Erstellt am: 10. 11. 2012 - 06:13 Uhr
Vor dem Tor
Der Platz vor dem Brandenburger Tor in Berlin ist ein sehr beliebter Ort. Gerne werden dort Zelte, Bühnen, Laufstege für Feste, Werbeveranstaltungen und Fashion Partys aufgestellt.
Frierende Flüchtlinge, die dort demonstrieren, dürfen sich allerdings nicht mit Zelten, noch nicht mal mit Decken oder Isomatten gegen Kälte und Nässe schützen. Sogar Regenschirme hat man den zitternden Protestieren auf recht rabiate Weise weggenommen. Das harte Vorgehen der Polizei wird inzwischen von fast allen Seiten kritisiert, eine Klage vor dem Verwaltungsgericht sorgte dafür, dass sie wenigstens Sitzkissen, Pappen und Wärmflaschen behalten dürfen. Inzwischen haben private Unterstützer drei Wärmebusse zur Verfügung gestellt. Das angeblich so liberale und weltoffene Berlin ist mit der größtmöglichen behördlichen Härte und Kälte gegen die Flüchtlinge vorgegangen.

Flüchtlinge in Berlin
Die seit knapp zwei Wochen am Brandenburger Tor protestierenden Flüchtlinge kommen aus dem Iran, Afghanistan und Irak und gehören zu einem Tross von rund 70 Flüchtlingen, die unter dem Motto "Refugee Protest March" für ihre Forderungen auf einem Fußmarsch aus dem bayrischen Würzburg Anfang Oktober nach Berlin gekommen waren. Bis zum 15. November wollen sie auf dem Pariser Platz vor dem Tor ausharren.
Aber erst nachdem die Flüchtlinge in den Hungerstreik getreten sind, kamen die Integrationsbeauftragten der Parteien zum Gespräch vorbei und fanden dann viele Anliegen der Asylsuchenden durchaus berechtigt. Die Protestierenden fordern eine Änderung der Asylgesetzgebung in Deutschland und plädieren für die Abschaffung der sogenannten Residenzpflicht. Die legt fest, in welchem Bereich des Landes sich ein Asylbewerber aufhalten darf. Außerdem kritisieren die Flüchtlinge die Unterbringung von Asylbewerbern in Heimen und fordern einen Abschiebestopp.

Denkmal
Die Residenzpflicht sei letztendlich eine unnötige Beschränkung und das generelle Arbeitsverbot unmenschlich."Wenn jemand fünf Jahre geduldet hier lebt, muss er arbeiten können, sonst verelendet er seelisch", befand der Integrationsbeauftragte. Aber nicht alle Berliner Politiker und Bürger setzen sich mit den Forderungen und Lebensbedingungen von Flüchtlingen in Deutschland auseinander.
Stimmen aus der Christlich-Demokratischen Union sagen, man sei nicht dazu da, es demonstrierenden Asylbewerbern bequem zu machen. Die Zustimmung vom rechten Rand ist da gewiss. Und folgerichtig plante die rechtsextreme NPD am 9. November, dem Jahrestag der Reichspogromnacht, in Mecklenburg-Vorpommern unter dem Motto "Fackelmarsch gegen Asylmissbrauch" zu demonstrieren.
Und auch wenn Angela Merkel letzte Woche zur Einweihung des Denkmals für die von den Nazis ermordeten Sinti und Roma eine gute Rede gehalten hat: ihr Innenminister warnt schon wieder vor "Asylmissbrauch" und "Ausnutzen unseres Systems"durch Roma und Sinti, die aus Serbien und Mazedonien nach Deutschland kommen .