länge von drei CDs vielleicht etwas schwere Kost ist, wird man beim Hören das Gefühl nicht los, hier eine Blaupause für den ruhigeren R&B-Sound von 2013 zu hören. Und eine gewisse Sogwirkung* kann man vor allem der ersten CD House Of Balloons nicht absprechen. Insoferne sind die Einzelteile der Trilogy ein guter Einstieg, um sich schon auf das gerade entstehende neue Album von The Weeknd vorzufreuen.