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Irmi Wutscher

Gesellschaftspolitik und Gleichstellung. All Genders welcome.

20. 11. 2012 - 15:40

Auf Selbstfindungstrip

Ianina Illitcheva hat ihre Sozialkontakte für ein halbes Jahr auf Eis gelegt.

Labor Leben - Eine Versuchsreihe. Jeden Dienstag auf FM4

Ianina Illitcheva macht das mit Absicht, was für viele von uns wie ein Albtraum klingt: Sie hat keinen Kontakt zu ihren Freundinnen und Freunden, trifft sie nicht, telefoniert nicht mit ihnen und hat auch alle Social Networks abgedreht. Die Kunststudentin erhofft sich dadurch mehr Ideen, mehr Zeit für künstlerischen Ausdruck und schlussendlich auch persönliche Weiterentwicklung.

Ianina Illitcheva vor einer Zettelwand

Ianina Illitcheva

Ianina Illitcheva vor ihrer Zettelwand, jeden Tag schreibt oder zeichnet sie etwas auf.

"Ich hab vor allem meinen Internetkonsum massiv eingeschränkt. Außerdem treffe ich meine Freunde nicht und telefoniere nicht mit ihnen", erzählt Ianina. "Ich weiß auch nicht, was gerade an Parties läuft, weil ich da einfach nicht dabei bin. Wer möchte, kann mir Briefe schreiben oder spontan vor meiner Haustüre stehen und schauen, ob ich zu Hause bin." Das passiert auch manchmal, sagt Ianina, und sind kleine Lichtblicke die in ihren Alltag hineinfunken. Ansonsten sendet einmal im Monat einen Blogeintrag an die Außenwelt, als Lebenszeichen.

"Das Ganze ist ein Selbstfindungstrip", sagt Ianina. "Wahrscheinlich wäre ich eh auf das alles draufgekommen, auf das ich jetzt draufkomme. Aber mit dieser Ausnahmesituation, in die ich mich begeben habe, das ist wie wenn man Supermario spielt und dann gibt es diese Turbodinger: Ich merke das ist so richtig ein Turbo für mich, in der persönlichen Entwicklung." Denn sie lernt viel dazu über sich selber und sie kann sich dem überlassen, was in ihr steckt und brodelt, und hofft, so Ideen für Kunstprojekte zu bekommen.

Ein Zettel mit der Aufschrift: "Genug jetzt. Ich kann dein Gesicht schon längst auswendig"

Ianina Illitcheva

Am Anfang war der FreundInnen-Entzug schon schwer sagt Ianina. Nächtelang ist sie wach gelegen und hat sich gedacht: Warum machst du das? Du leidest nur, das bringt doch alles nichts. "Das war aber mein Verstand, der mir einen Streich gespielt hat", meint sie. "Das habe ich entdeckt und nicht aufgegeben!"

Der 3. Februar ist das definierte Ende von Ianinas Selbstversuch. "Da bin ich dann sozusagen raus aus der Sache", erklärt sie. "Dann wird es erst einmal ein Riesenwiedersehen geben mit meinen ganzen lieben Freunden, wahrscheinlich auch eine lange Partynacht. Danach auch viele Begegnungen mit persönlichen Gesprächen. Darauf freue ich mich jetzt schon! Den Leuten zu erzählen, was mir passiert ist und auch zu erfahren, was denen passiert ist und was ich mir überlegt habe, was vielleicht passiert hätte sein können und was dann wirklich passiert ist! Dieses wiederfinden von den zwei Gleisen, die in der Zeit gefahren sind, das wird sehr spannend!"