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Erich Möchel

Netzpolitik, Datenschutz - und Spaß am Gerät.

14. 11. 2012 - 17:26

Pentagon rüffelt die Rüstungsindustrie

Nach dem "Abschuss" des designierten Chefs von Lockheed Martin warnt das Pentagon nun die übrigen Konzernchefs davor, kurzfristige Profite vor Qualität zu stellen. Die Kurse der Firmen fallen weiter.

Am Dienstag richtete die wiedergewählte Regierung Оbama den Topmanagern der US-Rüstungsindustrie öffentlich aus, was seitens des Pentagons von den Unternehmen ab nun erwartet werde.

Adressiert an den größten Auftragnehmer Lockheed Martin fand der für Waffenakquisition zuständige Staatssekretär bei einer Pressekonferenz deutliche Worte. Die Firma müsse ab sofort kurzfristiges Profitabilitätsdenken zugunsten der Optimierung ihrer F-35 Jets hintanstellen, hieß es.

Drei "Abstürze" am Freitag

Am Freitag hatte Lockheed überraschend bekanntgegeben, dass der für die F-35 verantwortliche Topmanager Christopher Kubasik die Firma verlässt. Kubasik war designierter CEO und hätte seinen Posten am 1. Jänner 2013 antreten sollen.

Boeing strich in der ersten November-Woche ein Drittel der Managementposten in der Militärsparte. Der erste schwere Einschnitt in der Rüstungsindustrie seit dem Ende des Kalten Kriegs hat offenbar voll eingesetzt.

Kubasik habe eine Beziehung zu einer Angestellten der Firma unterhalten und damit gegen den Firmenkodex verstoßen, man sei "zutiefst traurig und enttäuscht über Kubasiks Verhalten" hieß es von Lockheed. All das wurde wenige Stunden nach dem Rücktritt von CIA-Chef Petraeus öffentlich, ging aber im Mediengetöse um die Vier-Sterne-Generäle David Petraeus und John Allen unter.

400 Milliarden Dollar

Mit insgesamt 400 Milliarden Dollar über die geplante Laufzeit sind die F-35 der weitaus schwerste Brocken im Verteidigungsbudget der USA. Lockheed liefert gerade die fünfte Tranche von insgesamt mehr als 2.400 Fliegern aus, wenigstens seit September gab es heftige Differenzen. Laut Bloomberg hatte der im Pentagon für die F-35 operativ Verantwortliche Airforce-Generalmajor das Verhältnis zu Lockheed schon da als "So arg verkommen wie noch nie" bezeichnet.

Lockheed Martin macht 80 Prozent seiner Umsätze von etwa 46 Milliarden aus Aufträgen des Pentagon, womit eigentlich klar ist, warum der Absturz Kubasiks so schnell über die Bühne ging. Über die näheren Umstände des "externen Auditings", das mit dem Hinauswurf endete, ist weitaus weniger zu erfahren als über die Affäre des CIA-Chefs.

Drohnen, Nachschub für Kantinen

An den Börsen hat sich die Misere der Rüstungsfirmen wie erwartet fortgesetzt, die tägliche Liste der neu erteilten Aufträge aus dem Pentagon aber zeigt auch diese Woche ein ähnliches Bild. Im Waffenbereich gibt es derzeit tatsächlich nur Geld für Drohnen.

Die vom Pentagon seit der Wiederwahl Obamas neu vergebenen Aufträge im Bereich Rüstung zeigen eine deutliche Linie. Frisches Geld gibt es in erster Linie für Sensor- und Kommunikationstechnologien - meist Nachrüstungen oder Teilsysteme - und vor allem Drohnen.

Der einzige Großauftrag ist - bei mehreren Jahren Laufzeit - mit 900 Mio. Dollar für Training, technischen Support, Ausrüstung und Logistik für die Drohnentruppen dotiert. Auch hier gingen die etablierten Rüstungsfirmen leer aus, die erst 2009 gegründete Battlefield Flight Services ist auf die Killerdrohnen Predator und Reaper spezialisiert.

Weiters bestellt das Pentagon Pharmazeutika, Verbandsmaterial und Nachschub für Kantinen. Am Montag war ein Forschungsauftrag für einen unbemannten U-Boot-Jäger um 40 Millionen Dollar vergeben worden, sonst gab es anscheinend keinen Auftrag, der mit mehr als fünf Millionen dotiert ist.

Interessante Gemeinsamkeiten

Die drei höchstprominenten Karrierestürze im Militärsektor der USA waren am Freitag binnen weniger Stunden nacheinander öffentlich geworden. Sie haben noch viel mehr gemein, als dass es um außereheliche Beziehungen geht.

Petraeus war nach jahrelangem Krisenmanagement im Irak und Afghanistan erst vor einem Jahr auf den Posten des CIA-Chefs berufen worden. Kubasik war ab 1999 erst Controller, später Finanzchef, dann COO und nun gerade einmal sechs Wochen von seinem Ziel entfernt, nach 25 Jahren auch Firmenchef zu werden.

Der ebenfalls wegen angeblich amouröser Kommunikation ins Gerede geratene Vier-Sterne-General John Allen aber hatte gerade dieselbe militärische Ochsentour wie Petraeus hinter sich. Erst im Oktober war er für den Posten des NATO-Kommandaten designiert worden, die Bestätigung durch den Präsidenten liegt derzeit auf Eis.