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Susi Ondrušová

Preview / Review

29. 10. 2012 - 12:20

FM4 Artist Of The Week: Patrick Wolf

Der Unverwundbare Patrick Wolf vertont die Lust und den Frust im Leben. Mal läuft's gut, mal läuft's schlecht. Aber meistens klingt's super!

Zehn Jahre sind nicht lange, aber für jemanden, der im frischen zweistelligen Alter sein erstes Theramin gebaut und seine ersten Fanzines gegründet hat, rechnen sich diese zehn Jahre als "professioneller" recording artist natürlich anders.

Album Nummer Eins "Lucanthropy" ist 2003 erschienen und mit 29 Jahren lässt Patrick Wolf auf seinem neuen Werk "Sundark & Riverlight" sein fünf Alben umfassendes Oevre in neuem Licht erstrahlen. Künstlerische Überraschungen sind keine dabei, gefeiert muss das aber werden.

Vollblutmusiker

ondrusova

"Coffee?"

Es gibt kein blöderes Wort als Vollblutmusiker, aber Patrick Wolf ist so einer. Jemand, der jung anfängt seine Musik als Kommunikationsmittel zu verwenden und mit Alben Brücken zwischen den einzelnen Kapiteln seiner Lebensabschnitte baut. Patrick Wolf vermittelt außerdem seit Interview Nummer Eins das Bild eines eifrigen, ambitionierten, selbstbestimmten, reflektierten und um Kontrolle bemühten Künstlers. Keiner hat so eine klare Vorstellung davon, wie seine Musik klingen soll, welches Image sie braucht um aufzugehen.

Patrick Wolf ist ernst und scheint manchmal verbissen, so haben ansatzweise auch die Songs seiner ersten beiden Alben geklungen, erst später kamen eine gewisse Leichtigkeit und gar eine Fröhlichkeit dazu. Aber mal der Reihe nach.

patrick wolf

Mit "Lycanthropy", dem auf folktronica getrimmten Debüt das 2003 erschienen ist und die schöne Hymne "A Boy Like Me" enthält, tourt Patrick Wolf durch Europa und macht auch im (alten!) Wiener fluc halt, wo er auf Patrick Pulsinger trifft, bei dem er drei Jahre später sein "technicolor-pop" Album "Magic Positions" aufnimmt.

Die ersten beiden Alben bezeichnet er als schwarz-weiß bzw. sepia-farben. Und tatsächlich enthalten "Lucanthropy" und "Wind In The Wires" zwar großartige Songs, kommen aber an den "technicolor-pop" von "Magic Positions" diesem Album mit den vielen (fröhlichen!) Hüpfburg-tauglichen Hits nicht ran. (Höre den Titelsong oder "Accident and Emergency", "Overture" und "Let´s Go Get Lost")

ondrusova

"battle the conservative, battle for your battle, battle battle battle, it´s time for some victory"

Man hätte sich an den bunten Patrick Wolf gewöhnen können (ich wollte ihn schon in mein Sonderregal der Gutelaune-Musik neben Kylie Minogue stellen!) aber dann kommt ein Album, mit dem er alle seine bisherigen Fans daran erinnert, warum sie damals 2003 überhaupt einen Narren an ihm gefressen haben. Patrick Wolf tauscht quasi Seide gegen Leder und gibt auf "Bachelor" den Kämpfer.

Zu den Streichern, dem Piano gesellt sich "industrial noise" der Marke Alec Empire hinzu. Auf "Hard Times" schreit sich Patrick Wolf gar ein "Revolution"-Mantra aus der Seele! Diese Phase des Wolf'schen Schaffens ist mir die liebste. Patrick Wolf, der Unverwundbare. I like. Dann noch Gastauftritte von Tilda Swinton als "voice of hope".

patrick wolf

Patrick Wolf und seine "voice of hope" aka Tilda Swinton

Eigentlich war "The Bachelor" als Teil Eins eines Doppelalbums gedacht, doch dann ist es Patrick Wolf selbst zu wild geworden. Zu aufdringlich, zu eindringlich. Nach einer kurzen inhaltlichen Neuorientierung, schlägt das Wolf'sche Pendel von Depression zu Euphorie. Während sich seine vorherigen Songs mit "love and the lack thereof" beschäftigen, will Patrick Wolf auf "Lupercalia" nur mehr die Lebensfreude zelebrieren. Eine lebensbejahende Endorphin-Dosis verteilt auf elf Songs.

patrick wolf

Die berechtigte Frage. die sich letztes Jahr also nach dem Erscheinen dieser Happy-Pill-Überdosis "Lupercalia" gestellt hat: Wie gehts weiter? Was wird Alleskönner Patrick Wolf als nächstes machen? Orchestral war er schon immer, technoid also auch schon erledigt und abgehackt. Und nun?

Auf dem neuen Album "Sundark & Riverlight" liefert er die entschleunigte Übersetzung seiner bisherigen Songs. Song-Material aus zehn Jahren hat Patrick Wolf neu eingespielt, mit Streichern und akustischer Gitarre. Minus der Wut und dem dahintreibenden Beat. Das ist auch schön und in seiner vollen Länge besinnlich. Das wirklich Spannende fängt aber erst mit Album Nummer Sieben an. Wenn Patrick Wolf neue Songs veröffentlicht. Bis dahin kann man sich an den Neubearbeitungen von "Hard Times" oder "Overture" erfreuen.