Erstellt am: 14. 11. 2012 - 16:43 Uhr
Überwachen und Strafen
Vor wenigen Tagen ist der Österreichische Drogenbericht für das Jahr 2011 erschienen. Darin findet sich wenig Überraschendes: Zwar haben mehr unter 18-Jährige als je zuvor schon einmal in ihrem Leben illegale Substanzen, vor allem Cannabis, konsumiert. Aber die Zahl der Menschen, die Probleme mit Drogen bekommen oder gar süchtig werden, stagniert seit Jahren, ebenso die der Drogentoten: 2011waren es zum Beispiel 177 und in den Jahren davor auch in etwa so viele.
Was aber gestiegen ist, sind die Anzeigen wegen Drogenkriminalität, sagt Innenministerin Johanna Mikl-Leitner: "Der Suchtmittelbericht aus dem Jahr 2011 zeigt ganz klar, dass zum ersten Mal die Anzeigen massiv gestiegen sind und vor allem, dass sich die Konsumenten bei den Jugendlichen von 14 bis 18 Jahren nahezu verdoppelt haben."
APA/Robert Jäger
Mikl-Leitner nimmt diese Statistik zum Anlass, den Kampf gegen Drogen zu intensivieren. Die Nationale Drogenkoordinatorin für Österreich, Johanna Schopper, gibt zu bedenken: "Die Anzeigestatistik oder der Bericht zur Suchtmittelkriminalität spiegelt die polizeiliche Aktivität wider, aber nicht die epidemiologische Situation im Bereich des Drogenkonsums." Denn dieser stagniert wie gesagt in Österreich seit einigen Jahren auf annähernd gleichem Niveau: von ca. 30.000 bis 34.000 Menschen mit "problematischem" Drogenkonsum spricht dieser Bericht, fast 17.000 PatientInnen befinden sich in einer Substitutionstherapie.
Haartest statt Harntest
Die neue Drogenstrategie des Innenministeriums bzw. der Polizei sieht nun vor allem eine Aufstockung der BeamtInnen bei der Prävention sowie verstärkte Kontrollen vor. Außerdem sollen Menschen, die mit illegalen Substanzen erwischt werden, anders untersucht werden, sagt Mikl-Leitner: "Weg von der Harnuntersuchung hin zur Haaruntersuchung! Denn wir wissen, dass wir mit der Harnuntersuchung nur punktuell den Drogenkonsum feststellen können. Wir brauchen hier eine Untersuchung, die über weitere Strecken zeigt: Wird hier nur einmal Drogen konsumiert oder permanent?" Beim Harntest kann man nämlich nur erfassen, ob und welche Substanzen in den letzten 48 Stunden konsumiert wurden, ein Haar aber kann Aufschluss über die vergangenen sechs Monate geben. So hofft man, Süchtige schneller zu entdecken. Ein erstes Pilotprojekt zu dieser Haaruntersuchung soll demnächst starten.
dpa/Boris Roessler
Drogenkoordinatorin Johanna Schopper meint dazu: "Man kann die Frage einer Suchtentwicklung - bei Drogen, aber auch bei Alkohol - nicht ausschließlich daran festmachen, ob eine Substanz konsumiert wird. Suchtentwicklung hat sehr komplexe Hintergründe, die viel mit der Persönlichkeit und der Entwicklung einer Person zu tun haben. Sucht ist ein komplexes Zusammenspiel von verschiedenen Ursachen." Natürlich würden aber Menschen, die öfters mit illegalen Substanzen erwischt werden, den Gesundheitsbehörden gemeldet, und diese würden dann herausfinden, ob diese Person süchtig ist oder nicht. "Aber dazu braucht es eine komplexere Diagnostik."
Weg von Substitution?
Eine weitere Veränderung wird sein, weg von der Substitutionstherapie zu gehen, da hier Missbrauch durch Weiterverkauf der Substitutionsmedikamente entsteht. Mikl-Leitner meinte dazu auf der Pressekonferenz: "Wir wollen die Substitution nicht abschaffen." Sie wolle jedoch erreichen, dass in Therapien viel früher "psychosoziale Maßnahmen" gesetzt werden - was damit gemeint ist, führt die Innenministerin nicht genauer aus.
Mit dem Verringern der Substitutionstherapie ist Drogenkoordinatorin Schopper überhaupt nicht glücklich. Sie sagt: "Im Bereich der Medizin ist unumstritten, dass die Substitutionsbehandlung eine wichtige Maßnahme in der Suchttherapie ist, dass sie sehr gute Erfolge darin erzielt, die Menschen zu stabilisieren. Die Substitutionsbehandlung zurückfahren zu wollen, das würde jeder medizinischen und auch suchtpolitischen Logik widersprechen."