Erstellt am: 9. 11. 2012 - 12:38 Uhr
Eine Reise ins Netz
Knaus
Als ein Eichhörnchen die Internetleitung in seinem Garten anknabbert, wird dem Journalisten und Autor Andrew Blum schlagartig bewusst: Das Netz ist nicht überall und nirgends. Die Bits und Bytes schießen durch schlauchdicke Kabel auf dem Meeresboden, oder werden im neonfarbenen Kabelsalat von Internetnotenpunkten in die richtige Richtung geschickt. In seinem vor kurzem auf Deutsch erschienen Buch "Kabelsalat. Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte" begibt er sich auf die Suche nach den physischen Sehenswürdigkeiten unserer digitalen Welt. Die Orte, die Blum auf seiner Reise aufsucht, sind dabei meist unscheinbar. "Die Gebäude schauen von außen oft nicht anders aus, als die Rückseite einer Shopping Mall. Beindruckt hat mich etwa das Datenzentrum in Prineville in Oregon im Nordwesten der USA. Mitten in der Provinz steht da dieses fast dorfgroße und gut gesicherte Rechenzentrum. Tagtäglich verbinden sich Millionen von Menschen mit den Servern die dort stehen."
Andrew Blum
Kabelstrandung in Portugal
Nachhaltigen Eindruck hat auch die Verlegung eines der Unterseekabel an einem Strand in Portugal hinterlassen. Hier kommen an der Küste gleich mehrere Glasfaserleitungen aus dem Meer: 14.000 Kilometer Kabellänge bis Südafrika, 8.000 bis New York - wo die Leitung im Keller eines Hochhauses wieder auftaucht. Die Strecken, auf denen die gewaltigen Unterseekabel verlegt sind, sind meist dieselben, die vor hundertfünfzig Jahren die alten Morsekabel nahmen.
"Was mir daran gefällt: Es waren heute genau dieselben Orten miteinander verbunden. Die Geographie hat sich nicht verändert. Die Tiefseekabel verlaufen von New York nach Cornwall, nach Lissabon und Mumbai, Singapur oder Honkong. Es sind die großen Hafenstädte die für den physischen aber auch für den Datenverkehr wichtig sind."
Andrew Blum
Selbstheilendes Internet?
Es heißt zwar immer, das Internet sei ein sich selbst heilender Organismus, sagt Andrew Blum. Es wurde von Anfang an dezentral konzipiert, um im Falle eines Atomkrieges, den Ausfall von Knotenpunkten verkraften zu können. Doch die kilometerlangen Kabel am Grunde der Meere sind ganz und gar nicht selbstheilend.
"Wenn ein Kabel defekt ist, muss ein Schiff aufs Meer hinaus fahren, und zuerst herausfinden, wo genau das Kabel kaputt ist. Dann muss es die zwei Kabelenden herausholen, die Glasfaser- und Kupferleitungen wieder aneinanderkleben, die Schutzhaut erneuern und das Kabel wieder ins Wasser werfen. Etwas Materielleres kann man sich kaum vorstellen."
© Davina Pardo/Knaus Verlag
Andrew Blum
Kabelsalat - Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte
Übersetzt von Richard Barth
Erschienen im Knaus Verlag
Google zeigte nichts her
Auf seiner gesamten Reise sei er von erklärungswütigen Ingenieuren durch Gebäude geführt worden, sagt Andrew Blum. Bis ins letzte Detail hätten sie ihm alles über Geschichte und Funktionsweise von Datenzentren und anderen Serverfarmen erzählt. Allein Google habe sich abweisend gezeigt. Außer in die Kantine und auf den Parkplatz durfte er nirgendwo hin. "Als ich sie bat, mir ein bisschen etwas über ihr Datenzentrum zu erzählen, meinten die Leute aus der PR Abteilung: wir wissen zwar, was darin vor sich geht aber diese Infos geben wir normalerweise nicht weiter. Das war für mich schon sehr bezeichnet. Alle anderen waren mir gegen über sehr offen und Google gab sich so bedeckt. Ich meine, Google ist die Firma, die am meisten über uns weiß und sie war die, die am wenigsten von sich preisgeben wollte."