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Maria Motter Graz

Bücher, Bilder, Kritzeleien. Und die Menschen dazu.

17. 11. 2012 - 05:24

So viel Sympathie

Hände und Mundwinkel schnellen nach oben: Madsen spielten ihr FM4 Überraschungskonzert in Graz.

Aus so einem Lächeln wird schnell ein breites Grinsen. Spätestens ab der Ballade müssten auch die skeptischsten BesucherInnen nichts als Sympathie für jene Band über haben, in der drei Brüder mitwirken: "Zwei als Musiker auf der Bühne, einer als Lichttechniker", wie Sänger Sebastian Madsen scherzt. Live laufen Madsen zu Stadionrockern auf.

Da steht man für die deutsche Band gerne ein bisschen Schlange. Auch, wenn nicht ganz so pünktliche BesucherInnen vor dem FM4 Überraschungskonzert von Madsen in Graz Berechnungen über das Fassungsvermögen der Grazer Postgarage anzustellen versuchten: Die Wartereihen reichen fast bis zur Querstraße. Für die Wartezeit haben zwei Madsen-Hörerinnen gar Sekt mitgebracht. Was Queuing betrifft, verdienen die GrazerInnen ein britisches Triple "A" für ihre Disziplin. Insgeheim werde ich den KonzertbesucherInnen dafür wenig später noch dankbarer sein, beim Stichwort Circle Pit.

Lange Warteschlangen vor der Überraschungskonzert mit Madsen in Graz

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Einlass beim Überraschungskonzert in Graz: eine junge Frau schlüpft unter Hand des Securitys durch

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Draußen signalisiert eine emporgestreckte Hand mit einem Fäustling Freunden: Ich bin schon da vorne! Drinnen in der Postgarage steht alles bereit.

ondrusova

"Wo es beginnt" ist der Titel des aktuellen und fünften Album von Madsen, und den ersten - ich will einmal sagen - Hit daraus, "Baut wieder auf", den hat eine Freundin der 2004 gegründeten Band geschrieben. Die Vorstellung gefällt mir gut, dass eine Frau eventuell noch viele mehr jener Refrains deutschsprachiger Indierockgruppen getextet hat, die sich in der letzten Dekade in den Hirnwindungen verfangen haben. In Booklets nachlesen ist vorgemerkt. Madsen jedenfalls beginnnen ihr Überraschungskonzert mit "Du schreibst Geschichte" und schalten unmittelbar daran "Mit dem Moped nach Madrid" zugleich einen Gang zurück und erhöhen die Begeisterung. Viele Münder bewegen sich zu den Worten. Bei den neuen Liedern wird es nicht anders sein.

Sebastian Madsen und die erste Reihe Überraschungskonzertbesucherinnen

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Halswehtee und ein Schuß Kernöl

Eigentlich müsste Sänger und Gitarrist Sebastian Madsen gar nicht extra betonen, dass er seinen "Halswehtee, wie es ihn nur in Österreich gibt" mit einem "Schuß Kernöl" trinkt. Doch der Mann ist eine Rampensau im allerbesten Sinn. Und selbstverständlich findet die Zwischenansage Anklang, dass sich hier jemand schnell mit den lokalen Gebräuchen vertraut gemacht hat.

Die Musiker von Madsen wurden ihrerseits auf vergangenen Konzerten von Fans mit "Wall of Death/Circle Pits" überrascht. Wie geht denn das? "Wenn das Publikum so Kreise bildet, und alle im Kreis laufen, das habe ich durch unser Publikum gelernt", erklärte Sebastian Madsen Susi Ondrusova vor dem Überraschungskonzert. Zurufe aus dem Publikum wären akustisch schwer zu erfassen, doch beim Konzert in Wien vor wenigen Tagen hielt ein Besucher ein Schild hoch: Er möchte gern Gitarre spielen. "Zur Zugabe haben wir ihn auf die Bühne geholt und er hat ganz flott gespielt", erzählt Bassist Niko Maurer. Beim Überraschungskonzert in Graz trug niemand Schilder, dafür einige starke Männer Freundinnen liederlang auf den Schultern.

ondrusova

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Benno Bum Bum und Kollegen

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Für ihre Tour haben sich Madsen eigene Jacken anfertigen lassen, wie Susi Ondrusova entdeckt hat. Darauf findet sich für jedes Band- sowie Crewmitglied eine bestimmte Eigenschaft. "Benno Bum Bum" trägt etwa Schlagzeuger Sascha. "Da braucht man ja gar nicht weiter zu kommentieren", sagt Bassist Niko Maurer im Gespräch mit Susi Ondrusova zu seiner Aufschrift "Sex Machine", und lenkt gekonnt ab mit einem Verweis auf die Spitznamen der anderen Bandmitglieder. Wer einmal Teil eines Nebenprojekts mit dem hervorragenden Namen Band Of The Week war wie Sänger Sebastian, der wird auch "Uncle John Turner" nach einem - mittlerweile verstorbenen - Schlagzeuger gerufen.

Kleinen Spielen der lustigen Sorte kommt auch das Publikum bei Madsen nicht aus: Und nun alle, aber wirklich alle, niederhocken und gemeinsam hochspringen. Hochzuhüpfen, als wäre der menschliche Körper ein Gummiball, der von selbst auf und ab bounct, ist noch so etwas, das einem bei dieser Band einfach passiert. Wie die Mundwinkel nach oben schnellen, wenn alle um dich hüpfen, heben dann deine Füße wie von selbst vom Boden ab.

Madsen spielen mit großer Begeisterung ihr Überraschungskonzert

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Das ganze Publikum hockt am Boden der Grazer Postgarage, um kurz darauf hochzuspringen

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In einer Stunde meistert die Band einen Spannungsbogen, in dem neue und alte Stücke das Gleichgewicht halten und sich Rock zum Schreien bei "Alarm im Paradies", Mitschwingnummern wie "Love is a killer" und die Ballade "So cool bist Du nicht" mit Keyboarderin und Sängerin Lisa Who ausgehen.

Im Takt hin und her winkendes Publikum beim Überraschungskonzert

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Sänger und Gitarrist Sebastian von Madsen und Lisa Who

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"Baut Paraden ohne Schlager"

Überhaupt: Erwehre sich eine/r gegen Zeilen wie "jeder flieht auf seine Weise, doch so einfach kann's nicht sein", wenn die Gitarren hell klingen und man weiß, dass jetzt gleich die weibliche Stimme in diesem Duett zum Kontra ansetzt. Kitschig schön ist es, wenn die Anwesenden das dann aushalten und sich nicht peinlich berührt an die Bar zurückziehen zum Tratschen.

Keine Angst, Schmerz schreit sich Madsen gleichermaßen im Refrain aus dem Herzen wie "Die Perfektion". Dazu "metern" die Kollegen "los".

Madsen beim Überraschungskonzert in Graz

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Als finale Zugabe werden Madsen und ihr Publikum noch "Nachtbaden". Ein selten fröhliches Konzert war das!