Erstellt am: 8. 12. 2012 - 10:52 Uhr
She Bangs The Drums
Clara Humpel aka Clara Luzia hat es vor kurzem treffend zusammen gefasst: Es ist immer noch für viele Menschen kaum zu glauben, dass Frauen die Drum Sticks ebenso gut - wenn nicht besser - schwingen können, wie Männer. Spielt sie irgendwo in Österreich mit ihrer Band ein Konzert, dann wird immer automatisch der einzige Mann in der Band - Bassist und Klavierspieler Max Hauer - gefragt, wo der denn sein Drumkit hingestellt bekommen möchte. Clara Luzia-Schlagzeugerin Ines Perschy nimmt es mittlerweile gelassen.
Nicht vergessen:
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Schlagzeugerinnen sind heutzutage für viele immer noch ein Kuriosum. Oder sie werden als besonders "heiße Ware" deklariert, der sofort ein besonders hoher Marktwerk zugesprochen wird - weil sie eben so selten sind wie ein Dromedar auf dem Nordpol. Tiefenpsychologisch soll sich da doch bitte jeder seinen eigenen Reim drauf machen. Ist doch wirklich schnurzpiepegal. Es gibt jedenfalls genug Damen, die hervorragend Schlagzeug spielen.
Have a look, have a listen!
Karen Carpenter
Klar, ein Schlagzeuger ist derjenige, der den Takt angibt - und meistens auf der Bühne den beschissensten Platz zugeteilt bekommt. Am hinteren Rand der Bühne kriegt das Instrument den Gnadenplatz. Die singende, tobende Rampensau im Vordergrund mit der Gitarre um den Hals erledigt den Rest. Doch das muss nicht immer so sein. Karen Carpenter hat bewiesen, dass gleichzeitig singen und trommeln hervorragend miteinander harmoniert. Auf den ersten Blick wirkt das zugegebenermaßen natürlich ein wenig ungewöhnlich: Leidenschaftlich ein Liebeslied daherschmettern und dazu gleichzeitig einen langsamen 4/4 Takt trommeln? Geht sich bei Karen Carpenter alles aus.
Zu Lebzeiten in den 1970ern war Karen Carpenter mit ihrem Bruder Richard unter dem Namen The Carpenters musikalisch unterwegs. Und die L'amour-Hatscher "Top Of The World" und "Close To You" haben das Geschwisterpaar weltweit berühmt gemacht. Dass Karen Carpenter aber nicht nur eine tolle Sängerin, sondern auch eine exzellente Drummerin war, dass ist vielen immer noch nicht bekannt.
Erst recht spät im Teenageralter hat sie das Schlagzeug für sich entdeckt, aber der Legende nach hat sie ihr Instrument in kürzester Zeit wie ein Profi beherrscht. Auf vielen Platten der Carpenters hat sie den Schlagzeugpart übernommen. Umso ärgerlicher, dass ihr Name dort oft nicht auftaucht. Dabei haben Schlagzeugerlegenden wie der pedantische Perfektionist Buddy Rich, dem es nie einer recht machen konnte, Karen Carpenter als Schlagzeugerin sehr geschätzt.
Ab Minute 1.15 geht es im unteren Video so richtig ab!
Karen Carpenter musste sich den Respekt hart erkämpfen, zu starr war das Frauenbild in den 1970ern noch. Und auch persönlich war ihr Weg von vielen inneren Kämpfen geprägt: 1983 verstarb sie mit nur 32 Jahren an den Folgen der Magersucht. Zu Recht gilt sie für viele aber als die beste Schlagzeugerin aller Zeiten.
Evelyn Glennie
Schlagzeug spielen ist keine einfache Angelegenheit. Und zwischen ein bisschen auf den Trommeln herumschlagen und mit der Punkband toben und die größten Bühnen der Welt bespielen liegen natürlich Welten. Jahrelang quält man sich durch Paradiddle-Applications, übt jeden Tag seine Grooves mit dem Metronom. Aber es geht ja nicht nur um Spieltechnik und Perfektion, sondern vor allem darum, das richtige Feeling für das Instrument zu bekommen.
Eine die das auf alle Fälle hat ist Evelyn Glennie. Sie ist nämlich seit ihrer Kindheit taub und hat es trotzdem zu einer der bekanntesten Schlagzeugerinnen der Welt gebracht. Ja richtig gelesen, taub!
Aufgrund einer Nervenkrankheit hat sie ihr Hörvermögen verloren, seitdem nimmt sie Töne und Musik hauptsächlich über Vibrationen wahr. Das hat sie nicht daran gehindert, an der Royal Academy Of Music zu studieren, Grammys einzusacken und mit großen Orchestern und Stars wie Björk zusammen zu arbeiten.
Janet Weiss
Sleater-Kinney - muss man da noch mehr dazu sagen? Und Janet Weiss hat nicht nur mit Sleater-Kinney gespielt, sondern auch mit Bright Eyes, Pavementmann Stephen Malkmus und seinen Jicks und außerdem auch mit den Go-Betweens. Einen Uniabschluß in Fotografie hat Janet Weiss auch. Eine gute Frau.
Senri Kawaguchi
Man muss sie einfach hassen: Senri Kawaguchi ist eine dieser obertalentierten Japanerinnen, die mit viel Ausdauer und wahrscheinlich 23 Stunden üben pro Tag zu einem lebenden Metronom geworden ist.
Nachdem es in Japan für alles einen "Master" gibt - für Kampfsport bis hin zu Sushi-Fisch schneiden - ist es ja nicht verwunderlich, dass es in Japan auch Schlagzeugmeister gibt. Ein gewisser Master Kozo Suganuma hat Senri Kawaguchi als knapp Achtjährige unter seine Fittiche genommen und nun mit knapp 16 Jahren spielt sie so besser als die meisten Drummer, die mehr Dienstjahre vorzuweisen haben. Eine Frechheit.
Hannah Ford
Hannah Ford ist sowas wie die Anna Netrebko der Schlagzeugerinnen-Welt: Blutjunge 22 Jahre alt, bildhübsch, hochtalentiert, gut zu vermarkten und trotzdem keine 08/15 Puppe, sondern mit der richtigen Portion "Personalitiy" gesegnet. Der amerikanische Popstar-Traum - nur statt zu singen spielt sie eben Schlagzeug. Mittlerweile wird sie als eine besten Nachwuchs-Schlagzeugerinnen Amerikas gehandelt, aktuell ist sie mit Prince auf Tour.
Das Coole an Hannah Ford ist, dass sie eigentlich ausschaut wie das nette Mädel von Nebenan, vielleicht sogar ein bisschen tussig, wie viele meinen. Das unschuldige Mädchen aus Kentucky, das halt statt Cheerleader zu sein ihre Jugend hinter dem Drumkit verbracht hat. So eine Geschichte verkauft sich natürlich gut. Aber hey, mit manikürten Fingern spielt es sich eben noch eine Spur besser und die Frau weiß was sie tut und fegt halt wirklich jedes Großmaul im Nu weg. Man sollte in ihrer Gegenwart die Klappe nicht zu weit aufreissen.
Terry Lyne Carrington
Jetzt wird es mal kurz Zeit für ein bisschen Jazz: Eine der wichtigsten Jazz-Schlagzeugerinnen ist nämlich Tarry Lyne Carrington. Schon als kleines Mädchen galt sie als Wunderkind - kein Wunder, wurde sie ja quasi mit dem Schlagzeugstick in den Babypfoten in eine MusikerInnen-Familie hinein geboren. Ihr Vater, Sonny Carrington, war zum Beispiel Saxophonist für James Brown. Über die Schlagzeugerlegende Buddy Rich bekam Terry Lyne Carrington im Alter von zwölf Jahren einen Endorsement-Vertrag mit dem Schlagzeug-Becken Hersteller Zildjian und war damit die jüngste Künstlerin, die je von Zildjian unterstützt wurde.
Die Liste der Menschen mit denen sie schon zusammengearbeitet hat würde diese Website hier sprengen, aber wichtige Menschen wie Stevie Wonder, Joni Mitchell und Herbie Hancock sind da dabei.
Cindy Blackman
Cindy Blackman ist wahrscheinlich für viele Frauen in den 1990ern der Grund gewesen, sich für das Schlagzeug zu interessieren, zumindest für mich: Denn als damals auf MTV wirklich noch Musikvideoclips liefen, war sie die coole Frau, die immer in den Videos von Lenny Kravitz im Hintergrund als Drummerin zu sehen war. Eine Schlagzeugerin für den Rocksuperstar - nicht nur für mich war sie ein wichtiges Role Model. Ihr Wissen gab sie 1997 auch in einem sehr bekannten Lehrvideo namens "Multiplicity" wieder.
Auch wenn man Cindy Blackman vor allem als Drummerin von Lenny Kravitz kennt, liegt ihre wahre Leidenschaft, wie sie selber sagt, eigentlich im Jazz. Und eine weibliche Jazzschlagzeugerin ist auch heutzutage immer noch ein relativ seltenes Exemplar. Aber das kümmert Cindy Blackman, gelinde gesagt, einen feuchten Dreck:
"There are people who have opinions about whatever and whoever, in terms of gender, in terms of race and weight, hairstyle, religion. But to me, your personality influences what you play and what you do, but everything else is for you to develop and to nourish and to take further, and that's where I'm at. In terms of my goals, me being a female drummer has nothing to with anything except for the fact that I wear bras and panties and guys don't."
Georgia Hubley
Ohne die Musik von Yo La Tengo wäre unsere Welt eine schlechtere. Und ohne so schöne Platten wie "I Am Not Afraid of You and I Will Beat Your Ass" wäre die Welt um ein paar geniale Albentitel ärmer.
Seit 1984 gibt es die Band rund um das Ehepaar Ira Kaplan/ Georgia Hubley nun schon und seit Anfang an ist Georgia für den Beat verantwortlich. Auch wenn sie vielleicht in der Reihe der Super-Drummerinnen hier mit bescheidenerem Talent gesegnet ist, soll das nicht die Wertigkeit schmälern.
Genius + love + age + long marriage = Yo La Tengo
Teresa Taylor
Noch ein Stückchen reudiger mit dem Drumkit rumpelt Teresa Taylor — a.k.a. Teresa Nervosa: Zwischen 1983 und 1989 war die gute mit den Butthole Surfers unterwegs, hat neben King Coffey die Felle malträtiert. Aufgrund einer Gehirnkrankheit musste sie dann das Schlagzeug spielen sein lassen. 2008 gab es dann aber doch noch einmal ein kurzes Gastspiel bei der Band.
Gina Schock
Bevor aus Belinda Carlisle die Ober-Poptante mit seichten Hits à la "Heaven Is A Place On Earth" geworden ist, war sie mit den Go-Gos eigentlich eine ziemlich coole Lady. In den 1980ern gab es ja neben den Bangles ja nicht so viele Frauenbands, und die Go-Gos waren mit ihren für damalige Verhältnisse doch recht reudigen Riffs für viele Menschen ganz wichtig.
Gina Schock hat dort die Sticks gewschungen und, ähm, she definitely got the beat! Man muss sich weder die Belinda Carlisle-Platten anhören noch das, was Drummerin Gina Schock heute so macht (nämlich Songwriting für Miley Cyrus, pfui Teufel). Aber die damaligen Videos aus den 1980ern der Go-Gos sind immer noch ziemlich super!
She's Got The Beat!