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Maria Motter Graz

Bücher, Bilder, Kritzeleien. Und die Menschen dazu.

7. 11. 2012 - 18:33

Styrian Stylez 2012

Pop goes Steiermark: Drei Abende Leistungsschau heimischen Musikschaffens in Graz.

Das Logo von Styrian Stylez zeigt das steirische Wappentier, den Panther, geformt aus Pixels

Zeiger Culture & Communication

"Golden Girls vs. Young Boys", wenn das mal nicht ein Motto für einen Eröffnungsabend ist! Das Festival Styrian Stylez von 8. bis 10. November in Graz ist eine Auseinandersetzung mit regionalem Pop und präsentiert an drei Abenden beliebte sowie noch wenig bekannte Acts. Der Anspruch auf Vollständigkeit ist selbstverständlich ausgenommen, für einen Rundblick über das aktuelle Geschehen eignen sich die kommenden Abende bis inklusive Samstagnacht jedoch vorzüglich. Zum Preis einer Konzertkarte hören BesucherInnen ein Dutzend Acts pro Abend.

Seit 2008 will Styrian Stylez als Leistungs- und Werkschau des Popmusikschaffens dienen. Der gemeinsame Nenner aller auftretenden Bands und DJs ist, dass sie Wurzeln in der Steiermark haben. Ein weiteres Kriterium ist, dass sie mit einer gewissen Professionalität ans Werk gehen sprich produzieren oder veröffentlichen.

Eröffnungsabend, Donnerstag, 8.11.

Geige, Posaune, Tuba, Gesang, Elektronik und Schlagzeug: Binder&Krieglstein präsentiert das neue Album "Jugend" am Eröffnungsabend von Styrian Stylez. Nach einer Neudefinition von Volksmusik mit "New Weird Austrian" auf dem vorigen Album wollte es Rainer Binder-Krieglstein diesmal weniger dogmatisch angehen. Elektronik erscheint reizvoll. Wäre Binder-Krieglstein so jung wie etwa die Deutsch rappenden Burschen von Siebzig Prozent, die ebenfalls am Donnerstag auftreten, würde er zwischen elektronischen Stilen herumhopsen, sagt er. Mit "Jugend" ist es ein Sound pro Song geworden, könnte man fast behaupten. Binder&Krieglstein jongliert tollkühn mit Stilen, und selbst Blasmusik geht sich aus, ein bisschen versteckt.

Binder&Krieglstein: Sängerin Maki und Binder-Krieglstein extrem verjüngt

Garfield Trummer

Photoshopping the next generation?

Das Pressefoto als überspitzte Formulierung eines gesellschaftlichen Trends. Binder&Krieglstein geht es um die Auseinandersetzung mit Manipulation und damit, wie man in der Gesellschaft funktioniert. Jungsein ist eine wichtige Eigenschaft in der Politik und in der Wirtschaft geworden. "Das weiß jeder, dass Magazine mit Photoshop arbeiten, und dass man mit fünfzig Jahren gut daran tut, wie mit 35 auszusehen, wenn man im Geschäftsleben erfolgreich sein will", stellt Rainer Binder-Krieglstein fest. "In der Politik war es nicht immer ein Vorteil, jünger auszusehen. Aber anscheinend ist es jetzt ein Vorteil."

Mit zwanzig habe er sich schon gefragt, ob er später Jazz oder klassische Musik machen werde. Und jetzt habe er nicht vor, eine Dixie-Land-Band zu gründen. "Heute sieht man sechzigjährige Rocker, die auf der Bühne abfahren. No Means No zum Beispiel", so Binder-Krieglstein.

Auch ein schöner Grund, sich den Eröffnungsabend anzuschauen, sind Polkov. Seine Vorliebe in der Vergangenheit für Indierock fügt der Sänger, Texter und Polkov-Kopf Laurenz Jandl mit den Bandkollegen in ein Wetterleuchten aus Gitarren und Elektronik. Eine Figur aus dem Science-Fiction-Roman "Do Androids Dream of Electric Sheep?" von Philip K. Dicks war übrigens die Inspiration für den Bandnamen.

Ein Mann trägt ein Hemd mit einen langen und einen kurzen Ärmel

Polkov

Polkov: Hier einer, live viele.

Music Camp zu Crowdfunding und Promotion

Polkov haben ihr Debütalbum "Tannhäuser Gate" zum freien Download für eine gewisse Zeit zur Verfügung gestellt. Ob sich das lohnt? Diese Frage könnte beim eintägigen Music Camp behandelt werden. Mit Vorträgen zu Promotion und Booking in kriselnden Zeiten sowie zu Crowdfunding richtet sich das Music Camp an Musikschaffende. Mr.Dero und Klumzy Tung werden etwa ihre jüngste Veröffentlichungsstrategie erläutern.

Am Freitagabend werden der DJ und Produzent Mr.Dero und der britische MC und Zungenbrecherknacker Klumzy Tung in der Postgarage dann das tun, was sie am Besten können: niveauvoll Party machen. DJ Dizzy schließt an und die Nacht fordert geradezu auf, wieder einmal zu Clara Motos Musik zu tanzen.

Freitagabend, 9. 11., und: Bye, bye Bunny Lake!

muss es indes im P.P.C. heißen. Es bleibt einem nur, dazu und darauf zu tanzen. Das - nun aber tatsächlich - vorletzte Konzert vor dem allerletzten in Wien führt Suzy on the Rocks und Christian Fuchs nach Graz. Every summer has an end, ja doch, aber Bunny Lake vermisse ich schon jetzt. Das waren Strobe Love und beherzte Clubmusikhymnen, die Jahreswechsel und Autofahrten begleiteten. Aber die Musik löst sich ja nicht auf.

Suzy on the Rocks und Christian Fuchs von Bunny Lake stehen auf einem Feld, Gesichter der Sonne zugewandt

Horn Nussbaumer

Das Pop-Ding hält aber nicht still, es will und muss immer weiter. Da kommt das Line-up mit Madmen's County, Shaun Berkovits, dem Großmütterchen Hatz Salon Orkestar, Pirates On A Boat of Love und Favela Gold bis zu Bunny Lake gerade recht. Weil sich bei diesen die Popmusik live tradiert, auf sich selbst verweist und auf vergangene Jahrzehnte und diese zugleich überschreibt.
Kinderchöre und fröhliche Achtziger-Jahre-Beats hat Favela Gold für sein Debüt verpflichtet. Genau konträr dazu ist die Stimmungslage am ebenso pressfrischen ersten Album von Shaun Berkovits, "Lights Spill Like Oceans", das die Melancholie gediegen überschwappen lässt.

Den Kugelblitz könnte man Freitags in der P.P.C. Bar treffen: Die Band pflegt ihren Indierock, wie es auch das Musiccafé Prenner tut.

Samstag, 10. 11., oder: Let it flow, let it go

In die HipHop-Welt von der dominikanischen Republik bis nach Bosnien führt die Samstagnacht mit dem Dirty South Entertainment im P.P.C.. Das sollte man auch mal erlebt haben. Südliche Gefilde schätzen auch Jimi D. und Millions of Dreads. Sonia Sawoff wird mit Mauracher das Publikum betören, während Wild Evel und seine Trashbones einen Stock höher ihren Garage Punk zelebrieren.

Werwolves, White Locusts, Neodisco und Patrick Pulsinger wechseln sich in der Postgarage ab. Alles war das noch nicht: Ein Blick auf den Zeitplan des Styrian Stylez lohnt sich.