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Andreas Gstettner-Brugger

Vertieft sich gern in elektronische Popmusik, Indiegeschrammel, gute Bücher und österreichische Musik.

12. 11. 2012 - 15:30

Emotionale Reduktion

Der englische Singer/Songwriter Fin Greenall alias Fink besticht durch das reduzierte und hochemotionale Live-Album "Wheels Turn Beneath My Feet" und kommt damit in die Arena Wien.

Ein entfernter Applaus und spitze Begeisterungsrufe füllen den Raum. Kurz darauf beginnt Schlagzeuger Tim Thornton mit den Besen den Becken einen glockigen und zarten Klang zu entlocken. Gewohnt filigran setzt die Akustik-Gitarre von Fin Greenall ein, deren warmer Sound durch einen Echoeffekt endlos durch den Saal zu schwingen scheint. Fins Stimme trifft einen unmittelbar ins Herz. Ein starker Moment, der mich sofort ins Wiener WUK im November 2011 zurück katapultiert.

Fink auf der Bühne

Polly Mackey

Auch damals hypnotisierte der Song "Biscuits" von der ersten Minute an und führte uns in die zerbrechliche Welt tiefer Emotionen, in die Welt von Fink, einer der spannendsten, akustischen Bands Englands. Mit "Wheels Turn Beneath My Feet" präsentieren sie die schönsten Momente ihrer letztjährigen Tour.

Die Kraft der Details

Wenn ich daran denke, dass Fin ursprünglich als DJ hinter den Decks stand und sich meist in der Bristol Trip Hop und Raveszene bewegte, fällt es mir schwer, diese Sozialisation in der Musik von Fink zu finden. Vielleicht ist es das Dahingrooven auf einem Riff, der gewisse Hang zum repetitiven Element, das von dieser Zeit geblieben ist. Ansonsten hat die knöcherne und sehr reduzierte Show von Fink nichts mit dem hedonistischen Clubsound zu tun.

Fin Greenall alias FINK auf der Bühne

Xavier Marquis

Die Rhythmusbasis von Tim Thornton zeichnet sich durch federleichtes, schwebendes Swingen aus. Ein minimaler Groove, der nicht mehr braucht, als das zarte Pulsieren der Bassdrum, das flüchtige Streichen der Snare und das beinahe beiläufig klingende Überfliegen der Toms und der Becken. Jeder Schlag sitzt perfekt und ist trotzdem weich und geschmeidig. Auch das Bassspiel von Guy Whittaker, das nahezu unscheinbar das Fundament verstärkt, treibt die Songs von Fink an, wobei durch die Reduktion gleichzeitig viel Raum entsteht.

Genau dieser Raum zwischen den wenigen Tönen ist es, der die Spannung eines Fink Gigs erhöht. Denn auch wenn Fin mit Loops und teils schnellen Gitarrenläufen einen beeindruckenden Soundteppich über den Köpfen der Zuschauer ausbreitet, sind es die vielen Details und die bestimmte und ausgefeilte Dynamik, die einen in den Bann zieht. Und dass das Trio trotz der organischen Instrumentierung durchaus rocken kann, beweißt das energiegeladene "Blueberry Pancakes", das letztes Jahr während des erwähnten WUK Konzerts aufgezeichnet wurde.

Bassist Guy Whittaker von FINK

Tommy N Lance

Gemeinsame Intimität

"Wheels Turn Beneath My Feet" ist das Ergebnis von rund fünfzig Konzerten, die Fink letztes Jahr auf ihrer Tour zu dem grandiosen Werk "Perfect Darkness" gespielt haben. 22.000 Meilen rollte der Tourbus durch vierzehn Länder. Lähmendes Warten, der schnarchende Tontechniker, die schönen Begegnungen mit den Fans, die verschwommene, vorbeifliegende Landschaft, die beeindruckenden Konzertbühnen, alte Theater, Schlangen vor den Abendkassen, das alles vermittelt das wunderschöne Büchlein, mit dem die CD erscheint. Stimmungsvolle Fotos bilden mit den Wortmeldungen der Band und der gesamten Crew einen guten Einblick hinter die Kulissen einer solchen intensiven Tour.

FINK Schlagzeuger Tim Thornton auf der Bühne

Tommy N Lance

Die dreizehn Songs der Live-Platte bilden das gesamte, außergewöhnlich Songwriting ab, das Fink so einzigartig macht. So kann man sich gleich zu Beginn in dem gleichmäßig treibenden Strom von "Perfekt Darkness" verlieren, sich von der traurigen Ballade "Yesterday Was Hard On All Of Us" berühren oder ganz in die ergreifende Welt von "Trouble's What You're In" entführen lassen, dem definitiven Highlight der Aufnahmen.

Fink Albumcover "Wheels Turn Beneath my Feet"

Fink

Es fasziniert mich immer wieder zu beobachten und zu spüren, wie ein derart reduziertes und zerbrechliches Konzert von Fink einen ganzen Konzertsaal gefangen nehmen kann. Bei manchen Breaks verbreitet sich eine derart erfürchtige Stille, dass man beinahe den Aufschlag einer Stecknadel auf dem Fußboden hören könnte. Gerade diese Intimität verbreitet einerseits eine anhaltende Spannung, andererseits eine Verbundenheit mit allen, die diese unendlich schönen Live-Eindrücke teilen.

Das Fink Konzert letztes Jahr im Wiener WUK war für mich die absolut beste Konzertshow 2011. Und auch wenn morgen Dienstag 13. November Fink in der großen Arena Wien spielen, wird es sicherlich ein ähnlich berührendes Konzerterlebnis, das ihr euch ja nicht entgehen lassen solltet. Denn diesmal wird das Trio erstmal von Keyboarderin Rea Morris und Geigerin Erica Nockalls unterstützt. Hier der Tourteaser als kleiner Vorgeschmack auf den Auftritt.