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Barbara Köppel

Durch den Dschungel auf die Bühne des Lebens.

30. 10. 2012 - 17:30

Schon wieder Mr. Right

"Wann haben wir eigentlich angefangen, abends zu kochen, statt zu vögeln?" Die Hamburger Autorin Eva Lohmann nimmt in "Kuckucksmädchen" das Beziehungsleben von 30-jährigen Pärchen ins Visier.

Wanda verdient gutes Geld mit dem Auflösen von Haushalten, führt eine langjährige, stabile Beziehung mit Jonathan und hat Freunde, mit denen sie bei Grill-Nachmittagen in Hamburger Innenhöfen Salatrezepte austauscht. Doch kurz nach ihrem 30. Geburtstag kriegt sie Panik. Ihr Herz beginnt plötzlich mit ihr zu sprechen, meint, sie hätte schon lange nichts mehr Aufregendes erlebt, und fragt, ob sie tatsächlich die richtige Wahl für ein „Und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende“ getroffen habe:

buchcover kuckucksmädchen

Piper Verlag

"Kuckucksmädchen" ist vor kurzem im Piper Verlag erschienen.

Jetzt ist da plötzlich dieses Gefühl, dass man sich sehr genau überlegen muss, welchen Mann man mit dreißig noch verlässt. Welcher Spielverderber hat eigentlich das Karussell angehalten? Wahrscheinlich die gleiche Spaßbremse, die mir auch die Falten in die Augenwinkel gemalt und an den Brüsten gezogen hat. Die Zeit. Rennt und rennt und läuft und läuft, während man selbst faul herumsteht und darauf wartet, dass das Leben beginnt. Also das echte. Bisher hat man ja praktisch nur geprobt.

Wanda bricht also einen Streit mit Jonathan vom Zaun und klappert der Reihe nach ihre Ex-Freunde ab. Sie muss wissen, ob es einen Mann gibt, bei dem sie weniger Zweifel hätte. Sie besucht Philipp, der sich mit seiner schwangeren Freundin in einer hässlichen Wohnung eingerichtet hat, die Bilderbuch-Familie von Max, der heimlich in Swingerclubs geht, Ilya, der nach seiner letzten Trennung wieder bei seiner Mutter lebt und Clemens und Mila, die alles miteinander teilen. Doch diese Odyssee durch fremde Nester, in die sich Wanda wie ein Kuckucksmädchen kurzfristig einnistet, macht sie nur unglücklich. Bei ihrer Entscheidung hilft sie ihr nicht:

autorenfoto eva lohmann

Isadora Tast

Eva Lohmann, Jahrgang 1981, lebt als Inneneinrichterin und Autorin in Hamburg. "Kuckucksmädchen" ist nach "Acht Wochen verrückt" ihr zweites Buch.

Es könnte auch sein, dass es den Richtigen gar nicht gibt. Und ich die ganze Zeit auf ihn warte, während die anderen sich einfach mit weniger zufrieden geben und weitermachen, während ich noch dumm in der Gegend rumstehe. Es könnte auch sein, dass unter all den Nicht-wirklich-Richtigen Jonathan noch der am wenigsten Falsche ist.

Mit Sätzen wie diesen trifft Eva Lohmann wohl den Nerv all jener, die Angst vor Ewigkeitsansprüchen in Beziehungen haben. Sie beschreibt treffsicher die Befindlichkeiten entscheidungsschwacher Großstadtmenschen, und der genervte Ton ihrer Protagonistin ist selbstironisch gegenüber einer neuen Biederkeit, in der sich viele gut verdienende JungakademikerInnen einrichten.

Trotzdem ist der Roman nichts weiter als die x-te Jagd nach Mr. Right und das darin vermittelte Frauenbild zumindest fragwürdig.

"Kuckucksmädchen" folgt der klassischen Dramaturgie jeder Romantic Comedy: Erst ist alles gut, dann schleicht sich der Zweifel ein, in geistiger Verwirrung setzt die sympathische Protagonistin alles aufs Spiel, es folgt die späte Einsicht und zuletzt der Versuch, die große Liebe zurück zu gewinnen.

So hat Lohmann zwar ein kurzweiliges Buch geschrieben, aber letztlich doch nur Klischees verfestigt, die sie eigentlich brechen wollte. Aber sei's drum. Es muss ja nicht immer Jelinek sein.